[ I ] 11.o3.2o12
"Steh auf Elli, wir wollen gleich fahren!", ruft meine Mutter. "Ist gut.", antworte ich.
Mein Name ist Elisa, auch Elli oder Liz, kommt auf eure Coolheit an. Ich bin 15 und ein ziemliches Durchschnittsmädchen, das bei seinen Eltern wohnt. Mein Bruder hatte vor Kurzem einen Motorradunfall und liegt seitdem im Koma, trotzdem besuche ich ihn täglich, meine Eltern nur ein- bis zweimal die Woche. Heute kommen sie wieder mit.
Ich quäle mich aus dem Bett, ziehe mich um. Einen Pulli, er ist zu groß. Von meinem Bruder. Dazu eine Leggins und ausgelatschte Sneakers. Ich schaue in den Spiegel, sehe krank aus, blass mit Rändern unter den Augen, bin eigentlich zu faul um das zu überschminken, bringe mich dann aber doch dazu, damit meine Eltern sich nicht sorgen. Also gehe ich ins Bad, mache mich da soweit fertig und überschminke die Anzeichen, die die Trauer und die Angst um meinen Bruder und all die schlaflosen Nächte wegen ihm in meinem Gesicht hinterlassen hatten. Dann gehe ich in die Küche, wo ich ein trockenes Brötchen esse.
"Morgen Schatz.", begrüßt mein Vater mich. Ich lächle ihn an. "Morgen Paps." Ich sehe ihm an, wie fertig er ist.
Wir steigen ins Auto und fahren zum Krankenhaus. Auf dem Weg höre ich 'Cro'. Einer der wenigen Musiker, der mich mit seiner Musik vergessen lässt.
Nach einer Viertel Stunde sind wir da und betreten das Krankenhaus.
"Hallo Elisa.", begrüßt mich die Frau am Empfangsschalter mit einem aufmunterndem Lächeln. "Morgen.", antworte ich, ebenfalls versucht zu lächeln.
Wir steigen in den Aufzug und fahren hoch in den 7. Stock. Ich bemerke einen Kloß in meinem Hals und sehe, wie traurig mein Vater guckt. Ihn nimmt die Sache richtig mit. Meine Mutter hingegen schaut gefasst und hält die Hand meines Vaters. So jemanden bräuchte ich jetzt auch. Jemanden der meine Hand nimmt und mir Mut zuspricht. Aber ich habe keinen, der das für mich machen kann.
Vor dem Zimmer meines Bruders bleibe ich kurz stehen, atme durch und öffne die Tür. Es ist nicht groß und er liegt allein dort. An der Wand ein Tisch mit zwei Stühlen. Eine Tür ins Bad und ein großes Fenster, vor dem schwere Vorhänge hängen. Mein Bruder liegt friedlich auf dem Krankenbett, verkabelt mit allen möglichen Geräten, die seine Werte messen, ich habe keine Ahnung wie die Dinger heißen und was das alles bedeutet, was da steht. Ich weiß nur, dass er noch lebt, solange es regelmäßig piepst und ich will auch gar nichts anderes Wissen.
Ich gehe zuerst ans Fenster und öffne die Vorhänge, das künstliche Licht der Lampen ist unerträglich.
Mein Papa legt eine Hand auf das Bein meines Bruders, der unter einer dieser weißen Krankenhausdecken liegt. "Jonah.", wispert er und schaut meinen Bruder bedrückt an. Meine Mutter stellt sich neben ihn. Ich weiß nicht wie sie es schafft so ungerührt zu bleiben.
Ich lehne mich gegen die Fensterbank und betrachte meinen Bruder, der so aussieht, als würde er friedlich schlafen. Er atmet tief und das Piepen der Maschine wirkt mittlerweile beruhigend auf mich. Es ist fast wie Musik in meinen Ohren, denn es sagt mir, dass sein Herz noch schlägt.
Ein Arzt kommt rein. "Familie Miller, guten Tag.", sagt er lächelnd und reicht zuerst meinen Eltern und dann mir die Hand. Sein Händedruck ist irgendwie tröstend und sein Lächeln aufmunternd, ich kann nicht anders, ich lächele zurück. "Wie geht es ihm?", fragt meine Mutter. "Naja unverändert. Seine Werte sind nicht schlechter geworden aber leider auch nicht besser. Sie sollten trotzdem die Hoffnung nicht aufgeben, wir tun was wir können.", versichert der Arzt uns. Ich will wissen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass er aufwacht, aber aus Angst vor der Antwort traue ich nicht zu fragen. Meine Eltern setzen sich an den Tisch und hören dem Arzt zu, der ihnen noch einiges erzählt. Ich höre nicht zu. Ich betrachte wieder meinen Bruder und gehe an sein Bett. Ich setze mich neben ihn und lege meine Hand auf seine. Tränen steigen mir in die Augen und ich lächele leicht. "Hi Jon.", sage ich leise. Die Ärzte sagen zwar, er ist abgeschieden von der Außenwelt, aber ich glaube trotzdem, dass er mich hört. Ich bin zu Naiv um das nicht zu glauben. Außerdem brauche ich irgendwas woran ich mich festhalten kann. "Wie geht's dir heute? Ich vermisse dich. Aber das weißt du bestimmt schon." Tränen laufen über mein Gesicht und meinen Hals herunter. Ich schließe meine Hand um seine und drücke sie leicht. "Sei froh, dass du mich so nicht sehen kannst. Ich sehe furchtbar aus, weißt du? Ich mach mir Sorgen um dich, kann nicht schlafen Nachts und weine viel. Aber bitte mach dir keine Sorgen, wach nur schnell wieder auf, 'kay?" Es klopft an der Tür. "Ja?", sagt der Arzt, nachdem er meine Eltern fragend angesehen hat.
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[ II ] 12.o3.2o12
Die Tür geht langsam auf und ein Junge, vermutlich älter als ich tritt ein."Vater? Ich soll dich holen, irgendwas ist passiert.", sagt er und blinzelt währenddessen zu mir rüber. Ein leises Lächeln huscht über seine Lippen und ich blinzele, weil ich denke ich habe mich verguckt. Er hat dunkelblonde Haare, und so wie ich es von hier erkennen kann grüne Augen. Ich merke, wie ich ihn anstarre, erröte leicht und schaue auf meine Hand, die immer noch die meines Bruders umschließt. "Sie entschuldigen mich. Ich wünsche Ihnen noch alles gute, man sieht sich.", sagt der Arzt, schüttelt meinen Eltern die Hände, nickt mir zu und verlässt hinter seinem Sohn den Raum. Allerdings nicht, ohne dass mich dieser nicht noch einmal anlächelt. Nromalerweise hätte ich das toll gefunden aber irgendwie sind die Umstände zu komisch dafür. Gerade als ich anfange darüber nachzudenken, ob ich den Jungen schonmal hier gesehen habe, melden meine Eltern sich zu Wort. "Liz, wir wollen fahren, kommst du mit?", fragt mein Vater. Ich schüttele den Kopf. "Nee ich bleib noch.. Komm dann mit dem Bus oder so." "Okay, ansonsten ruf an Schatz.", sagt meine Mutter und meine Eltern verlassen, nachdem sie sich von meinem Bruder verabscheidet haben das Zimmer. "Jon, du verpasst echt was. Nessi aus deiner Stufe hat sich gestern auf ner Party durch die halbe Stufe geschlabbert. Mark ruft dauernd bei uns an, wie es dir geht, echt lieb von ihm. Und sonst machen sich auch alle Sorgen, also sieh mal zu, dass du wieder schnell auf die Beine kommst ok?" So sitze ich da, rede mit meinem Bruder über Gott und die Welt. Ich rede mir alles von der Seele, bin mir sicher, dass er mich hört, mit mir lacht und weint, das nur nicht nach außen zeigen kann. Ich vergesse die Zeit und als ich auf die Uhr gucke ist über eine Stunde vergangen. "Du Jon? Ich denke ich geh jetzt, okay? Ich komm morgen wieder, mein Lieblingsbruder. Mach's gut.", sage ich, drücke meinem Bruder einen Kuss auf die Wange und stehe vorsichtig auf, als würde er schlafen und ich ihn nicht wecken wollen. Leise öffne ich die Tür und schließe sie eben so leise wieder.
Ich stehe gerade vor den Aufzügen und warte, da werde ich von hinten angetippt. Ich drehe mich um und sehe direkt in die grünen Augen des Jungen von vorhin. Völlig perplex erwidere ich den Händedruck. "Mick.", lächelt er. "Äh hi. Liz.", stelle ich mich ebenfalls vor. "Auf die Aufzüge kannst du ewig warten, komm mit.", sagt er und zwinkert mir zu. Er zieht mich an meiner Hand, die er noch nicht losgelassen hatte von den Aufzügen weg und ich stolpere ihm einfach hinterher. Vor einem kleinen Aufzug bleiben wir stehen. "Der darf nur von Personal genutzt werden, allerdings gibt es dafür auch noch einen neueren, schnelleren, der hier wird also so gut wie nie benutzt.", sagt er. "Aha. Ähm.. gut?", stammele ich. Mick lacht und ruft den Aufzug. "Ich komm mit runter.", damit schiebt er mich in den Aufzug und er selbst hinterher. Der Aufzug setzt sich in Bewegung. Er ist alt und auch von innen relativ klein, noch dazu langsam. Mick durchbohrt mich mit seinen Blicken bis er mit einem großen Schritt direkt vor mir steht, seine Lippen auf meine legt und seine Hände unter meinen Pulli schiebt. Ich quieke vor Schreck auf und starre ihn an, bin aber zu geschockt um mich von ihm zu lösen. Als ich mich gefasst habe drehe ich meinen Kopf weg und schlage auf seine Arme. Mein Herz rast wie verrückt. Ich gehe rasch an ihm vorbei und auf die andere Seite des Aufzugs. Schwer atmend und mit zitternden Knien lehne ich mich gegen die Wand, mein Kopf ist total vernebelt. Mick dreht sich um und bevor ich weiß was ich tue hat er meine Hand in seinem Gesicht. Jetzt werde ich wütend. "Spinnst du?! Was sollte das denn? Glaubst du nur weil dein Papi auf der Arbeit was zu sagen hat kannst du dir alles erlauben?", schreie ich ihn an. Meine Augen füllen sich mit Tränen. Mick versucht gefasst zu wirken als er sein Gesicht wieder in meine Richtung dreht. Er setzt ein Lächeln auf. "Naja du sahst aus als könntest du Trost gebrauchen." Ungläubig schaue ich ihn an. Ich brauche zwar Trost aber nicht so. "Ach so und so vertröstest du jedes Mädchen, dass hier im Krankenhaus zu Besuch ist? Ich glaube du hast sie nicht mehr alle. Und was wenn das in dem Zimmer mein Freund ist?" "Ist er nicht. Krankenakten und so.", lächelt er selbstzufrieden. "Ach klar. Ein Mädchen braucht Trost, du willst es im Aufzug flachlegen und damit auch nichts schief geht machst du dich ein bisschen schlau. Geht's noch?" "Wir sind gleich unten, also wenn du dich umentscheidest, wir können noch mal hochfahren. Im Aufzug hab ich übrigens noch keine flachgelegt.", sagt Mick ungerührt. Zum Glück gehen die Türen auf. "Und ich werde bestimmt nicht die Erste sein. Verpiss dich, du widerlicher Arsch.", ich spucke ihm die Wörter förmlich vor die Füße und verlasse den Aufzug während Tränen über meine Wangen rollen.
"Elisa, geht es dir nicht gut?", fragt die Empfangsdame besorgt und kommt hinter dem Thresen hervor. Sie nimmt mich in den Arm und ich heule mich an ihr aus. "Was ist denn los?", fragt sie. "Nein Frau Kramm, ich möchte nicht drüber reden, danke.", zwinge ich mir ein Lächeln auf, nachdem ich fertig geheult habe. "Du kannst mit mir über alles reden, Kindchen.", versichert sie mir. "Danke ich weiß. Aber ich möchte jetzt gerne nach Hause." "Soll ich deine Eltern anrufen?", fragt sie. Ich schüttele den Kopf. "Nein ich fahre mit dem Bus, aber danke Ihnen.", ich lächel sie noch einmal an und verlasse dann das Krankenhaus.
An der frischen Luft atme ich erst einmal tief durch.
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[ III ] 13.o3.2o12
Es tut gut, wie die kühle Luft meine Lungen erfüllt und ich mich langsam wieder beruhige. Am liebsten würde ich den Typ nie wieder sehen aber ich kann ja nicht wegen sowas meinen Bruder nicht mehr besuchen. Ich muss da wohl durch.
Langsam setzte ich mich in Bewegung und setze mich an der Bushaltestelle hin. Zum Glück muss ich nicht lange auf den Bus warten und bin nach einer halben Stunde zu Hause. "Hallo!", rufe ich während ich im Flur meine Schuhe ausziehe. "Na Liz, alles klar?", ruft mein Papa aus dem Wohnzimmer. Ich setze mich zu ihm. "Joa. Du hast doch den Sohn vom Chefarzt gesehen ne? Der ist irgendwie sehr seltsam.", erzähle ich. "Wie meinst du das?" "Naja ich hatte ein unschönes Aufeinandertreffen mit ihm, aber nicht weiter erwähnenswert Paps.", lächle ich meinen Vater an. Er nickt. "Wo ist Mama?", frage ich, als mir auffällt, dass sie nicht da ist. "Einkaufen." "Achso.", ich stehe auf und gehe in mein Zimmer, wo ich meiner Besten eine SMS schreibe. 'Hey Schatz! :* War heute bei Jon und wurde fast im Aufzug flach gelegt! Müssen unbedingt reden. ;*'Während ich auf Hannas Antwort warte nehme ich meinen Laptop und fahre ihn hoch. Mein Handy vibriert und Hennes määht aus den Lautsprechern. Ich lese mir Hannas SMS durch: 'Was zur Hölle?! Okay, dich kann man echt nicht alleine lassen.. Ich ruf dich an, ok? ;*' Anstatt ihr zu antworten nehme ich mir mein Telefon und wähle ihre Nummer. "Liz!", schreit sie in den Hörer. "Ja, was gibt's?", sage ich leicht belustigt. "Wer wollte meine geile Schnecke heute durchnehmen? Erzähl mir alles!", sagt sie aufgeregt. "Wou, Hanna, komm mal runter. Also ich war halt Jon besuchen mit Mama und Papa und bin aber länger geblieben als sie. Und während wir aber alle noch da waren und der Arzt mit meinen Eltern geredet hat kam sein Sohn rein." "Moment mal, der Sohn vom Chefarzt wollte dich flachlegen? Und du lässt es nicht zu?" "Hanna! Nicht lustig!", sage ich empört aber wir lachen trotzdem los. "Und später warte ich vor den Aufzügen und Mick, der Sohn vom Chefarzt, kommt zu mir und führt mich zu einem alten, kleinen, langsamen Personalaufzug, der eigentlich nicht mehr benutzt wird. Und da drin wollte er mir an die Wäsche.", fahre ich fort. "Und du?" "Ich hab ihn angeschrien und ihn geklatscht. Er meinte ich hätte ausgesehen als würde ich Trost gebrauchen, allerdings habe er noch keine im Aufzug flachgelegt? Ist das ekelhaft oder was?" "Ja schon. Ich lass dich da nicht mehr alleine hin, der tut dir noch was! Wie geht's Jonah eigentlich?" "Naja unverändert. Ich hab ihn wieder zugetextet mit allem Möglichen. Und ich schlaf im Moment so schlecht, ich seh aus wie ein Zombie.", erzähle ich. "Du arme...Du süße?" "Mh?" "Ich muss mal kurz auflegen okay?" "Ja, ist gut. Bis später." "Bis später." Damit hat Hanna aufgelegt. Ich widme mich wieder meinem Laptop und checke meine E-Mails. Nichts neues. Ich verliere mich im Internet, als es klingelt. Ich höre wie mein Vater die Tür öffnet. "Hey, ja sie ist in ihrem Zimmer.", höre ich seine Stimme. Die Tür geht auf und Hanna steht in meinem Zimmer. Ich springe vom Bett und drücke sie an mich. "Wie unnötig du bist!", lache ich. "Jaja du mich auch."
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[ IV ] 15.o3.2o12
Wir setzen uns zusammen auf mein Bett und reden. Reden über alles mögliche und beschließen am nächsten Tag in die Stadt und ins Kino zu gehen. Es sind Osterferien. "Halt morgen dein Handy Notruf-Bereit, wenn du zu Jon gehst, ja?", sagt Hanna besorgt. Ich nicke und lächle zuversichtlich. "Keine Sorge, der wird mich schon nicht umbringen und wenn ers versucht brauch ich mich nur auf ne Liege zu legen und werde direkt behandelt.", grinse ich. Hanna lacht. Nach ein paar weiteren Gesprächsthemen geht sie nach Hause und ich nehme mir weider meinen Laptop vor.
Am nächsten Tag schlafe ich aus, endlich habe ich wieder gut geschlafen. Es tut gut wenn man mit jemandem reden kann, der einem auch antwortet. Endlich wieder gut gelaunt stehe ich auf und gehe in die Küche wo ich mir einen Kaffee mache und ein Brötchen schmiere. Ich blättere uninteressiert durch die Zeitung und muss feststellen, dass es schon wieder keinen Artikel gibt, den ich lesen möchte. Ich gehe wieder in mein Zimmer und mache mich soweit fertig, dass ich ins Krankenhaus fahren kann. "Ich fahr dich, Elli.", bietet mir meine Mutter an und ich schlage es nicht aus. Die Autofahrt verläuft schweigend und eintönig. Seit Jons Unfall ist meine Mutter seltsam geworden und nicht mehr so fürsorglich sondern irgendwie gefühlskalt. Das gibt mir immer wieder aufs Neue zu denken, aber ich mag sie auch nicht darauf ansprechen. Ich hoffe nur, dass das wieder besser wird, sobald es mit Jon wieder bergauf geht. "Danke Mama, tschüss.", verabscheide ich mich von meiner Mutter, als ich aussteige. "Machs gut."
Je näher ich dem Krankenhaus komme, desto schneller wird mein Herzschlag. Ich knete meine Finger um mich zu beruhigen und atme die angenehme Frühlingsluft tief ein. Bevor ich das Krankenhaus betrete rede ich mir innerlich nochmal gut zu, gehe trotzdem mit steigender Nervosität in die Empfangshalle. Ich spüre das Blut in meinen Adern pulsieren. Frau Kramm ist nicht da, an ihrer Stelle sitzt eine junge Frau, die mir freundlich zulächelt. "Sind Sie zu Besuch?", fragt sie und ihre aufgesetzte Freundlichkeit kotzt mich an. "Ja, Elisa Miller heiße ich. Ich besuche meinen Bruder Jonah auf Station 7. Koma-Patient. Und ich bin seit einigen Tagen jeden Tag hier, also müssen Sie mir nichts weiter erklären, danke.", sage ich schnell und abweisend und lasse die Frau verdutzt an ihrem Thresen stehen.
Vor den Aufzügen fange ich an auf meiner Unterlippe zu kauen. Das mache ich nur wenn ich extreme Langeweile hab oder gestresst bzw. nervös bin.
Den ganzen Weg zu Jons Zimmer schicke ich Stoßgebete in den Himmel, dass Mick mir nicht über den Weg läuft.
An Jons Zimmer angekommen schließe ich die Tür hinter mir und atme erstmal tief durch. Dann öffne ich mal wieder die schweren Vorhänge. Die Sonnenstrahlen scheinen genau auf Jons Gesicht, zwar schwach, aber sie sind da. Wie meine Hoffnung für Jon. Seit Tagen ist alles unverändert bei ihm, was mir schon Sorgen bereitet. Ich setze mich im Schneidersitz an Jons Füße und tippe auf seine Zehen, die ich unter der Decke erkennen kann. Jon ist nicht kitzelig, er kann es nur gar nicht ab, wenn man versucht ihn in der Armbeuge zu kitzeln, weshalb Ärzte immer Schwierigkeiten hatten Jon zu impfen oder Blut abzunehmen.
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[ V ] 16.o3.2o12
Mit gedämpfter Stimme erzhäle ich Jon von Mick und dem gestrigen Vorfall.
Ich erzähle ihm, dass Hanna bei mir war und von unseren Plänen für den Tag.
Es klopft an der Tür. Ich schlucke. "Ja?", frage ich mit zitternder Stimme. Eine ziemlich junge Krankenschwester betritt das Zimmer und lächelt mich an. "Hallo, keine Sorge ich bin nur Routine-Mäßig hier. Damit auch wirklich alles funktioniert.", sagt sie freundlich. Ich nicke. Wie zur Beruhigung spiele ich weiter mit Jons Füßen und merke ab und zu die Blicke der Krankenschwester auf meiner Haut. "Kitzelt ihn das nicht?", fragt sie lächelnd. Ich muss grinsen. "Nein, er ist nur in den Armbeugen kitzlig.", sage ich. "Du bist oft hier, oder?" "Ja, jeden Tag.", sage ich und das Grinsen weicht von meinen Lippen. Ich starre wieder auf Jons Füße. "Das ist schön, auch für ihn. Auch wenn er aus medizinischer Sicht von der Außenwelt abgekapselt ist, würde jeder Psyschologe sagen, dass es wichtig für ihn ist, zu spüren, dass jemand da ist. Man kann nie genau sagen, wie viel er von dem mitbekommt, was um ihn herum passiert. Und wenn du denkst er kann dich hören, dann halt daran fest.", spricht sie mir zu. "Der Glaube kann Berge versetzen.", murmle ich. Die Schwester nickt. "So, alles okay hier, ich muss dann jetzt weiter, alles Gute.", verabschiedet sie sich. "Danke.", sage ich und schau ihr nach, bis sie aus der Tür ist. "Ach Jon, wenn du mir doch nur ein Zeichen geben könntest, dass du mich hörst.", flüstere ich und warte darauf, dass etwas passiert, wie im Film. Aber mein Leben ist kein Film, also passiert auch nichts. Ich sitze noch eine Weile nur so da, bis ich beschließe wieder nach Hause zu fahren. Ich verabscheide mich von Jon und verlasse sein Zimmer. Ich denke gar nicht mehr an Mick, als ich auf dem Weg zur Mädchentoilette seine Stimme vernehme. Ich will eigentlich nur kurz einen Blick in den Spiegel werfen und sofort nach Hause, aber wann läuft etwas schon mal so, wie man will. "Liz.", sagt Mick, der gerade um die Ecke kommt. "So sieht's aus.", erwidere ich und versuche ruhig zu bleiben, wenigstens nach außen hin. In mir drin wütet ein Sturm. "Hör mal, ich wollte mich entschuldigen..", sagt er und geht ein paar Schritte auf mich zu. Ich sehe ihn erwartungsvoll an. Zwei fragende Augen schauen wir entgegen und er bleibt stehen. "Ja. Und?", frage ich. "Was und?" "Kommt da jetzt noch was?" "Wie?" "Ja, ne entschuldigung vielleicht? Hast du davon nicht eben gesprochen?", sage ich genervt. Ich bin wirklich genervt. Ein Lächeln huscht über Micks Gesicht. "Ähm ja. Also. 'Tschuldigung.", stammelt er. "Geht doch.", sage ich und will die Tür zur Toilette öffnen vor der ich mittlerweile stehe. In dem Moment legt Mick mir die Hand auf die Schulter. Ich drehe mich zu ihm und schlage sie weg. "Fass mich nicht an!", zische ich. Mick hebt seine geöffneten Hände als wolle er mir zeigen, dass er friedlich sei und steckt sie dann in seine Hosentaschen. "Reg dich nicht auf. Ich mache nicht zwei Mal denselben Mist. Ich mache nie mehr so einen Mist." "Oho, wie kommt denn der Herr dazu?", frage ich und lehne mich mit der Schulter an die Wand. Mick mustert mich von den Füßen bis zu meinen Augen, die er starr anschaut. "Durch dich.", sagt er ernst. Ich kann nicht anders ich muss leise losprusten. "Ach, einmal bekommt er einen Korb, da wird er zum Schoßhündchen?", sage ich belustigt und wundere mich darüber, wie gefasst ich auf einmal bin. Ich komme mir irchtig überlegen und stark vor. "Ich mein das ernst. Du bist anders! Die Anderen waren alle so deprimiert, dass sie keine Art von Trost ausgeschlagen haben. Du schon." "Oh mein Gott. Was laufen hier für billige Mädchen rum?", frage ich immer noch belustigt. "Die sind alle nicht so wie du, sag ich ja. Also können wir nochmal von vorne anfangen?", Mick senkt seine Stimme, stellt sich wieder direkt vor mich und nimmt meine Hände. Ich schau zu ihm hoch, er ist fast einen Kopf größer als ich. Er senkt seinen Kopf zu mir herunter und ich stelle mich auf die Zehenspitzen, sodass unsere Lippen sich fast berühren. "Weißt du, was ich von dir denke?", frage ich gerade, als er seine Lippen auf meine legen will. Er nimmt seinen Kopf wieder ein Stück zurück und schüttelt ihn. Ich mache mich noch ein Stück größer,schaue ihm kurz in die Augen und dann wieder auf die Lippen. "Du...ekelst mich an.", sage ich, stelle mich normal hin und nehme meine Hände mit einem Schritt nach hinten aus seinen. Dann gehe ich lächelnd durch die Tür die zur Toilette führt. Ich schaue mein selbstzufriedenes Spiegelbild an und wasche meine Gesicht mit kaltem Wasser ab. Nach wenigen Minuten verlasse ich die Toilette wieder. Mick steht immer noch an der selben Stelle wie vorhin. "Tschau.", sage ich und winke ihm lächelnd zu. Dann gehe ich zu den Aufzügen, wo ich zum Glück direkt einen nehmen kann. Als ich gerade über den Parkplatz gehe höre ich Mick nach mir rufen. Ich verlangsame meine Schritte, bis er neben mir geht. "Wieso machst du das?", fragt er. "Was? Den Obermacker abblitzen lassen? Weil ich nicht billig bin und es einfach nicht nötig habe.", erwidere ich. "Du gefällst mir immer mehr, weißt du das?", sagt er. "Aha. Du mir nicht.", sage ich kühl. "Sei doch mal nett, ich bin es doch jetzt auch.", jammert Mick schon fast. Ich muss lachen. "Meine Güte, bist du lächerlich. Würdest du mich bitte nach Hause fahren lassen?", sage ich. "Ich fahr dich, kein Problem.", sagt Mick schnell. "Nein danke. Ich verzichte." "Ach komm schon." "Raffst du es nicht? Nein. Ich möchte nichts mit dir zu tun haben, wie deutlich soll ich dir das noch machen?", ich schlage den Weg zur Bushaltestelle ein. "Nein ich verstehs nicht. Hör mal du bist total anders, als alle die ich sonst kenne. Hier gehts nicht nur um Oberflächliches." "Laber doch nicht so einen Mist. Erzähl das Einer, die es hören will okay? Danke." An der Bushaltestelle setze ich mich auf einen Sitz und Mick stellt sich neben mich. Zum Glück hält er die Klappe. Er starrt mich nur unentwegt an. Nach weniger als 4 Minuten kommt mein Bus und ich steige ein, ohne Mick noch eines Blickes zu würdigen. Der Bus ist voll und ich setze mich auf einen Platz gegenüber eines Jungen, der mir sehr bekannt vorkommt.
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[ VI ] 18.o3.2o12
Er ist in ein Buch vertieft und bemerkt mich nicht. Angestrengt wühle ich in meinem Gehirn und überlege, wer dieser Junge ist. Er schaut auf und in dem Moment, als ich in seine tiefdunklen braunen Augen sehen kann schießt mir sein Name durch den Kopf. Janek. Natürlich! Er schaut mich an und ich weiche seinem Blick schnell aus. Unsere Vorgeschichte ist bis zu einem Punkt wunderschön. Wir waren früher Nachbarn und sind eigentlich zusammen groß geworden. Wir waren unzertrennlich und haben alles zusammen gemacht. Waren zusammen im Wald, bei ihm Trampolin springen, mit seinem Vater Fußball und Basketball spielen. Wir hatten eine wundervolle Kindheit zusammen, bis wir auf der Weiterführenden in getrennte Klassen kamen, er wegzog und den Kontak abbrach. Wir haben oft versuch den Kontakt wieder aufzubauen, ich zumindest, es ist immer an ihm wieder gescheitert, seitdem gehen wir aneinander vorbei, wie Fremde. Ich komme mittlerweile damit klar, dass es nur noch Erinnerungen sind und keine Zukunft hat. Vor einigen Monaten hat er die Schule gewechselt und ich ihn seitdem nicht mehr gesehen und nicht mehr an ihn gedacht. Ich schaue aus dem Fenster aber spüre, wie seine Blicke mich durchbohren. In der Fensterscheibe sehe ich wie er leicht lächelt, als ich anfange auf meiner Unterlippe zu kauen. Eine Angewohnheit, die ich auch früher schon hatte. Ich reiße mich zusammen und lass meine Unterlippe in Ruhe. Leicht kopfschüttelnd wendet er sich wieder seinem Buch zu. Ich beobachte ihn weiterhin durch die Fensterscheibe. Als wir am S- und Busbahnhof halten steigen bis auf uns alle aus und nur wenige Leute wieder ein, die sich alle in den hinteren Teil setzen. Janek schlägt sein Buch zu und legt es neben sich auf den Sitz. Er schaut mich durchs Fenster an und ich halte seinem Blick stand, bis er anfängt zu lächeln. Für einen Moment kommt es mir so vor, als würden wir wieder klein sein und ich in sein hübsches Gesicht mit dem hübschen Lächeln schauen, also kann ich nicht anders, als auch zu lächeln. Wir lächeln uns einfach nur an ohne uns dabei direkt ins Gesicht zu schauen. Mein Herz macht kleine Hüpfer.
Als der Bus an der nächsten Haltestelle hält, steht Janek auf und steigt aus. Ich schaue ihm hinterher, bis der Bus weiterfährt und ich ihn nicht mehr sehen kann.
"Wen hast du heute gesehen?", sagt Hanna laut. "Janek, wie oft noch?", antworte ich und klemme mir den Hörer zwischen Ohr und Schulter während ich mir etwas zu trinken mache. "Verrückt... Und?", hakt sie nach. "Wir haben uns nur angesehen und gelächelt. Bis er ausgestiegen ist.", sage ich. "Verrückt." "Das sagtest du bereits." Ich gehe in mein Zimmer und schalte meinen Laptop an. "Und du?" "Mein Herz ist fast durchgedreht.. das war total komisch...Ich mein mich juckts ja eigentlich schon lange nicht mehr was mit ihm ist und dann sitzen wir uns gegenüber und lächeln uns an und es meint wieder auf verrückt machen zu müssen.", seufze ich. "Mh.. Und sonst? Wie geht's Jon?" "Immer noch nichts Neues.. Aber ich hatte heute ein Klammeräffchen Namens Mick, dass einen auf romantisch gemacht hat.", grinse ich. "Oh Gott..." "Kannst du laut sagen. Er meinte ich sei anders und blah blah, wollte mich nach Hause fahren und ist mir bis zum Bus auf Schritt und Tritt gefolgt, bis ich eingestiegen bin, da saß dann Jan.", erzähle ich. "Ich muss echt mal mit dir kommen, da geht's ja voll ab!", lacht Hanna. Ich stimme in ihr Lachen ein, verstumme jedoch, als ich mich bei Skype einlogge und sehe dass ich eine neue Kontaktanfrage habe. "Was ist?", fragt Hanna. "Janek.. hat mich bei Skype geaddet.", bringe ich atemlos hervor. "Ok, nicht sterben ja?" Ich nicke. "Ich versuch's." Ich nehme die Kontaktanfrage an. "Du Süße, ich muss essen. Ich meld mich wieder, okay?", sagt Hanna. "'kay, lass es dir schmecken. Bis später.", sage ich und Hanna legt auf. Es blubbt und ich sehe, dass Janek mich angeschrieben hat.
'Endlich hab ich dich gefunden, weißt du eigentlich wie viele Leute es mit dem Namen Liz gibt? ;)'
Ich runzle die Stirn.
'Du hast nicht ernsthaft alle geaddet oder?'
'Doch...'
Ich muss lächeln:
'Du bist verrückt.'
'Kann sein..
Wie geht's dir so? :)'
'Ehm naja, geht schon, dir?'
'Joa soweit okay. Wasn los?'
Ich überlege ob ich ihm das mit Jon erzählen soll.
'Sagen wir meinem Bruder geht es nicht gut..'
'Warst du deswegen im Krankenhaus?'
Ich muss kurz überlegen, woher er das weiß. Dann fällt mir wieder ein, dass ich ja am Krankenhaus in den Bus gestiegen bin.
'Jaa..'
'Achso okay, dann wünsch ich mal gute Besserung. :)'
'Danke. Sag mal, Janek?'
'Ja?'
'Warum tust du das?'
'Was?'
'Mich im Bus anlächeln, mich bei Skype suchen und mir schreiben. Und auch noch interessiert dabei klingen. Lass den Scheiß doch. Das hast du schon oft genug gemacht.'
'Du hast zurückgelächelt, weißt du noch?'
'Ja, weil ich an früher denken musste, aber es geht nicht um mich.'
'Doch schon.. Irgendwie hab ich an der neuen Schule viel Zeit zum Nachdenken und letztens hab ich ein Mädchen gesehen, dass auf ihrer Unterlippe gekaut hat und dann musste ich an dich denken. Und dann hab ich dich heute im Bus gesehen und dann dachte ich, ich versuche mal wieder Kontakt aufzubauen. Wenn du willst.?'
Will ich? Ich weiß es nicht. Einerseits wäre es wunderbar wieder mit ihm Kontakt zu haben, aber es ist einfach so viel Scheiße passiert, dass es eh nicht mehr so sein würde wie es früher war.
'Ich weiß es nicht. Ich bin grade etwas geschockt, dass du dir das erlaubst. Ich meine wir haben jetzt seit Ewigkeiten so getan als würden wir uns nicht kennen. Du hast dir einfach so viel Scheiße erlaubt, es immer wieder verbockt und jetzt kommst du zu mir und erwartest, dass ich so tue als wäre das nie passiert?'
'Nein, das erwarte ich nicht, aber es wäre schön weißt du. Ich war ein Arsch und das tut mir leid und ich weiß das auch... aber ich würde es halt schön finden, wenn wir wieder Kontakt hätten.'
'Sowas sagst du nicht zum ersten Mal.
Und das soll ich hier jetzt so entscheiden?'
'Nee, lass dir Zeit. Vielleicht können wir uns ja mal treffen und drüber reden?'
'Ja vielleicht.. Ich denk drüber nach..'
Gebe ich schließlich nach.
'Okay, danke.'
Ich schreibe nichts mehr, bleibe aber noch on, so wie Jan auch. Ich muss mir Gedanken machen, ob ich wieder Kontakt will.. Natürlich will ich, ich habe ihn ja auch lange vermisst und auch wenn ich damit klar komme ohne ihn zu sein, ist es schade, dass eine Freundschaft einfach so kaputt geht. Also das Wollen wäre geklärt, fehlt noch das Sollen. Ist es so gut, wenn ich wieder Kontakt mit ihm habe? Wenn er jetzt Scheiße bauen würde, würde mich das zusammen mit Jons Koma einfach zu fertig machen. Ich muss definitiv mit Hanna sprechen. In dem Moment klingelt mein Telefon. "Hanna!", keuche ich erleichtert in den Hörer. "Ähm ja, glaub schon. Was ist?" "Gut, dass du anrufst, hör dir das mal an:", sage ich und lese ihr mein Gespräch mit Janek vor. "Und?", fragt sie neugierig. Ich erkläre ihr meine Gedankengänge und nach langem Hin und Her beschließen wir, dass ich ihm morgen schreibe, dass ich für Kontakt bin.
"Weißt du, was mir grade für eine Idee kommt?", fragt Hanna aufgeregt. "Nee, hau raus!" "Guck mal, Jan muss ja eigentlich Einiges gut machen bei dir. Und wenn du morgen zu Jonah gehst kann er mitkommen..." "Und sich als mein Freund ausgeben, damit Mick mich in Ruhe lässt?", beende ich Hannas Satz. "Exakt. Zwei Fliegen mit einer Klappe, nicht?" "Du bist genial, weißt du das?", lache ich. Hanna stimmt in mein Lachen mit ein. Wir telefonieren bis tief in die Nacht und als wir auflegen bemerke ich erst, dass Jan immer noch on ist.
'Gute Nacht.'
Schreibe ich und gehe off, ohne auf eine Antwort zu warten. Dann nehme ich mir meine Kopfhörer und drehe Cro voll auf.
Am nächsten Morgen werde ich von lauten Stimmen und Geschrei wach. Langsam stehe ich auf und gehe runter in die Küche, wo meine Eltern sich anschreien. Ich bleibe unbemerkt im Türrahmen stehen. "Wie kann dir das so egal sein?! Unser Sohn liegt im Koma und seit Tagen geht es ihm nicht besser und mir deswegen auch nicht und du willst in den Urlaub fahren?!", schreit mein Vater. "Wir können doch nicht die ganze Zeit tottraurig durch die Gegend rennen! Wir müssen weiterleben und nach vorne schauen!", brüllt meine Mutter zurück. "Du redest, als ob er schon tot wäre, aber das ist er nicht und deswegen braucht er uns, wir können nicht so tun als wäre nichts!" "Du bist viel zu aufgewühlt! Wir alle drei haben Urlaub nötig um mal auf andere Gedanken zu kommen!" "Ich will keinen Urlaub.", sage ich vorsichtig. Meine Eltern halten inne und sehen mich an. "Liz, Schatz.. Geh wieder in dein Zimmer.", bittet mein Vater mich. "Nein, bin ich 5 oder 15?", wehre ich mich. "Ich will nicht in den Urlaub, ich will bei Jon sein, bis er wieder aufwacht.", wiederhole ich. "Da hast du es, Liz will auch nicht.", reibt mein Vater meiner Mutter unter die Nase. "Aber dich macht das doch auch fertig, du brauchst auch Erholung.", sagt meine Mutter. "Erholen kann ich mich, wenn ich weiß, dass es Jon wieder gut geht, Mama. Außerdem bin ich alt genug um so etwas selber zu entscheiden. Und Papa ist das auch." "Mein Mann und meine Tochter stellen sich gegen mich...", murmelt meine Mutter und sinkt auf einen Stuhl. "Wenn du meinst, du brauchst Urlaub oder musst auf andere Gedanken kommen, dann bitte fahr, tu, was du für richtig hälst, aber zwing weder mich, noch Liz, dasselbe zu tun.", sagt mein Vater, der sich wieder beruhigt hat. "Ja gut..", seufzt meine Mutter, steht auf und geht ins Schlafzimmer meiner Eltern.
"Ich hasse, wenn ihr Streit habt.", sage ich und hole mir einen Joghurt aus dem Kühlschrank. "Ja.. Mehr nicht?", fragt mein Vater. "Nee hab keinen Hunger...", sage ich und gehe mit sichtlich schlechter Laune zurück in mein Zimmer. Ich fahre meinen Laptop hoch und gucke bei Skype, ob Jan on ist. Ist er. War er überhaupt off?
Ich schreibe ihn an:
'Heute reden um 1, vorm Krankenhaus?'
Ich sehe, dass er etwas schreibt.
'Okay, bis gleich. :)'
Es ist jetzt halb 12. Schnell gehe ich duschen, ziehe mich an schnappe mir meine Tasche und verlasse mit einem "Bin bei Jonah!" das Haus.
Schnell tippe ich Hanna eine Sms:
'Treffe mich jetzt mit Jan vor dem Krankenhaus..
Wünsch mir Glück. :*'
Ich muss keine Minute auf ihre Antwort warten.
'Tu ich. :* <3'
Als ich den Parkplatz des Krankenhauses betrete, sehe ich Janek, der auf einer Bank sitzt. Ich atme tief durch und gehe auf ihn zu. Er steht auf und als ich bei ihm angelangt bin, stehen wir einen unangenhemen Moment lang nebeneinander. "Setzen?", fragt er. Ich nicke und wir setzen uns. "Also, ich hab mir gedacht, wir versuchen das nochmal, wenn du wieder ankommst, meinst du es ja vielleicht mal ernst, aber du hast dir ja ziemlich viel Mist erlaubt, ne?", fange ich mit pochendem Herzen an. Jan nickt nur. "Okay und hier im Krankenhaus ist so ein Typ, der mir vorgestern an die Wäsche wollte und ge... Lach nicht! Und mir gestern hinterher gelaufen ist wie ein Schoßhund. Und ich glaube, er lässt mich vielleicht in Ruhe, wenn ich einen Freund habe.", erkläre ich und schaue Jan böse an, weil er angefangen hat zu lachen. "Sorry... Moment, ich habs gleich.. So. Also soll ich deinen Freund spielen?", schließt er. Ich nicke. "Okay.", sagt er, steht auf und hält mir seine Hand hin. Ich nehme sie und lasse einen erschreckten Ton von mir, als er mich hochzieht ohne das ich was machen muss und mich in seinen Armen auffängt. Er lacht und Hand in Hand gehen wir zum Krankenhaus.
Vor Jons Zimmertür angekommen, löse ich meine Hand von Jans. "Erschrick nicht.", sage ich und ehe er etwas erwidern oder fragen kann öffne ich die Tür. An Jons Bett angekommen merke ich, wie Janek die Luft einsaugt. "Ist er?", fragt er. "Koma. Motorradunfall.", sage ich knapp und stütze mich mit den Händen an der Stange am Fußende des Bettes ab. "Ach du Scheiße. Und wie geht's ihm so?" "Das werden wir gleich erfahren.", sage ich und deute zur Tür, zu der gerade der Arzt herein kommt. "Hallo Elisa. Und?", begrüßt mich Micks Vater. "Janek.", stellt er sich vor erwidert das Händeschütteln. "Elisa, ich kann dir mit Freude sagen, dass es deinem Bruder viel besser geht. Seine Verletzungen heilen gut und ohne weitere Probleme und wenn das so bleibt, dann kann es sein, dass er bald aufwacht.", lächelt Micks Vater mich an. Sofort grinse ich vom einen Ohr bis zum anderen. Ich schaue zu Jan, der mein Lächeln erwidert. "Wirklich? Das ist toll!", sage ich und falle Jan jetzt vor Freude um den Hals. Der Arzt verlässt, nachdem er alles kontrolliert hat das Zimmer und ich setze mich auf Jons Bett. "Hast du gehört Jon? Dir geht es besser! Ich weiß, dass du das packst und bald wieder bei uns bist! Du musst dich beeilen, Mama und Papa sind so fertig, dass sie sich gestritten haben. Gestritten ist untertrieben sie haben einen kleinen Krieg in der Küche geführt. Aber du machst das schon."
Jan und ich verlassen Jons Zimmer und der Erste den ich sehe ist Mick. "Das ist er.", wispere ich Jan zu. Er nimmt meine Hand und zusammen gehen wir zu den Aufzügen. Mick tritt neben uns und mustert Jan von oben bis unten. "Hi.", sagt er. "Hi.", antworte ich. Mick schaut mich fragend an. "Janek.", stelle ich meinen 'Freund' vor, der Mick freundlich anlächelt und seinen Arm um meine Hüfte legt. Mein Herz hüpft durch die Gegend. "Ah.", sagt Mick knapp und geht wieder. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen.
Vor dem Krankenhaus sitzt Mick auf einer Bank und winkt mich zu sich. "Ich geh schnell.", sage ich zu Jan und er nickt. "Was willst du?", frage ich Mick. "Das ist dein Freund?", fragt er. Ich nicke. "Problem damit?" "Ich kauf euch das irgendwie nicht ab.", sagt er stirnrunzelnd. Ich zucke mit den Schultern. "Dann lass es.", damit drehe ich mich um und gehe Jan entgegen. Mick schaut mir hinterher. Als ich bei Jan ankomme, will ich seine Hand nehmen, jedoch legt er seine Hände auf meine Wangen, beugt sich zu mir runter und küsst mich. Zuerst will ich mich wehren, dann fällt mir Mick ein und ich erwidere den Kuss, während ich mich auf die Zehensüitzen stelle und mich mit den Händen an seiner Hüfte abstütze.
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[ VII ] 22.o3.2o12
Als wir uns voneinander lösen, zwinkert er mir zu und ich merke, wie ich leicht erröte. Er nimmt meine Hand und wir gehen an Mick vorbei zur Bushaltestelle. Meine Knie zittern leicht und mein Herz rast. "Das... war krass.", sage ich. Jan lächelt. "Aber authentisch." "Trotzdem krass... Hätten wir sowas nicht absprechen können?" "War es so schlimm? Du hast es ja schließlich nicht verhindert." "Nein, ich wollte mich zuerst wehren, aber bedauerlicherweise saß da ein Perversling rum, der uns, warum auch immer, nicht geglaubt hat, dass wir zusammen sind.", erkläre ich. "Das lass ich dir jetzt mal so durchgehen.", grinst Jan und ich seufze.
"GEKÜSST?!", keucht Hanna ins Telefon. "Ja!", antworte ich. "Okay, also mag ja sein, dass er was bei dir gut zu machen hat, aber muss er so übetreiben?" "Naja, in dem Moment war es gar nicht soo schlimm, weil Mick vorher zu mir meinte er glaubt uns nicht, und nachdem, was ich bei ihm abgezogen habe, müsste ihm klar sein, dass ich nicht einfach irgendwen küssen würde..", gebe ich zu. "Mh und sonst?", fragt Hanna mit einem vielsagenden Unterton. "Was und sonst?" "Naja, war es nur in dem Moment nicht schlimm oder überhaupt nicht schlimm?" "Hanna!" "Was?! Sag schon!" "Du hörst, ich lebe noch, also kann es gar nicht so schlimm gewesen sein. Es war nur...überraschend." "Mh, jaja.", sagt Hanna ironisch. "Können wir das Thema wechseln?", bitte ich. "Klar, wenn du was vorschlägst." "Mama und Papa hatten heute Streit... Mama will Urlaub machen und Papa ist total ausgerastet, wie sie sowas bei Jons Zustand machen kann und so.." "Oh shit.. Und jetzt?" "Er meinte, wenn sie meint soll sie fahren, aber ihn oder mich zu nichts zwingen.. Aber vielleicht muss Mama sich bald gar nicht mehr erholen." "Wie meinst du das?" "Jon geht's besser. Alles verheilt gut und seine Werte sind nicht mehr so im Keller und, Micks Vater hat sich weit aus dem Fenster gelehnt, aber er meinte, es könnte sein, dass er bald aufwacht.", sage ich glücklich. "Ehrlich? Wie gut ist das denn bitte?", erwidert Hanna und ich höre, dass sie sich für mich freut. "Hanna, willst du noch rüber kommen? Irgendwie hab ich Bock auf einen schönen Gilmore Girls Abend.", schlage ich vor. "Da wäre ich ja schön blöd, wenn ich das jetzt ablehnen würde. Ich muss aber noch was für Mama besorgen, sagen wir ich bin so in ein bis zwei Stunden da?" "Ja ist gut, bis gleich.", damit legen wir auf. Ich setze mich vor meinen Laptop und starte Skype in der Hoffnung, dass Jan on ist. Ist er. Ich ringe mit mir, ob ich ihm schreiben soll, aber er nimmt mir die Entscheidung ab.
'Hey, hab ich meinen Mist jetzt eigentlich wieder gut gemacht? ;)'
Ich muss lächeln.
'Mh, vielleicht.. :)'
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[ VIII ] 24.o3.2o12
'Dann muss ich mir wohl noch was einfallen lassen.. :P'
'Na dann mal viel Glück dabei.
Du ich muss off, ne Freundin kommt gleich. ;)
Bis denne.'
'Okay, viel Spaß, Tschöö. :)'
Ich gehe off und klappe meinen Laptop zu. Dann klappe ich mein Schlafsofa aus, sodass Hanna und ich zusammen reinpassen, schleppe alles an Decken und Kissen, was ich finden kann in mein Zimmer und suche meine Gilmore Girls DVDs raus. Ich habe alle 7 Staffeln stolz in meinem Regal stehen. Dann gehe ich nach unten, suche Schokolade, Chips und Mikrowellenpopcorn zusammen. In dem Moment klingelt es an der Tür und ich öffne Hanna. "Hallooooo.", begrüße ich sie und wir fallen uns um den Hals. "Ich hab schon Süßkram rausgesucht, wir müssen nur noch das Popcorn machen. Eine Schüssel süß und eine salzig?", erkläre ich. Hanna nickt. "Perfekt. Ich bring schnell meine Sachen hoch okay?", fragt sie und läuft in mein Zimmer.
Ich packe die erste Tüte Pocorn in die Mikrowelle und hole die Schüsseln aus dem Küchenschrank. "Was hast du jetzt wegen Jan beschlossen?", fragt Hanna, als sie die Küche betritt. Ich lehne mich gegen die Küchenzeile. "Weiß nicht.. Ich würds ja schon gut finden ihn wieder bei mir zu haben.", murmle ich. "Dann mach das doch einfach so: Du verbringst jetzt noch Zeit mit ihm und guckst mal, ob es ihm nach ner Zeit immer noch so wichtig ist, Kontakt mit dir zu haben und dann entscheidest du, okay?", schlägt sie vor. Ich nicke. "Klingt gut." Als auch die zweite Ladung Popcorn fertig ist gehen wir hoch, ziehen uns um und kuscheln uns auf mein Sofa.
In den nächsten 6 Tagen passiert nichts spannendes. Jeden Tag fahre ich Mittags zu Jonah, Mick sehe ich kein einziges Mal in der Zeit. Jons Werte bleiben jedoch unverändert, so wie die Chance, dass er aufwacht. 3 Mal treffe ich mich mit Jan, doch auch das ist nicht spannend. Wir reden einfach nur, über vergangene Zeiten, über Aktuelles, aber alles in allem nichts Spektakuläres.
'Tach, heute Abend schon was geplant? :)'
Schreibt Jan mir am 7. Tag.
'Hey. :)
Nöö, wieso?'
'Heute Abend gibt ein Kumpel ne Party, weil er 17 geworden ist und meinte, wir können ruhig noch Leute mitbringen. ;)'
'Ehm ok, aber wie kommen wir hin, bzw zurück?'
'Mein Papa fährt uns, das ist schon geregelt. :)'
'Ok. :) Ja Moment, ich sag kurz meinen Eltern bescheid. ;)'
Ich haste die Treppe runter und in den Garten, wo meine Eltern die Terrasse sommerklar machen. "Kann ich heute Abend mit Jan weg?", frage ich. "Wann und wohin denn?", fragt meine Mutter. "Keine Ahnung so gegen sieben oder so, muss ich mal nachhören. Bei nem Kumpel von ihm. Und Jans Vater fährt uns.", erkläre ich. "Wie lang kann ich denn bleiben?" "Mh.. ich würde sagen.. so bis eins, allerspätestens zwei, weil wir dich nicht holen müssen. Und du nimmst einen Schlüssel mit.", sagt mein Vater. "Ja gut, danke.", sage ich strahlend und hüpfe die Treppe hoch in mein Zimmer.
'Okay, geht klar. :) Wann bist du denn hier?'
'So gegen sechs? Das geht relativ früh los. ;)'
'Ja okay. :) Ich freu mich. :)
Bis heute Abend dann. :)'
Ich blicke auf die Uhr. Bei Jonah war ich heute schon. Es ist vier Uhr und ich beeile mich unter die Dusche zu kommen. Dann suche ich eine Hot-Pants und eine pinke Strumpfhose raus. Dazu ein graues Top und eine schwarze Strickjacke. Ich mache meine Haare, schminke mich. Die restliche Zeit bis Jan kommt vrbringe ich mit meinem Handy und Hanna. Als es an der Tür klingelt schnappe ich mir meine Tasche, stopfe mein Handy rein und renne die Treppe runter. "Ich mach auf!", rufe ich ins Wohnzimmer und öffne die Haustür. Vor mir steht Jan in einer beigen Hose mit schwarzem T-Shirt und Jacke über der Schulter. Seine braunen Haare leicht verwuschelt. "Hey.", sagt er leise und nimmt mich in den Arm. Wir lösen uns voneinander und ich rufe meinen Eltern zu, dass ich weg bin. Dann steigen wir ins Auto von Jans Papa. "Wie heißt dein Kumpel eigentlich?", frage ich. "Tom", lächelt Jan und ich nicke.
"So, da wären wir. Tschau Dad, danke fürs Fahren, ich ruf dich an ok?", sagt Jan, als wir aussteigen. "Ist gut, viel Spaß.", antwortet sein Vater. An der Tür hängt ein Schild: Party im Garten!
Dieser Hinweis ist jedoch unnötig denn wir hören die Musik bis vorne hin. Jan legt mir den Arm um die Schultern und ich wundere mich zwar anfangs, lass es aber zu. "Jan!", kommt ein blonder Typ auf uns zu und schlägt Jan, der den Arm von meinen Schultern nimmt, auf den Rücken. "Cool, dass du noch wen mitgebracht hast! Mit wem habe ich die Ehre?", der Junge wendet sich an mich, deutet einen Knicks an und nimmt meine Hand, als würde er sie küssen wollen. "Liz.", sage ich und muss leise kichern als er dann meine Hand küsst. "Ich bin der Gastgeber dieser bescheidenen Zusammenkunft, man nennt mich Tom, junge Lady.", stellt er sich mit noblen Unterton vor. Ich muss wieder kichern. "Ich bin hocherfreut, edler Ritter.", entgegne ich und zwinkere ihm zu. "Nun denn, gehabt euch wohl auf diesem Feste.", damit schwebt Tom davon. Jan schaut ihm genervt nach. "So ein Vogel.", sagt er. Ich stupse ihn an. "Reg dich nicht auf, oder glaubst du er steht jetzt in einem besseren Licht da, als du?", sage ich grinsend. Jan guckt mich an und streckt mir den Zunge raus. Dann machen wir die Runde und ich lerne alle möglichen Leute kennen. Die meisten haben schon einen im Tee. "Soll ich uns was zu trinken holen? Also trinkst du überhaupt was?", fragt Jan. Ich zögere kurz, nicke dann aber. "Ja irgendwas Gemischtes." "Okay, einen Wodka-O also, lauf nicht weg." Jan verschwindet zwischen den anderen Leuten und ich nutze die Zeit mich ein wenig umzusehen. Der Garten ist riesig, verteilt stehen ein paar Heizpilze und Bänke. Die meisten Leute sind betrunken und die wenigen Mädchen die da sind, sind mit irgendwelchen Kerlen beschäftigt. Klischeemäßig. "So bitte.", Jan drückt mir ein V+ in die Hand. "Danke.", sage ich.
Und so beginnt ein lustiger Abend. Wir laufen so rum und gesellen uns immer wieder zu anderen Leuten. Ich bin bei meinem fünften Mischbier, also zwar noch nicht betrunken aber auf jeden Fall schon gut drauf, als einer auf die Idee kommt, Parytspiele zu spielen. Nach einer viertel Stunde hat sich eine Gruppe von Verrückten zusammengefunden, darunter auch wir, die bei dem Spaß mitmacht. Jan ist auch nicht mehr ganz nüchtern aber, zum Glück, noch nicht betrunken. Es wird diskutiert, welches Spiel gespielt wird und da so gut wie alle gegen Flaschendrehen sind, schlägt jemand ein Spiel vor, wo, sich zwei gegenübersitzende Leute, einen Gegenstand der sich zwischen ihnen befindet anhand von Tasten erraten muss. Mit Zunge und Mund. Für die, die schon Hacke sind kein Problem, aber wenn man noch klar denken kann, ein etwas seltsames Spiel. Nach kurzer Zeit sind die ersten Gegenstände und zwei Augenbinden aufgetrieben, sowie zwei Freiwillige. Wenn man zuschaut ein echt witziges Spiel, aber als Jan und ich an der Reihe sein sollen, bin ich etwas hin und hergerissen. Schließlich überredet Jan mich doch dazu. Wir setzen uns einander gegenüber und er greift unter dem Tisch aufmunternd meine Hände. Uns werden die Augen zugebunden und wir sollen loslegen. Langsam bewege ich meinen Kopf nach vorne, wo ich den Gegenstand vermute und stoße mit den Lippen auf etwas Kaltes. Ich schiebe meine Zunge so zwischen meine Lippen, dass man sie von außen nicht sehen kann. Hoffentlich. Vorsichtig versuche ich den Gegenstand zu ertasten, als meine Lippen etwas warmes, weiches spüren. Jans Lippen. Er drückt meine Hände und presst seine Lippen auf meine. Ich bin total perplex, als Jan seine Lippen öffnet, doch bevor ich reagieren kann, nimmt er sie wieder weg und betastet weiter den Gegenstand. Ich ziehe meine Hände aus Jans und nehme meine Augenbinde ab. "Ich muss mal kurz weg.", sage ich, während in mir Chaos herrscht. Das kann doch kein Zufall gewesen sein. Mein Herz pumpt wie verrückt Blut durch meine Adern und ich entferne mich von der Gruppe in eine Ecke des Gartens, wo sich niemand befindet. Dort lehne ich mich an einen Busch und atme tief durch, während mein Herz immer noch Amok läuft.
Doch bevor ich mich beruhigen kann höre ich Jans Stimme. "Alles klar?" Ich blicke auf und direkt in seine Augen. Ich trete einen Schritt zurück. "Wir sind hier nicht im Krankenhaus. Hier ist kein Mick. Das war nicht nötig.", sage ich trocken und höre mich an, wie eine geistig Verwirrte, was, wie ich finde, eine für den Moment passende Beschreibung ist. Jan macht einen Schritt auf mich zu und mein Herz schlägt noch schneller. "Tut mir leid, das kam so über...", fängt Jan an, doch ich höre den Rest nicht mehr. Ich sehe ihn, sehe, wie sich seine Lippen bewegen, aber kann die Worte, die er sagt nicht hören. Wir stehen einfach nur da, er stammelt vor mir Entschuldigungen, oder so etwas und ich starre einfach nur auf seinen Mund. Und dann schließe ich, aus einem Impuls heraus, den Abstand zwischen uns und schließe seine Lippen, indem ich meine darauf lege. Ich lege eine Hand an seinen Hals und die andere, zu einer Faust geballt an seine Brust und küsse ihn einfach nur. Jan packt mich an den Schultern und schiebt mich von sich weg. Als ich ihn erschrocken ansehe lächelt er. Dann tritt er auf mich zu und sagt, bevor unsere Lippen sich berühren: "Ich sollte DICH küssen."
Dann presst er seine Lippen auf meine und legt seine Hände um meine Hüfte. Ich erwidere den Kuss und lege beide Hände an seine Brust. Er öffnet seinen Mund und der Kuss wird leidenschaftlicher, während er mich näher an sich zieht. Ich schmecke den Alkohol, was mich jedoch nur kurz anwidert.
Wir stehen eine gefühlte Ewigkeit einfach nur ganz eng beieinander und küssen uns, als Jan sich atemlos von mir löst und mir eine Hand an die Wange legt. Auch ich atme schwer und ich merke, dass meine Knie weich werden. Jan schaut mich einfach nur an und wirft dann einen Blick auf seine Uhr. "Ein Uhr, ich sollte meinen Vater anrufen.", sagt er leise und lässt mich los. Ich lehne mich gegen einen Baum und lasse mich total entkräftet auf den Boden fallen. Ich ziehe die Knie an, vergrabe meinen Kopf darin und fange an zu schluchzen. Mir ist selbst nicht klar warum, bis Jan sich vor mich hockt und sanft über meine Beine streicht. "Scheiße, was ist?", sagt er. Ich zucke mit den Schultern. "Ich weiß nicht.. es ist nur so.. Wir haben getrunken, auf einer Party und machen dann an einer abgelegenen Stelle im Garten rum. Das ist so falsch.", bringe ich hervor.
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[ IX ] 25.o3.2o12
"Tut mir leid.", sagt er nur. Dann setzt er sich neben mich auf den Boden. Ich schluchze immer noch, bin aber dabei, mich zu beruhigen. "Ich weiß ja nicht mal, ob ich dich liebe.", sage ich leise, als Jan seinen Arm um mich legt. Langsam hebe ich meinen Kopf und drehe mein Gesicht von Jan weg. "Hast du ein Taschentuch?", frage ich. Er kramt in seiner Tasche rum und drückt mir schließlich eins in die Hand. Ich wische mir übers Gesicht, weil ich weiß, dass meine ganze Schminke verlaufen ist. "Seh ich schlimm aus?", frage ich schließlich und schaue Jan an. Er schüttelt den Kopf. "Du weißt nicht, ob du mich liebst?", fragt er. Ich nicke. "Hilft es dir, wenn ich dir sage, dass ich weiß, ob ich dich liebe oder nicht?" "Vielleicht.", zucke ich mit den Schultern. "Am Krankenhaus der Kuss, der kam einfach so, ich wusste selbst nicht genau, warum ich das getan habe. Aber ich weiß, dass ich froh über unseren Kontakt bin. Und ich weiß auch, dass du mir wichtiger bist, als je zuvor. Mir ist in den letzten Tagen erst aufgefallen, was für ein tolles, starkes Mädchen du bist und dass ich dich fast verloren hätte." "Das nennst du stark?", frage ich. "Weil du geweint hast? Das ist kein Zeichen von Schwäche, nur von Sensibilität. Und wenn du nicht sensibel wärst, würde ich mir das mit dir zwei Mal überlegen." Ich deute ein Lächeln an. "Komm, lass uns gehen, mein Vater kommt gleich.", Jan steht auf und zieht mich hoch. Vor Toms Haus steht schon Jans Vater und wir steigen ein.
Jan bringt mich noch zur Tür. "Schreiben wir?", fragt er. Ich nicke. "Ja, morgen irgendwann." "Okay, schlaf gut.", Jan lächelt mir zu. "Ja, du auch.", damit schließe ich die Tür, gehe die Treppe hoch in mein Zimmer, schmeiße meine Klamotten einfach auf den Boden, lege mich in mein Bett und fange an bitterlich zu weinen.
Am nächsten Morgen fahre ich direkt meinen Laptop hoch und gucke, ob Hanna in Skype on ist. Ich habe Glück.
'Hanna.. Gestern war so furchtbar.'
schreibe ich.
'Was, wie, wieso?!'
'Wir haben uns geküsst.. Geküsst ist untertrieben..'
'Wart ihr betrunken?'
'Nein.. Ja.. nein nicht wirklich.. Ein bisschen haben wir schon getrunken, aber wir waren noch bei klarem Verstand.. Und dann habe ich angefangen zu heulen..'
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[ X ] 29.o3.2o12
'Oh... Und er?'
'Er nicht... aber er hat mich getröstet und dann sind wir gefahren und als ich zu Hause war hab ich noch mehr geheult..'
'Und wieso hast du mich nicht angerufen?'
'Ich war so fertig, es ging gar nichts mehr.. Er ist grad on gekommen...'
'Liebt er dich?'
'Glaub schon..'
'Und du?'
'Weiß nicht.. :s
Es war so komisch gestern weißt du..'
'Mh.. Willst du das mit ihm klären?'
'Wenn ich wüsste, was genau wir klären sollen..'
'Schreib ihm doch einfach mal! :*'
'Ja okay, Moment..'
Ich klicke auf Jans Namen und öffne so ein neues Gespräch. Mit zitternden Fingern und klopfendem Herzen schreibe ich ihn an:
'Hey..'
Seine Antwort kommt schnell:
'Na, geht's dir wieder besser? :/'
'Oh Gott, es tut mir leid.. Das war so peinlich gestern..'
'Nein, dir muss nichts leid tun, wenn dann mir. Und peinlich muss dir das auch nicht sein, ich meine du hast andere Probleme..'
'Nein.. Ja... :s
Ich weiß halt einfach nicht, ob das gestern richtig war..'
'Hey, also für mich war es das.. zumindest, wenn es das für dich auch war. Ich will dich ja nicht unter Druck setzen. :/ '
'Mh.. Du, können wir uns heute vielleicht treffen und das klären irgendwie? :s
Ach und, es hat sich nicht schlecht angefühlt gestern, nur irgendwie einfach falsch..'
'Ja klar, wann, wo?'
'So früh wie möglich.. Irgendwo, wo wir in Ruhe reden können..'
'Ok, in einer Stunde? Ich hol dich mit dem Roller und wir fahren irgendwo hin?'
'Ja, gut. Bis nachher..'
'Bis gleich. ;)'
Damit geht er off. Ich wähle Hannas Nummer, habe keinen Nerv, ihr zu schreiben. "Und?!", geht sie gespannt ran. "Er holt mich gleich ab.", sage ich und mir wird erst in diesem Moment klar, was das bedeutet. "Scheiße, scheiße, scheiße! Ich sag ihm wieder ab, ich kann das nicht! Ihm gleich gegenübertreten, was hab ich mir dabei gedacht? Fuck!" "Liz, ruhig, ganz ruhig! Alles ist gut, du schaffst das schon. Du bist ein starkes Mädchen u.." "Aber doch nicht SO stark.. Alter, ich kann doch nicht gleich mit ihm reden, über gestern! Ich bin so behindert!", unterbreche ich meine Beste. "Liz, jetzt halt doch mal die Klappe, verdammt! Du kannst das, du kannst gut mit Leuten reden, du musst dir das nur zutrauen und diese Einstellung ist nicht dafür geeignet! Und eben weil du so behindert bist, liebe ich dich.", spricht Hanna mir zu. "Ich glaube, ich liebe ihn.", sage ich leise. Mir kommt es so vor, als hätte ich es schon die ganze Zeit gewusst. Als wäre diese Erkenntnis irgendwo in meinem Kopf gewesen, versteckt. Meine Knie werden weich, ich beginne zu zittern und mein Puls beschleunigt sich. Ich höre Hanna am Telefon atmen, aber sie sagt nichts. "Verdammt, ich glaube, ich liebe ihn." "Hör mal Süße. Red dir nichts ein okay? Vielleicht liebst du ihn, vielleicht reagierst du auch nur über, also versuch dich mal zu beruhigen und hör auf zu zittern. Ja, ich weiß, dass du zitterst. Also atme mal tief durch und versuch einen, oder zwei klare Gedanken zu fassen, okay?", sagt Hanna ruhig. Ich atme tief ein und wieder aus. Noch mal. Und noch mal. Und ein letztes Mal. Ich schließe die Augen und versuche mich zu konzentrieren. Ich spüre, wie ich ruhiger werde. "Geht's wieder?" "Halbwegs.." "Okay, das reicht erstmal. So und jetzt gehst du dich mal waschen und fertig machen für gleich und dann überlegen wir weiter, ja?" "Ja.", sage ich und gehe, mit dem Telefon in der Hand, ins Bad, wo ich mich fertig mache. Zurück in meinem Zimmer krame ich frische Klamotten raus, ziehe mich um und lasse mich auf mein Bett fallen. "Hanna?", frage ich. "Ja?" "Ich glaube immernoch, dass ich ihn liebe. Wenn auch nur ein bisschen. Aber immer wenn ich in seiner Nähe war, war ich anders, mein Herz ging schneller, oder meine Knie wurden weich. Ich hab das immer unterdrückt und gedacht, es ist einfach, weil ich ihn vermisst habe und so.. Aber als wir uns geküsst haben, bin ich fast explodiert und danach, konnte ich mich nicht mehr auf den Beinen halten..", gestand ich. "Okay Süße, vielleicht liebst du ihn. Aber kannst du dir das in seiner Gegenwart nochmal überlegen?", sagt Hanna besorgt. "Ja, mach ich.. Aber du wärst mir nicht böse, oder?" "Was, wieso das denn?" "Weil er so ein Arsch war.. Ich hab Angst, dass du das nicht akzeptieren würdest oder so.." Hanna lacht leise auf. "Hör mal, natürlich war er ein Arsch. Aber er scheint sich Mühe zu geben und im Endeffekt musst du das selber entscheiden, ich kann dir nur meine Meinung dazu sagen. Und wenn du damit glücklich bist, dann freu ich mich und wenn du auf die Fresse fällst, bin ich für dich da, okay?" "Danke, du bist die Beste. Ich leg jetzt auf okay? Ich liebe dich.", sage ich lächelnd. "Ich dich auch und du packst das schon.", antwortet Hanna und legt auf.
Ich gehe zu meinen Eltern, sage ihnen bescheid, dass ich gleich weg bin und setze mich auf die Bank vor unserer Haustür. Ich warte noch nicht lange, da kommt Jan mit seinem Roller. Ohne ein Wort gehe ich auf ihn zu, er lächelt mich aus dem Helm an, ich zurück. Er gibt mir einen Helm und ich setze mich hinten auf den Roller. Wir fahren los und sind bestimmt eine halbe Stunde unterwegs, bis wir von einer Landstraße auf einen kleinen Weg abfahren und so lange fahren, bis nur noch Felder um uns herum sind. Während der ganzen Fahrt, konnte ich keinen klaren Gedanken fassen. Auch als wir neben einer kleinen Grillhütte inmitten der Felder anhalten, kann ich nicht klar denken und mir nichts überlegen. Ich spüre meinen beschleunigten Herzschlag. Wir steigen ab, er schließt seinen Roller und die Helme ab und wir setzen uns in die Hütte. Ich atme die frische Luft ein und versuche weiterhin vergeblich zu denken. Mein Gehirn ist komplett lahmgelegt, was sich auch nicht bessert, als er anfängt mit mir zu reden. "Okay.. ehm.. bist du irgendwie schlauer geworden?", fragt er vorsichtig. Ich zucke mit den Schultern. "Irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht..", sage ich und zwinge mich, Jans Blick stand zu halten. Irgendwie fühle ich mich bedrückt. "Mhm okay...", seufzt Jan und berührt aufmunternd meine Hand. In diesem Moment, als unsere Hände sich berühren, fällt alles negative von mir ab. Die ganze betrübte Stimmung. Meine Verwirrtheit und der Nebel in meinem Gehirn. Ich fühle mich auf einmal überglücklich in Jans Gegenwart. Mein Herz rast nicht mehr, es flattert. Ich beuge mich schnell vor. Kurz bevor ich meine Lippen auf Jans lege, halte ich, aus welchem Grund auch immer, inne. In dem Moment schließt Jan die Lücke zwischen unseren Mündern und presst seine Lippen auf meine. Und zum ersten Mal, seit den ganzen Küssen, vergesse ich alles Schlechte und bin glücklich. Mir wird abwechselnd warm und kalt und ich muss den Kuss kurz unterbrechen um zu lächeln. Dann lege ich meine Lippen wieder auf Jans und er erwidert den Kuss. Zuerst sanft, dann öffnet er seine Lippen und der Kuss wird immer leidenschaftlicher. Ich schließe die Augen und lasse mich tragen auf einer Welle von Glücksgefühlen. Ich lasse von Jan ab und schaue ihm in die Augen. Sie strahlen und er lächelt mich an. "Ich liebe dich.", sagt er kaum hörbar und schwer atmend. "Ich glaube, ich dich auch.", erwidere ich, ebenfalls außer Atem und Jan setzt zu einem weiteren Kuss an, den ich überlücklich erwidere.
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[ XI ] o7.o4.2o12
"Komm.", sagt Jan, nimmt meine Hand und zieht mich hoch. "Wohin?", frage ich, aber Jan schüttelt nur den Kopf. Wir treten aus der Hütte und Jan führt mich in eins von den Feldern. Ein Feld, das hoch gewachsen ist, sodass es höher ist als wir groß sind. Jan schaut mich kurz an, zwinkert und beginnt dann zu laufen. Er lässt meine Hand nicht los und so bin ich gezwungen auch zu rennen. Wir laufen eine gefühlte Ewigkeit durch das große Feld und erst, als Jan merkt, dass ich langsamer werde halten wir an. Er nimmt auch meine andere Hand und stellt sich grinsend vor mich. "Schon fertig?", fragt er. Er ist kaum aus der Puste. "Ja, tut mir leid, aber ich bin nur Durchschnitts-Sportler.", sage ich und versuche tief Luft zu holen, was leider scheitert. Ich lehne meinen Kopf gegen Jans Schulter und er legt seine Arme um mich. So stehen wir mitten im Feld, bis sich meine Atmung wieder normalisiert hat. Dann nehme ich meinen Kopf wieder von seiner Schulter und schaue zu ihm hoch. "Du bist eindeutig zu groß und zu sportlich.", stelle ich fest. Jan lacht leise auf und zieht mich an sich. Ich genieße es, in seinen Armen zu liegen und ich schmiege mich eng an ihn. Dann trete ich ein wenig zurück und schaue erwartungsvoll lächelnd auf. "Was?", fragt er belustigt. Ich nehme meine Hände von seinem Rücken und stemme sie schmollend in meine Hüfte. Jan legt eine Hand um meine Hüfte, sodass sie meine Hand umschließt und die andere an meinen Hals. "Achso.", flüstert er und beugt sich zu mir runter. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und Jan legt seine Lippen auf meine. Ich lege meine freie Hand um seine Taille und öffne den Mund, als ich seine Zunge an meinen Lippen spüre. Jan nimmt seine Lippen von meinen und legt seine Hände auf meine Schultern. "Also, ich finds hier zwar schön, aber bequem ist es nicht.", sagt er. "Stehst du etwa nicht auf Grünzeug, dass sich in deinen Rücken bohrt?", frage ich sarkastisch. Jan schüttelt den Kopf. "Fahren wir zu mir.", schlägt er vor. "Zu dir? Wie weit ist das von mir, meine Eltern bringen mich um, wenn ich nicht früh genug nach Hause komme." "Keine Sorge, du bist schon früh genug zu Hause." "Auf deine Verantowrtung.", fordere ich."Okay. Weißt du, von wo wir gekommen sind?" "Ähm.. Nein.", gebe ich zu und muss lachen. "Gut, halt dich fest.", sagt Jan und hievt mich auf seinen Rücken."Ah! Was?!", kreische ich. "Siehst du irgendwas?", ignoriert er meine Schreie. Ich höre auf, auf seine Schultern zu trommeln, kneife die Augen zusammen und sehe mich um. "Ja, ich glaube da hinten ist die Hütte.", ich deute mit einem Finger in die Richtung. "So und jetz...", beginne ich, aber da rennt Jan, mit mir auf seinem Rücken los. Ich mache mich klein, klammer meine Beine um seinen Oberkörper und meine Arme um seine Schultern und kneife meine Augen zu. Ich weiß nicht, wie lange ich auf Jans Rücken klebe, bis er anhält. Ich öffne meine Augen und Jan setzt mich in der Grillhütte auf eine Bank. Ich sehe ihn fassungslos an. "Was war das?", frage ich. "Ach nichts besonderes. Komm.", wehrt Jan ab. Ich stehe auf und gehe hinter ihm her. "Das war nicht nichts.", beharre ich. "Okay, ich hab mal ne ganze Zeit Rugby gespielt, das hat Auswirkungen.", druckst Jan herum. Ich mustere ihn. "Wann hast du denn bitte Rugby gespielt?" "Sagen wir mal ungefähr vier von den fünf Jahren, in denen wir absolut keinen Kontakt mehr hatten.", sagt er, ohne jeglichen Witz in der Stimme. "Fünf Jahre?", frage ich ungläubig. Jan nickt. "Fünf Jahre. Und davon hab ich mindestens zwei gebraucht, bis ich mich von deiner Aktion erholt habe und kein seelisches Wrack mehr war.", sage ich leise. Ruckartig bleibt Jan stehen und dreht sich um. "Und es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um mir das vorzuwerfen?! Um mir ein schlechtes Gewissen zu machen?! Na vielen Dank!", fährt er mich gereizt an. Ich will nach seiner Hand greifen, aber er zieht sie weg. "Nein, das wollte ich doch nicht, tut mir leid. Reg dich nicht auf, okay?", sage ich leise und beginne wieder auf meiner Unterlippe zu kauen. "Lass das.", sagt Jan wieder etwas ruhiger und hebt die Hand, um sie an mein Kinn zu legen, doch ich zucke zusammen und er hält in der Bewegung inne. "Okay, sorry. Ich hab überreagiert, ich war nur so ein Arsch und..", fängt er reuevoll an. "Ach, vergiss es einfach, ja?", ich gehe an Jan vorbei und er streift mit seiner Hand meine. Ich zucke schon wieder zusammen. "Nein! Nein-nein-nein. Hab bitte keine Angst vor mir, du hast doch keine Angst vor mir oder? Bitte." Ich sehe Jan an, aber seine Augen sind nicht mehr die Augen, die noch vor Kurzem Stärke und Sicherheit ausstrahlten. Jetzt sehe ich Augen, die verletzlich und ägnstlich sind. Ich nehme Jans Hand. "Nein hab ich nicht, du hast mich nur eingeschüchtert, ehrlich. Lass uns einfach vergessen, was damals war und was gerade passiert ist, okay?" Jan verschränkt seine Finger mit meinen und nickt. "Ja, gut. Ich will nur, dass.. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben okay? Ich raste ab und zu etwas aus und bin zu gereizt, aber ich würde dir nie etwas tun.", seine Stimme ist fast nur ein Flüstern. Mir schießen Tränen in die Augen und ich blinzle sie schnell weg. "Ja. Ja, ist gut, wirklich, jetzt lass uns fahren.", ich drücke seine Hand und wir gehen zu seinem Roller, wo er mir meinen Helm gibt. Er schaltet ihn an und ich setze mich hinter ihn. Ich schlinge meine Arme um ihn und rücke nah an ihn ran. Im Rückspiegel kann ich an seinen Augen erkennen, dass er lächelt und ich lächle ebenfalls. Dann fahren wir wieder aus den Feldern raus, auf die Straße und zu Jan nach Hause. "So, da wären wir." "Wow, noch größer gings nicht?", sage ich und satrre auf das Monster von Haus, vor dem ich gerade stehe. "Naja, also ne Villa ist es nicht.", erwidert Jan und boxt mir in die Seite. "Aber ne Scheune auch nicht. Jetzt mach auf, ich wills von innen sehen! Sind deine Eltern zu Hause?", frage ich aufgeregt. "Nein." Er schließt auf und ich trete in eine große Diele, in der es zwei Türen und eine Wendeltreppe gibt. Jan öffnet die Tür geradeaus durch und dahinter befindet sich ein riesiger Wohnbereich. Links um die Ecke befindet sich die Küche mit Bar in der Mitte und davor ein offener Essbereich. Dahinter stehen zwei große Sofas und ein Flachbildfernseher hängt an der Wand. Rechts an der Wand stehen Bücherregale und zwei Sessel davor. "Was trinken oder so?", fragt Jan und ich starre ihn wie eine geistig Zurückgebliebene an. "Habt ihr irgendwie Geld zu viel? Dann hätte ich gerne einen Wein, den Teuersten. Aber in einem Glas aus purem Kristall bitte." "Okay, also ne Cola." Ich nicke und er verschwindet in der Küche. Kurz darauf kommt er mit zwei Gläsern Cola wieder. "Wollen wir hoch gehen?", fragt er. "Ja bitte, ich will noch grüner vor Neid werden!", antworte ich grinsend und gehe vor ihm her in die Diele und die Wendeltreppe hoch in den ersten Stock. "Welche Tür führt wo hin?" "Die rechts in mein Bad, geradeaus in mein Zimmer und links ins Gästezimmer.", erklärt Jan und ich öffne die Tür zu seinem Zimmer. Es ist riesig, wie der ganze Rest auch. An der einen Wand steht ein Schreibtisch mit Flachbildschirm und Pc, daneben ein Regal mit Büchern, Heften und sowas. Die Wand gegenüber der Tür besteht fast nur aus Glas. Daneben steht ein Bett in dem mindestens drei Leute genug Platz hätten und dem gegenüber, also rechts von der Tür, ein Couchtisch mit Fernseher und PS3. Daneben ein Regal mit Büchern und Spielen für PC und PlayStation. An der angrenzenden Wand befindet sich eine Tür und als ich diese erblicke schaue ich Jan ungläubig an. "Nee oder? Du hast nicht eine Tür von deinem Zimmer ins Bad, oder?" "Doch, ist ja MEIN Bad.", erwidert Jan frech. "Arsch.", murmle ich sarkastisch und lasse mich auf sein Bett fallen. "Was hast du so für die PS?", frage ich. "An Spielen? Das interessiert dich?", fragt er belustigt und setzt sich neben mich. Ich nicke. "Ja, ich bin ein sehr männliches Mädchen, was PlayStation und PC angeht." "Okay. Ja Verschiedenes.. Skyrim, CoD, Fifa, Battlefield, Kingdom Hearts..", fängt Jan an. "Ich liebe Kingdom Hearts!", unterbreche ich ihn und er lacht."Du willst jetzt nicht mit mir zocken oder?" Ich schaue ihn auffordernd an. "Weiß nicht, hast du nen besseren Vorschlag?" "Denke.", sagt er, beugt sich zu mir, legt seine Lippen auf meine und drückt meinen Oberkörper mit seiner Hand sanft runter, sodass ich auf seinem Bett liege. Er beugt sich über mich und ich lege meine Hände um seinen Nacken. Er öffnet die Lippen und ohne zu zögern tue ich es ihm nach. Der Kuss wird leidenschaftlicher und Jan liegt fast auf mir, da er sich nur noch auf seinen Ellbogen abstützt. Um ihm die Anstrengung zu ersparen, sich die ganze Zeit abzustützen, bedeute ich ihm, mit mir zu tauschen. Er legt sich auf den Rücken, ohne sich von meinen Lippen zu lösen und ich knie mich über ihn. "Das ist eindeutig besser.", wispere ich und lege mich auf ihn. Seine Hände fahren seitlich an meinem Körper runter bis zu meinem Po. Der Kuss wechselt von leidenschaftlich sanft zu leidenschaftlich lustvoll und gesteuert von meinem Verlangen fahren meine Hände unter sein Shirt, seinen Oberkörper hoch. Seine Hände gleiten ebenfalls unter mein Oberteil und meine Haut kribbelt, als sie sanft über meinen Oberkörper streichen. Jan macht sich an meinem BH zu schaffen und als er ihn geöffnet hat wandern seine Hände zu meiner Brust. Mich durchfährt ein erregtes Zittern und als ich leise aufstöhne, beschließe ich, dass es mir zu weit geht, also wende ich meine Lippen widerwillig von Jans ab. Er beginnt meinen Hals zu küssen, während seine Hände meinen kompletten Oberkörper verwöhnen. Ich lasse mit meinen Händen von seinem Oberkörper ab und greife stattdessen nach seinen. Dann rutsche ich von ihm runter und stelle erleichtert fest, dass sich in seiner Hose noch nichts getan hat. Schnell greife ich unter meinem T-Shirt nach dem BH-Verschluss und schließe ihn. "Liz!", beschwert Jan sich leise. Ich gebe ihm einen flüchtigen Kuss und muss erst mal wieder zu Atem kommen, bevor ich ihm antworte. "Ich will das nicht, noch nicht.", sage ich und schmiege mich an ihn. "Doch, ich habs gespürt.", grinst er. "Ja vielleicht. Aber nein, noch nicht. Schön war es trotzdem.", erwidere ich und lächle ihn an. Ich bemühe mich, meine Erregung und das Kribbeln, dass ich verspüre los zu werden. "Ich geh mal kurz ins Bad. In DEIN Bad.", sage ich schnell und stehe auf. Zum Glück ist das Bett nicht weit von der Tür entfernt, so muss ich mich nicht so lange auf meinen wackligen Beinen halten. Ich schließe die Tür ab und setze mich auf den Klodeckel. Ich vergrabe das Gesicht in meinen Händen und amte mehrmals tief durch. Dann schicke ich Hanna eine SMS:
'Okay, ich bin ein Fast-Flittchen, denn ich habe gerade FAST mit Janek geschlafen..Hilfe?'
Dann gehe ich zum Waschbecken und wasche mein Gesicht mit eiskaltem Wasser, was ziemlich gut tut. Mein Handy vibriert:
'Oha! Du wusstest bis vir Kurzem nicht mal, ob du ihn liebst....'
Ich habe keine Lust zu schreiben, also rufe ich meine Freundin an. "Jetzt bin ich aber gespannt.", meldet sie sich. "Okay Süße, ich muss leise reden, ich bin im Bad nebenan, deswegen nur ganz kurz.", flüstere ich. "Ist gut, Kurzfassung bitte." "Wir waren unterwegs, wir haben uns geküsst, wir sind zu ihm, wir habens fast getan. Oh und: Ich liebe ihn, und wie!" "Ehrlich?" "Aber sowas von ehrlich! Bitte verurteile mich jetzt nicht." Hanna lacht kurz. "Tu ich doch nicht Süße. Du gehst da jetzt rein, ihr klärt, wie weit ihr geht und den ganzen Beziehungskram und später bekomm ich Details, okay?", sagt sie. "Ja, ist gut, danke. Wünsch mir Glück, tschöö." "Viel Glück.", damit legt Hanna auf, ich stecke mein Handy ein, hole tief Luft und öffne die Badezimmertür.
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[ XII ] 11.o4.2o12
Jan liegt ausgestreckt auf seinem Bett, das Gesicht in den Händen vergraben. Ich setze mich im Schneidersitz neben ihn und lege eine Hand auf sein Knie. "Tut mir leid, ich hab's verkackt, oder?", nuschelt er. Ich streiche mit meinem Daumen über sein Knie. "Nein, warum solltest du? Vielleicht war es wichtig, dass es passiert ist, jetzt können wir das wenigstens klären." Jan nimmt die Hände von seinem Gesicht und umschließt damit meine Hand auf seinem Knie. "Okay.", sagt er und sieht mich erwartungsvoll an. Ich seufze, entschließe mich dann aber, direkt zu sagen, was ich dazu denke: "Kein Sex, bevor wir beide nicht signalisieren, dass es für uns okay ist." Jan nickt nur, setzt sich auf und gibt mir einen schnellen Kuss. "Fährst du mich heim?", frage ich total deplatziert. "Ja klar.", nickt Janek und wir gehen aus seinem riesen Haus zu seinem Roller. Ich nehme mir wieder den Helm und wir fahren los.
Er bringt mich noch mit zur Tür. "Danke. Für den wunderschönen Tag.", flüstere ich lächelnd. "Jeden Tag wieder.", Jan lächelt zurück, beugt sich zu mir und küsst mich. Ich lege meine Arme um seine Taille und erwidere den Kuss. Plötzlich geht die Tür auf und Jan und ich schrecken auseinander. Erschrocken sehe ich zuerst in das Gesicht meines Vaters und dann beschämt auf den Boden. Ihm scheint die Situation nicht weniger unangenehm zu sein, denn er druckst herum: "Oh, ähm, hi. Äh, ich gehe jetzt wieder durch diese Tür in mein Haus und äh ihr tut einfach so, als wäre ich nie da gewesen. Äh, ja. Also, bis dann." Mein Vater geht wieder rein, lässt die Haustür aber einen Spalt offen. Ich sehe vorsichtig zu Jan auf und muss leise lachen. "Wie peinlich.", sage ich. Jan lacht ebenfalls und schließt mich in seine Arme. Kurz darauf löse ich mich von ihm und lege meine Hände auf seine Brust. "Schlaf gut, meine Schöne.", sagt er und gibt mir einen kurzen Kuss. Ich lächle. "Du auch." Dann geht er zu seinem Roller und fährt los. Lächelnd gehe ich rein und stehe vor meinem Vater, der an der Wand lehnt, die Arme vor der Brust verschränkt. "Ich dachte, du und Janek hättet Streit?", fragt er ernst. Mein Lächeln erstirbt. Auch wenn ich meinen Papa echt cool finde, habe ich keine Lust, mit ihm darüber zu reden. "Papa, wir hatten. Aber wir haben doch in letzter Zeit auch schon was zusammen gemacht. Wir haben uns halt wieder vertragen und alles geklärt und so.", antworte ich wahrheitsgemäß. "Ja, dass ihr euren Streit klärt habe ich mir gedacht, aber ich wusste ja nicht, dass ihr das SO macht.", erklärt mein Vater mit vielsagendem Unterton. "Papa! Es ist nichts passiert okay?! Wir haben uns geküsst, na und?", fahre ich meinen Vater entsetzt an. "Ist ja gut. Also seid ihr jetzt zusammen?", bohrt er. Ich seufze, als wäre die Antwort selbstverständlich, dann fällt mir auf, dass ich gar nicht weiß, ob wir so 'richtig zusammen' sind. Ich zucke leicht mit den Schultern. "Ehrlich gesagt: Ich weiß nicht genau..." "Aber du liebst ihn?" "Ja." "Und er?" "Mich auch. Ab wann sind wir denn zusammen?", frage ich und komme mir klein und dumm dabei vor. Mein Vater schmunzelt. "Bei uns, hat man sowas mit reden geklärt, mein Schatz." "Geredet haben wir darüber nicht.", gebe ich zu. "Dann macht das bald. Ach, Mama macht jetzt bald eine Kur, auch wenn ich es immer noch nicht gut heiße." "Was?!", sage ich geschockt. Mein Papa nickt. Ich schüttel ungläubig den Kopf. "Spinnerin. Naja, ich geh jetzt schlafen, gute Nacht Papa.", sage ich, drücke meinem Vater einen Kuss auf die Wange und gehe in mein Zimmer. Dort ziehe ich mich um und lasse mich auf mein Bett fallen. Eiegentlich will ich Hanna noch schreiben oder sie anrufen, aber ich bin zu müde und schlafe ein.
Mitten in der Nacht wache ich auf, weil mein Handy vibriert. Als ich die Augen öffne, meine ich kurz, etwas am Fenster gesehen zu haben, aber als ich ein zweites mal hinschaue, ist da nichts. Ich schüttel den Kopf und öffne die SMS, die von Hanna ist.
'Können wir bitte telefonieren? Hoffentlich wirst du von der SMS wach. Ist wichtig! :*'
Ich rufe sie mit meinem Handy an. "Was ist denn los?", frage ich, als sie annimmt. "Ich war heute Abend mit meiner Cousine feiern und wir haben ein bisschen was getrunken, also ich war nicht besoffen oder so, aber angeheitert und dann kam auf einmal Chris, der vom Tanzen, an, drückt mir nen Kuss rein und verschwindet wieder. Und du weißt ja, dass ich auf den ein Auge geworfen hab. Aber, oh mein Gott, ich kenne ihn ja gar nicht. Den Rest des Abends hab ich ihn nicht mehr gesehen, aber mir ist eben aufgefallen, dass er mir eine Handynummer zugesteckt hat.", erzählt meine Beste. "Okay, Moment, wieso kramst du um drei Uhr Nachts in deinen Klamotten rum?", frage ich. "Ich konnte nicht schlafen. Und ich wollte dir eigentlich früher schreiben, aber ich dachte, du wärst noch bei Janek und dann wollte ich nicht stören und dann hab ich eben auf die Uhr gesehen und bemerkt, wie spät es ist und dachte mir, ich klingel dich wach. Aber jetzt zu Chris, was soll ich tun?!" "Keine Ahung, warten bis er sich meldet? Aber nee, der hat deine Nummer gar nicht, oder? War er denn betrunken?", frage ich. "Nein, glaube nicht. Er hat zumindest weder so gerochen, noch so...geschmeckt. Was soll ich denn nächstes Mal beim Tanzen machen?" "Keine Ahnung, red mit ihm.", schlage ich vor und muss lachen, weil die Idee so absurd ist. "Nein, ich rede NICHT mit ihm. Warum lachst du?", erwidert Hanna, beginnt dann aber ebenfalls zu lachen. "Dann tu so, als wäre nichts gewesen und guck mal, ob er was macht. Wenn er irgendwelche Anspielungen macht oder so, dann meint er es vielleicht ernst und wenn nicht.. dann leider nicht." "Aber ich kann dem doch so nicht gegenübertreten! Das ist so peinlich." "Sonst hast du auch immer so eine große Klappe. Ich würde eher von dir erwarten, dass du ihm bei Gelegenheit auch nen Kuss gibst und abhaust. Vielleicht solltest du das tun." "Spinnst du?!", entgegnet mir Hanna. "Nee, das mein ich ernst. Mach das echt. So am Ende, halt den zurück, bis nur noch er da ist, küss ihn und geh einfach. Und am besten steckst du ihm auch noch deine Nummer zu. Und wenn er versucht dich zurück zuhalten, ignorier ihn." "Aber sowas kann ich doch nicht machen!" "ICH nicht, DU kannst das.", spreche ich ihr zu. "Meinste echt?" "Ja. Mach einfach. Du schaffst das schon." "Na gut... Dann leg ich mal wieder auf, okay? Aber danke Süße.", sagt Hanna. "Nichts zu danken. Bis später und schlaf gut.", damit lege ich auf und mich wieder unter meine Bettdecke.
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[ XIII ] 27.o4.2o12
Am nächsten Morgen suche ich meinen Vater auf. "Morgen Papa, ich wollte zu Jonah, kommst du mit?", frage ich ihn. Als mir klar geworden ist, dass ich schon etwas länger nicht mehr bei ihm war, habe ich ein schlechtes Gewissen bekommen und beschlossen, direkt hinzu fahren. "Ja, gute Idee. Sollen wir direkt fahren?" "Was ist mit Mama?" "Die telefoniert rum wegen ihrem dämlichen Urlaub.", sagt mein Vater lesie. Ich höre die Enttäuschung in seiner Stimme. "Oh.", sage ich nur, esse etwas, mache mich fertig und fahre mit meinem Vater ins Krankenhaus.
Ich bin erfreut, als ich wieder Frau Kramm in der Empfangshalle entdecke. "Elisa.", begrüßt sie mich freundlich. "Hi, wo waren Sie letztens?", frage ich lächelnd. "Ach, ich war nur ein bisschen erkältet und wenn man in einem Krankenhaus arbeitet, muss man vorsichtig sein. Aber nicht weiter schlimm.", versichert sie mir. Ich nicke. Wir fahren hoch zu Jons Zimmer und ich setze mich zu ihm ans Bett. Ich hätte ihm liebend gerne alles mit Jan erzählt, fand es aber dann doch blöd, in der Anwesenheit meines Vaters. Also sitze ich nur da und streiche über Jons Hand. "Ich bin mal kurz den Doktor aufsuchen.", sagt mein Vater. Sofort beginne ich Jonah ganz kurz von Jan zu erzählen und bin auch soweit fertig, als mein Vater die Tür öffnet, hinter ihm Micks Vater. Diesen begrüße ich freundlich. "Ja, was soll ich sagen, Ihrem Sohn geht es von Tag zu Tag besser, auch was seine Verletzungen angeht und wir können davon ausgehen, dass er bald aufwacht und dann auch fit genug ist, um wach zu bleiben. Natürlich kann immer etwas passieren und wir wollen keine falschen Hoffnungen hervorrufen, aber im Moment sieht alles gut aus." Ich strahle meinen Bruder an und umfasse seine Hand mit meinen. Tränen steigen mir in die Augen. Meinem Bruder geht es gut und er wacht vielleicht bald auf. Leise schluchze ich und lege meinen Kopf auf Jons Schulter. "Du wachst bald auf, hast du das gehört?", flüstere ich und drücke seine Hand. Mein Handy vibriert und ich krame es aus meiner Tasche, nachdem ich mir die Tränen von den Wangen gewischt habe. Mein Vater geht gerade mit dem Arzt aus dem Zimmer. Ich schaue aufs Display und sehe, dass Jan mir geschrieben hat. 'Hey du, alles fit bei dir? Willst du morgen für 3 Tage mit Zelten kommen?' Ich schaue verwundert auf mein Handy und tippe eine Antwort. 'Mir gehts besser als gut und 3 Tage mit dir würden das noch steigern, aber wer kommt noch alles mit?' Es dauert nicht lang, bis Jan antwortet: '2 alte Freunde von mir, mit ihren Freundinnen. Ich erklär dir den Rest, wenn wir reden können. (: '
Ich stutze. Woher will Jan wissen, dass wir nicht reden können? 'Okay, ich ruf dich später an. ;*', schreibe ich nur und stecke mein Handy wieder weg. Mein Vater kommt wieder ins Zimmer und ich widme meine Aufmerksamkeit wieder meinem Bruder. Ich schaue auf sein Gesicht, wie friedlich er aussieht. Ich lächle leicht und greife erneut nach seiner Hand. Mein Blick ruht weiter auf seinem Gesicht und ich bin so in Gedanken versunken, dass ich den leichten Druck auf meiner Hand fast gar nicht bemerke. "Jon?", flüstere ich und schüttle ungläubig den Kopf. "Jon, warst du das?", frage ich und merke, wie mir Tränen in die Augen schießen. Ich starre auf unsere Hände und Jon drückt erneut leicht zu. Schnell schaue ich in sein Gesicht und sehe, wie einige Muskel anfangen sich zu bewegen, fast zu zucken. "Papa.", hauche ich. Sofort steht mein Vater neben mir und betrachtet meinen Bruder. "Ich glaube er wacht auf.", sage ich und merke, wie mir Tränen über die Wangen laufen. Zuerst denke ich, ich bilde mir durch meinen Tränenschleier nur ein, das Jons Augenlider sich bewegen, aber nachdem ich meine Augen zusammenkneife, sehe ich, wie mein Bruder seine öffnet. Ganz langsam und nur ein kleines Bisschen. "Hörst du mich?", wispere ich und beuge mich leicht runter. Jons Mund verzieht sich zu einem leichten Lächeln, was ich als Ja deute. Meine Vater verlässt schnell den Raum und kommt kurz darauf wieder rein, gefolgt von Micks Vater, zwei Krankenschwestern und, aus welchem Grund auch immer, Mick. Ich wundere mich zwar, aber bin zu glücklich, um ihn böse anzuschauen. Ich mache den Ärzten Platz und sie wuseln um meinen Bruder rum. Reden auf ihn ein und testen alle möglichen Reaktionen, oder so. Das Einzige, was in dem Moment wichtig für mich ist, ist dass ich meinen Bruder zurück habe. Also lasse ich auch zu, dass Mick seinen Arm um meine Schultern legt. Ich lächle ihn sogar noch an, so glücklich bin ich. Mein Papa guckt den Ärzten die ganze Zeit über die Schulter und ist so nah bei meinem Bruder, wie nur möglich. Irgendwann verlassen die Krankenschwestern das Zimmer, Mick nimmt seinen Arm von meinen Schultern und stellt sich neben seinen Vater, der meinem Vater und mir irgendwas erzählt, was ich gar nicht mitbekomme, weil ich mich nur auf Jonah konzentireren kann. Seine Augen sind komplett geöffnet und er sieht wach aus, allerdings habe ich das Gefühl, als wäre er noch nicht ganz da, was ich ihm nicht verübeln kann. Schließlich sind nur noch mein Vater und ich bei Jon und endlich kann ich in Ruhe mit ihm reden, es zumindest versuchen. Ich setze mich neben ihn und er sieht mich an. Ganz langsam und ohne seinen Kopf zu drehen, wandert sein Blick in meine Richtung. Als er mich erkennt lächelt er wieder schwach. "Hi.", sage ich. "Hey Elster.", haucht er. Ich muss lächeln. Elster nennt er mich, weil ich ihm früher immer alle möglichen Spielzeuge geklaut habe, um selber damit zu spielen. "Wie geht's dir?", frage ich. Mühsam dreht mein Bruder seinen Kopf, um mich besser ansehen zu können. "Mir ging's schon schlechter.", antwortet er lächelnd. Er klingt erschöpft. "Jon, Junge. Bist du müde?", fragt mein Vater. Jon sieht zu ihm hoch und nickt langsam. "Ich weiß nicht, wie viel du eben mitbekommen hast, aber sie haben dir Schmerzmittel gegeben, die auch müde machen, also wenn wir gehen sollen, weil du dich ausruhen willst, sag es ruhig.", mein Vater versucht stark und vorbildlich zu wirken, kann sich dann aber doch nicht zurückhalten, nimmt Jons Gesicht zwischen seine Hände und legt seine Stirn auf Jons. "Du lebst und wirst gesund.", sagt er fassungslos und kämpft mit den Tränen. Ich stehe auf und lege meine Hand auf Papas Schulter. Ich sehe, dass Jon lächelt. "Ich war nie tot, Papa.", sagt er. Mein Vater schluchzt und ich sehe, wie Jon vergeblich versucht Tränen wegzublinzeln. Wir bleiben noch eine Weile bei ihm, bis er eingeschlafen ist und verlassen dann das Krankenhaus. Mir fällt auf, dass er kein einziges Mal nach Mama gefragt hat. Zuhause angekommen wollen wir ihr erzählen, dass Jon wach ist, aber sie lässt uns gar nicht zu Wort kommen. "Hey ihr zwei. Ich habe eben was gefunden, ich kann morgen schon fahren, für eine Woche Kururlaub! Das ist so toll! Aber jetzt muss ich schnell nachschauen, ob ich noch was dafür brauche.", sagt sie strahlend. Mein Vater und ich sind geschockt. "Willst du gar nicht wissen, wie es im Krankenhaus gewesen ist?", fragt mein Vater, als meine Mutter an uns vorbeirauschen will. Sie bleibt kurz stehen. "Ich kanns mir denken, alles unverändert.", sagt sie. Mein Vater schaut sie fassungslos an. "Kannst du an nichts Anderes, als an dich selbst denken? Unser Sohn liegt im Koma und du interessierst dich nicht für ihn, kein Stück! Nur für dich und deinen Scheiß Urlaub! Wenn ihm jetzt etwas passieren würde?", schreit er. Meine Mutter sieht ihn erschrocken an. "Natürlich interessiere ich mich für Jonah, aber seit Tagen hat sich nichts getan.", erwidert sie und versucht ruhig zu bleiben. "Aber anstatt mitzukommen und mal nach ihm zu sehen telefonierst du lieber um die halbe Welt, um deine beschissene Kur zu machen. Weißt du was? Wenn du eh schon weg von hier bist, kannst du auch gleich länger als eine Woche bleiben, so eine Mutter kann unser Sohn nicht gebrauchen! Hinter mir ist die Tür, also pack deine Sachen, fahr in deine tolle Kur und komm erst wieder wenn ich tot bin!", mein Vater brüllt und in seinen Augen stehen Tränen. In meinen auch. Meine Mutter steht nur da, schaut meinen Vater fassungslos an und geht ins Schlafzimmer. Mein Vater lehnt sich gegen die Haustür und vergräbt sein Gesicht in seinen Händen. Leise fängt er an zu schluchzen und ich würde am liebsten auch weinen, aber ich beschliesse jetzt für ihn da zu sein, wie er es für mich war. Ich schließe ihn in die Arme und mein Vater weint sich an meiner Schulter aus. Ich kann ihm nicht böse sein, ich verstehe seine Reaktion, ich bin auch sauer. Vielleicht hätte ich meine Mutter nicht rausgeschmissen, aber sicher bin ich mir da nicht. Wir gehen ins Esszimmer und ich mache meinem Vater einen Kaffee. "Wie sollen wir es Jonah sagen?", fragt er. "Ich glaube, er hat es schon im Gefühl.. Er hat doch heute kein einziges Mal nach ihr gefragt. Vielleicht vertragt ihr euch wieder, vielleicht braucht ihr eine... Pause oder so... Keine Ahnung, aber wie kriegen das hin, ok?", spreche ich meinem Vater zu. Das Häufchen Elend nickt und ich stelle ihm den Kaffee vor die Nase. "Danke Schatz... Wärst du so lieb, mich allein zu lassen? Ich will nachdenken." Ich nicke. Wäre das ein Film, würde jetzt traurige Musik kommen und man würde mich sehen, wie ich meinen Vater zurücklasse. Ich würde am Schlafzimmer vorbei gehen und meine Mutter sehen, wie sie weinend zwischen einem Koffer und ihren Sachen auf dem Bett sitzt, würde mich aber nicht trauen, zu ihr zu gehen. Dann würde ich in mein Zimmer gehen, endlich anfangen können zu weinen, Hanna anrufen und ihr unter Tränen alles erzählen. Zwar ist mein Leben kein Film und doch ist es exakt so, wie ich es gerade beschrieben habe, nur ohne die Musik. Hanna hört mir zu, tröstet mich, spricht mir zu, wie ich meinem Vater vorhin. Als wir auflegen habe ich mich ein wenig beruhigt und wage mich aus meinem Zimmer. Vorsichtig gucke ich ins Schlafzimmer, wo meine Mutter zwar noch weint, aber dabei ist den Großteil ihrer Sachen im Koffer zu verstauen. Ich lehne mich an den Türrahmen. "Mama?", frage ich vorsichtig. Auch wenn ich sauer auf sie bin, ist sie immer noch meine Mutter und ich würde mich selber hassen, wenn ich nicht mit ihr redete. Sie blickt auf und lächelt mich schwach an. Dann wendet sie sich wieder ihren Sachen zu. "Willst du mir auch sagen, wie sehr du mich hasst?", fragt sie. "Ich hasse dich nicht. Es ist nicht toll, was du machst, aber du bist meine Mutter!", erwidere ich, bewege mich jedoch nicht vom Türrahmen weg. "Jaja, und so eine schlechte furchtbare Rabenmutter, dein Vater hat Recht." Sie hält inne und sieht mich an. "Ich werde gleich einfach gehen, zu meinen Eltern fahren und von dort aus zur Kur und danach mal sehen. Aber wer so eine Mutter ist, hat es nicht anders verdient, nicht wahr?", sie packt weiter und ich bin unfähig etwas zu sagen. In meinem Hals bildet sich ein Kloß und ich muss Tränen unterdrücken. Ich schaue ihr dabei zu, wie sie ihren Koffer zu macht und dann auf den Schrank deutet. "Ich hol den Rest irgendwann ab und bringe ihn dahin wo ich dann vielleicht wohne. Falls dein Vater die Sachen nicht im Waschbecken verbrennt oder so." "Nee, ich pass drauf auf..", sage ich leise. Sie geht an mir vorbei und zur Haustür, wo sie ihren Koffer abstellt und sich seufzend drauf setzt. Ich gehe ins Esszimmer und als ich meinen Vater da nicht finde gehe ich ins Wohnzimmer. "Paps? Ich glaub Mama fährt jetzt. Willst du ihr nicht wenigstens Tschüss sagen?", füge ich hinzu, als er mich nur ansieht. Er steht auf und wir gehen zur Haustür. "So, ich bin dann weg. Bis irgendwann vielleicht.", sagt meine Mutter mit Tränen in den Augen. Mein Vater nickt nur, auch er muss sich die Tränen verkneifen. Es tut weh, meine Eltern so zu sehen und ich umarme meine Mutter. Denn auch wenn sie Scheiße gebaut hat, habe ich ihr viel zu verdanken. "Meld dich mal, ja? Und grüß Oma und Opa. Ich werd dich vermissen.", flüstere ich ihr zu und kann die Tränen nicht länger zurückhalten. Meine Mutter erwidert meine Umarmung und drückt mich fest an sich. "Danke Elli. Mach... mach ich.", schluchzt sie. Ich vergrabe mein Gesicht auf ihrer Schulter und schnappe nach Luft. Wir lösen uns von einander und sie lächelt mich unter Tränen an. Leicht lächle ich zurück, dann ist sie aus der Tür und ich liege meinem Vater in den Armen. "Papa, jetzt ist sie weg! Ganz weg.", sage ich und mein er streicht über meinen Rücken. "Ich weiß, Liebes, ich weiß.", ich höre, dass auch er mit den Tränen zu kämpfen hat. Und erst in dem Moment wird mir klar, dass mein Vater sich indirekt von meiner Mutter getrennt und sie rausgeschmissen hat. Und ich habe das Gefühl, ihm geht es gerade genau so.
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[ XIV ] 28.o4.2o12
"Und du bist sicher, dass ich nicht vorbei kommen soll?", fragt Janek. Ich habe mich beruhigt und ihn dann angerufen. "Ja! Nein! Weiß nicht...", antworte ich. "Es ist unpassend dich wegen Campen zu fragen oder?" "Eigentlich schon, aber du musst das ja wissen, warte kurz.", sage ich und gehe ins Wohnzimmer zu meinem Vater. "Papa, also.. ich will dich nicht allein lassen oder so und ich will nicht, dass du denkst ich handle wie Mama und wenn ich hier bleiben soll sags ruhig.", beginne ich. "Was ist denn Schatz?", fragt er. "Janek hat mich gefragt ob ich mit ihm und ein paar Freunden Zelten fahre.. Ab morgen." "Mach ruhig, ich komme schon zurecht hier. Ist wirklich okay. Weißt du wo es hingeht?" Ich schüttle den Kopf. "Überraschung." Mein Vater nickt bestätigend und ich vergewissere mich mit einem Blick, dass es wirklich okay ist, dann gehe ich wieder in mein Zimmer. "Mein Papa hat ja gesagt.", sage ich zu Jan. "Ehrlich? Das ist schön. Wann soll ich dich morgen holen?" "Mir egal, wann du willst." "Willst du nicht vorher noch zu Jonah?" "Da kannst du doch mit, oder hast du Schiss?", frage ich grinsend. "Ich Schiss? Nee wieso?", antwortet er. "Stimmt, Jon ist eindeutig wehrloser als du.", sage ich und Jan lacht kurz. "Weißt du was?", fragt er ernst. "Nein, was?" "Ich komm jetzt vorbei!", sagt er laut und noch bevor ich reagieren kann, hat er aufgelegt. Ich schüttle den Kopf und mache ein bisschen Ordnung in meinem Zimmer. Als es an der Tür klingelt rufe ich meinem Vater zu, dass ich auf mache und öffne Janek die Tür. Er will mir einen Kuss geben, aber ich gehe grinsend einen Schritt zurück. Jan geht einen Schritt auf mich zu und ich schließe die Tür hinter ihm. Dann gehe ich in mein Zimmer, ohne mit ihm zu reden. Er folgt mir und schließt meine Zimmertür hinter sich. Ich drehe ihm gerade den Rücken zu, weil ich die Vorhänge vor dem großen Fenster zuziehe. Jan legt von hinten die Arme um meinen Bauch und küsst meinen Nacken, so dass ich Gänsehaut bekomme. Ich drehe mich in seinen Armen um und lehne meinen Kopf an seine Brust. Er drückt mich sanft von sich weg und legt seine Lippen auf meine. Doch dieses Glücksgefühl bleibt aus und ich drehe meinen Kopf weg. Jan seufzt und setzt sich auf meinen Schreibtischstuhl. "Tschuldige.", murmle ich und lehne mich gegen den Schreibtisch. "Aber es fühlt sich falsch an, wenn meine Eltern sich gerade so gut wie getrennt haben.", erkläre ich und Jan nickt leicht. "Und wenn dus als Ablenkung siehst?", fragt er. Ich zucke mit den Schultern. "Ich glaub ich muss erstmal drüber schlafen, morgen gehts mir wahrscheinlich besser." Jan nickt erneut. "Dann kann ich ja wieder gehen.", sagt er und ich sehe ihn fassungslos an. "Keine Sorge, das war nicht ernst gemeint.", versucht er mich zu beruhigen. Ich schnaube nur, gehe zu meinem Bett und lasse mich drauf fallen. "Ich bin müde.", jammer ich und drehe mich von ihm weg auf die Seite. Ich höre wie Jan aufsteht und spüre dann, wie er sich neben mich legt. Ich schließe die Augen und Jan legt seine Hand auf meine Hüfte. So schlafe ich ein und erstaunlich ruhig noch dazu.
Als ich am nächsten Morgen aufwache liege ich unter meiner Bettdecke und sehe, als ich auf mein Handy gucke, dass ich eine SMS habe. Von Jan: 'Du bist eingeschlafen und ich bin dann gegangen. Ich hol dich gegen Mittag ab.' Ich lächle, stehe auf und mache mich fertig. Dann packe ich ein paar Sachen, die ich brauche und gehe dann in die Küche, wo mein Vater am Tisch sitzt. Er sieht nicht mehr so schlimm aus wie gestern, aber glücklich ist was Anderes. "Morgen Papa. Janek holt mich irgendwann heut Mittag ab.", begrüße ich ihn und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. "Morgen, ist gut.", antwortet er nur. Ich esse schnell etwas und stelle dann meine Sachen in den Flur. Dann klingelt auch Jan schon. Ich gebe ihm einen schnellen Kuss und gehe dann zu meinem Vater. "Ich bin jetzt weg.", sage ich. Mein Vater steht auf und nimmt mich in die Arme. "Viel Spaß und ruf mal an oder so. Und grüß Jon von mir." "Mach ich! Tschüss Papa.", damit lösen wir uns voneinander und nachdem er mir einen Kuss auf die Stirn gegeben hat fahre ich mit Jan zum Krankenhaus. Auf dem Weg zu Jonahs Zimmer erklärt Jan mir, wie es heute weitergeht. Nach dem Krankenhaus fahren wir zu seinem Kumpel und dessen Freundin, die uns dann mit dem Auto mitnehmen. Jonah ist wach und lächelt, als er mich sieht. Vorsichtig versuche ich ihn zu drücken. "Du siehst viel besser aus als gestern, Brüderchen. Wie fühlst du dich?", frage ich. "Mir gehts auch besser. Ich würde am liebsten nach Hause, aber naja.." Du willst bestimmt nicht nach Hause, denke ich mir aber spreche es nicht aus. Mein Bruder wirft Jan einen überraschten Blick zu. "Erinnerst du dich noch an Janek?", frage ich und Jan tritt neben mich, während er mir den Arm um die Hüfte legt. Jonah beäugt Jans Hand auf meiner Hüfte und lächelt ihn dann an. "Ja, da ist so etwas wie Erinnerung vorhanden.", sagt er. "Ich bin ab heute drei Tage mit Jan und ein paar anderen Zelten, also musst du wohl mit Papa vorlieb nehmen.", erkläre ich und Jon zieht vielsagend die Augenbrauen hoch. Ich muss grinsen. "Blödmann.", sage ich. "Ich wollte dir eh nur Tschüss sagen.", ich strecke ihm die Zunge raus. Dann umarme ich meinen Bruder mehr oder weniger und gebe ihm einen Kuss auf die Stirn. "Dann viel Spaß, kleine Elster.", sagt er. Ich löse mich von ihm und Jan und ich verlassen das Zimmer. "Wie er mich angeguckt hat.", sagt Janek und klingt leicht angewidert. "Ey! Er hat geguckt, wie ein Bruder in so einer Situation gucken würde. Und pass auf, im Gegensatz zu ihm ziehst du eindeutig den Kürzeren!", ich knuffe Jan in die Seite und er legt seinen Arm um meine Schultern. "Drei Tage, wir zwei, ein Zelt. Das wird klasse.", sagt er lächelnd. "Naja, es sind ja auch noch andere dabei. Aber ja, es wird wunderschön.", sage ich und ignoriere seine Anspielung auf ein Zelt gekonnt. Wir setzen uns auf seinen Roller und fahren zu seinem Kumpel. Wir sind geschätzt eine dreiviertel Stunde unterwegs. Nachdem Jan geklingelt hat öffnet ein gutaussehender Kerl mit etwas längeren dunkelblonden Haaren und dunklen Augen die Tür. "Da seid ihr ja schon. Alles fit, Jan?", begrüßt er Jan. "Hi Max, ich freu mich auch dich zu sehen. Ist Lynn drinnen?", antwortet er. Max nickt und lässt Jan vorbei. Ich stehe immer noch vor der Tür und starre ihn an. "Und du bist... Liz, richtig?", wendet sich Max mir zu. Ich nicke schnell. "Äh, ja. Hi.", sage ich verlegen. "Komm doch rein.", zwinkert er mir zu. "Ja...Danke.", antworte ich total blöd und gehe schnell an ihm vorbei in eine kleine Diele. Diese durchquere ich langsam und sehe dann links ein Wohnzimmer, wo Jan steht und gerade ein Mädchen mit dunklen gelockten Haaren umarmt. Bei dem Anblick stellen sich mir die Nackenhaare auf, aber ich versuche mir das nicht ansehen zu lassen. Das gelingt mir wohl nicht so ganz, denn als das Mädchen, vermutlich Lynn, mich entdeckt löst sie sich schnell von Jan und kommt auf mich zu. Sie ist wunderschön und ich bin überwältigt von der Freundlichkeit, die in ihrer Stimme liegt. "Hey, ich bin Lynn.", sie lächelt mich an und hält mir die Hand hin. Ich schüttle diese. "Liz.", sage ich nur und versuche zurückzulächeln. Wir setzen uns zusammen ins Wohnzimmer und die drei unterhalten sich prächtig. Doch obwohl ich mitlache komme ich mir total fehl am Platz vor, das ändert auch die Tatsache, dass Jan die ganze Zeit meine Hand hält, nicht. Schließlich beladen wir das Auto und machen uns auf den Weg. Lynn bestand darauf zu fahren und Jan hat sich auf den Beifahrersitz gesetzt. Also sitze ich mit Max hinten und beäuge die beiden misstrauisch. "He, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, mach ich auch nicht. Die zwei verstehen sich einfach nur so, als würden sie sich schon ewig kennen.", sagt Max aufmunternd und knufft mich in die Seite. Ich lächle ihn an und nicke halbherzig aber trotzdem gefällt mir die Sache nicht. "Wirklich. Das war mit den Anderen auch kein Problem.", redet Max weiter. Ich stutze, wende meinen Blick jedoch nicht von Jan ab. "Den Anderen?", frage ich. "Hab ich den Anderen gesagt? Ich meinter der... der Anderen, seiner Ex... Oh Mist, hab ich was Falsches gesagt?" Obwohl ich damit hatte rechnen müssen, dass Jan vor mir Freundinnen gehabt hatte, schockt es mich trotzdem. Zumal wir eigentlich noch immer nicht geklärt hatten, ob wir zusammen sind. Da fällt mir etwas ein. "Nein nein, alles okay.", lüge ich. "Sag mal, weißt du, ob er sie gefragt hat? Also ob sie zusammen sind?", fahre ich fort. "Äh, keine Ahnung, glaub schon.. Wieso?", antwortet Max. Ich schlucke einen Kloß runter und schüttle den Kopf. "Ist egal, ehrlich.", sage ich und lehne meinen Kopf gegen das Fenster. Den Rest der Fahrt schweige ich, während die anderen drei sich unterhalten. Max wirft mir immer wieder besorgte Blicke zu, aber ich ignoriere sie entweder, oder ich bedeute ihm, dass alles okay ist. Nach über vier Stunden Fahrt fahren wir auf einen Vorhof und steigen aus. Die Haustür öffnet sich und ein Junge mit kurzen dunklen Haaren steigt aus. Er begrüßt die Jungs und Lynn und kommt dann zu mir. "Liz.", sage ich und lächle ihn an. "Finn, sehr erfreut.", erwidert er ebenfalls lächelnd. Dann kommt ein Mädchen mit hellbraunen kurzen Haaren auf den Hof, die die drei Anderen begrüßt und mich herablassend mustert. "Hi, ich bin Jule.", sagt sie in schnippischem Ton zu mir. "Äh hey, Liz.", sage ich. "Julchen sei mal ein bisschen freundlicher!", sagt Finn und legt seinen Arm um seine Freundin. Diese lächelt ihn nur an, geht aber nicht weiter auf das ein, was er gesagt hat. Finn verschwindet kurz und kommt dann mit einem alten VW-Bus um die Ecke gefahren. Wir laden unsere Sachen um, packen Zelte und anderes Campingzeug dazu und steigen ein. Finn fährt und Lynn setzt sich nach vorne zu ihm. Jan setzt sich neben Max und Jule muss neben mich, worüber wir glaube ich beide gleich unerfreut sind. Zum Glück fahren wir nur etwa zehn Minuten und parken dann auf einem großen Wanderparkplatz. "So, alle mit anpacken.", ruft Max und beladen mit unseren Sachen laufen wir durch den angerenzenden Wald, bis wir eine schöne Lichtung nahe eines kleinen Flusses finden. Wir bauen die Zelte auf und dann ist jedes Paar für etwas anderes verantwortlich. Jan und ich sollen gucken, ob wir die Quelle des Flusses finden und ob das Wasser sauber ist. Er nimmt meine Hand und wir gehen den Fluss entlang. "Du bist so still.", sagt er. Ich nicke nur. "Und wollten wir nicht aus diesen drei Tagen was tolles machen?", fragt er. Ich nicke wieder. Wir gehen schweigend weiter, bis wir tatsächlich die Quelle finden. Sie ist hoch gelegen, etwa acht Meter hoch und so entsteht ein Wasserfall. Wir klettern den Berg hoch und immer wenn Jan mir helfen will verweigere ich seine Hand. "Liz, hör auf mit dem Scheiß!", sagt er leicht gereizt. "Welchem Scheiß?", frage ich genervt. "Du bist den ganzen Tag schlecht drauf, sagst kein Wort.", wirft er mir vor. "Nein nicht den ganzen Tag. Bis wir bei Max und Lynn waren, war ich noch super drauf!", fahre ich ihn an. "Oh achso, und wieso ist Madame dann jetzt nicht mehr so super drauf?" "Das fragst du noch." "Ja, tue ich. Also?" Ich schnaube. "Ach warte, vielleicht weil du Lynn doch am liebsten abknutschen würdest. Ich bin ja nicht blind.", zicke ich. Jan lacht ironisch auf. "Ha, gehts noch? Lynn und ich sind nur gute Freunde, weil wir uns jetzt schon lange kennen. Falls es dir entgangen ist, ist sie mit Max zusammen!" "Nein, das hab ich schon bemerkt! Ich hab auch mitbekommen, dass Finn und Jule ZUSAMMEN sind! Und auch, dass deine etlichen Verflossenen, mit denen du ZUSAMMEN warst, kein Problem mit dir und Lynn hatten! Sie ist ja mit Max ZUSAMMEN, so richtig ZUSAMMEN!", schreie ich. "Worauf willst du eigentlich hinaus? Hast du ein Problem damit, dass du nicht meine erste Freundin bist oder was?!", schreit Janek zurück. "Ach, du kannst mich mal!" Damit drehe ich mich rum und springe, übermütig vor lauter Wut, am Wasserfall entlang und unten in den Fluss, von dem ich keine Ahnung habe, wie tief er ist. Das kühle Wasser tut meinem überhitzten Gemüt gut. Ich tauche gerade auf, da höre ich ein Platsch neben mir. Jan erreicht gleichzeitig mit mir die Wasseroberfläche. "Spinnst du?! Hier einfach runterspringen, dir hätte sonst was passieren können!", fährt Jan mich an. "Pf, kann dir doch egal sein, was mit deinem Objekt passiert!", fauche ich. "Was soll das denn bitte heißen?" "Wir machen rum, wir schlafen fast miteinander, ich habe das Gefühl, das Einzige was du an mir magst, ist mich küssen zu können!" "Und wie kommst du bitte auf den Scheiß?!" "Ach vielleicht, weil wir uns nur küssen, du mir eigentlich nie sagst, dass du mich liebst und ich nichtmal weiß, ob wir zusammen sind!", schreie ich. Jan will gegen mich anschreien, aber ich schreie ihn weiter an. So kann ich nicht verstehen, was er sagt und irgendwann weiß ich auch nciht mehr, was ich ihm an den Kopf werfe. Wir schwimmen auf der Stelle, klitschnass und schreien uns an. Bis ich auf einmal nicht mehr schreien kann, weil etwas meinen Lippen die Bewegungsfreiheit nimmt. Dann fällt mir auf, dass es Jans Lippen sind, die auf meinen liegen. Eindringlich aber beschwichtigend presst er sie auf meine und ich reiße die Augen auf. Er legt seine Hände um meine Hüfte und zieht mich an sich. Ich bin wie betäubt und lass es zu. Dann scheinen sich meine Lippen von ganz alleine zu öffnen, als sie Jans Zunge spüren. Der Kuss ist voller Leidenschaft und Liebe und ich bin überwältigt. Jan schwimmt zum Ufer und schiebt mich vor sich her, ohne seine Lippen von meinen zu lösen. Am Ufer angekommen drückt er mich dagegen. Ich vergesse den Streit und mir wird abwechselnd heiß und kalt. Meine Haut kribbelt und ich kann nicht klar denken. Ich verschränke meine Beine hinter Jans Rücken und seine Hände wandern von meiner Hüfte ein Stück hoch und wieder runter. Ich verschränke meine Hände in seinem Nacken und gebe mich dem Kuss, der immer leidenschaftlicher wird hin. Auf einmal laufen mir Tränen über die Wangen und geben dem Kuss einen salzigen Geschmack.
Als sich Jan irgendwann von mir löst, sind wir beide außer Atem und er sieht mir in die Augen. Er streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ich liebe dich. Ich kann dir nicht zeigen, wie sehr. So sehr liebe ich dich, Liz. Und deswegen frage ich dich jetzt, ob du ganz fest und ganz offiziel mit mir zusammen sein willst.", haucht er. Ich bekomme Gänsehaut und mein Herz macht einen Satz. "Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich!", sage ich schnell hintereinander und gebe Jan einen Kuss. "Das nehm ich mal als Ja.", schließt er und ich nicke. Dann küsst er mich erneut. So leidenschaftlich und verlangend, dass mir der Atem weg bleibt und ich irgendwann genauso verlangend fühle wie er. Ich löse meine Beinklammer und er presst seinen Körper gegen meinen. Meine Hüfte beginnt leicht zu kreisen und seine Hände rutschen auf meinen Po, wo er sich der Bewegung anpasst. Meine Hände fahren seinen Oberkörper herunter und halten an seiner Hose an. Als er sie weiterführen will, beende ich die Sache. Mich durchfährt ein Schauer von Lust und es fällt mir schwer vor Verlangen nach Jan nicht zu zittern. Jan geht es ähnlich, er konzentriert sich darauf nicht über mich her zu fallen. Schnell hieve ich mich aus dem Wasser und setze mich an Land. Jan tut es mir gleich und setzt sich neben mich. Ich versuche gleichmäßig zu atmen, damit ich nicht mehr nach Luft schnappen muss und habe meine Atmung schnell wieder im Griff. Mein Freund nimmt meine Hand und gibt mir einen Kuss auf die Wange. "Alles gut?", fragt er und ich nicke. Jan steht auf und zieht mich hoch, dann gehen wir zurück und überprüfen zwischendurch die Sauberkeit des Wassers.
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[ XV ] o1.o5.2o12
Nach einigen Minuten sind wir wieder am Zeltplatz, wo Lynn und Max eine kleine Feuerstelle vorbereitet haben. "Also nicht, dass ich was gegen Campen hab, aber nicht mal nen Campingkocher oder so?", frage ich überrascht. Lynn lacht leise und Max zwinkert mir zu. "Herzlich Willkommen im Dschungel-Camp, ich hoffe ihr habt euer Niveau schön zu Hause gelassen!", ruft Finn uns zu, der mit Jule aus der anderen Richtung des Waldes kommt. Er hat einen großen Beutel um die Schultern gehängt. Ich weiß nicht, was die beiden machen sollten, weil Jan direkt mit mir los wollte. "Und, wie siehts aus mit dem Wasser?", fragt Lynn. "Ein paar Minuten den Fluss hoch ist die Quelle und das Wasser ist ziemlich sauber, sollte trinkbar sein.", berichtet Jan und Lynn nickt. Finn wirft den Beutel in sein und Jules Zelt und mir fällt auf, dass ich Hunger habe. Ich zupfe an Jans Ärmel und er guckt fragend zu mir runter. "Was ist eigentlich mit Essen?", frage ich leise, glaube trotzdem Jule zu hören, die leise höhnisch lacht. "Da mach dir mal keine Sorgen drum, das regeln wir.", sagt er. "Und wann essen wir was?", hake ich nach. "Ich mach was, kümmert ihr euch um eure Schlafsachen und so.", sagt Max schnell und lächelt mir zu. Ich nicke und gehe mit Jan zusammen in unser Zelt. Wir legen die Isomatten aus und darauf unsere Schlafsäcke. "Ich glaube Jule wird meine neue beste Freundin.", sage ich und Jan lacht, während wir uns auf unsere Betten setzen. "Ist doch so. Wir lieben uns abgöttisch, noch nicht gemerkt?" "Ach, mach dir nichts draus.. Sie ist immer so zu Leuten die sie nicht kennt, sie ist halt nicht die Person, die allen direkt vertraut.", versucht Jan mich zu beschwichtigen und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Ich lehne mich an ihn und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Jan legt seinen Arm um meine Hüfte und ich schließe die Augen. Ich atme tief durch und genieße seine Nähe und seinen Geruch in meiner Nase, bis Max gegen unser Zelt klopft und sagt, dass das Essen fertig ist. Ich greife nach Janeks Hand und verlasse mit ihm das Zelt. Um die Feuerstelle herum stehen sechs Teller auf denen je ein Stück Fleisch, ein paar Beeren und Kräuter oder sowas liegen. Ich setze mich neben Max und Jan setzt sich neben mich. Skeptisch betrachte ich den Teller. "Beeren? Wart ihr die etwa pflücken? Hallo, wie Survival ist das denn?", frage ich belustigt. Max grinst. "Als wir das erste Mal zusammen Zelten waren, haben wir vergessen etwas anderes als Grillfleisch einzupacken und mussten dann selber für Gesundes sorgen, was dann zur Tradition geworden ist.", erklärt er. Ich nicke bestätigend und will mein Fleisch essen, als mir auffällt, dass ich kein Besteck habe. Schon hält Finn mir welches unter die Nase. Ich drehe meinen Kopf und lächle ihm dankbar zu. Dann beginne ich zu essen und der Rest tut es mir nach. Ich kann das Fleisch nicht zuordnen, es schmeckt herber als Rind oder Schwein, aber ich kann nicht sagen was es ist. Die Beeren kann ich jedoch als Preiselbeeren identifizieren und das Grünzeug schmeckt wie Salat. Als ich fertig bin, stelle ich den Teller hin und werfe Max einen zufriedenen Blick zu. "Meine Fresse war das lecker. Ähm, aber was war das für Fleisch?", frage ich und sehe im Augenwinkel, wie Jule die Augen verdreht. "Danke, sag ich dir, wenn wir wieder zuhause sind.", zwinkert Max. Ich boxe ihm gegen die Schulter. "Blödmann!" Als alle fertig sind melden Max und ich uns freiwillig zum Abwaschen. Wir gehen zum Fluss und beginnen zu spülen. Ich will gerade mit Max ein Gespräch anfangen, da höre ich Jules Stimme. "Wie bist du nur auf die Idee gekommen sie mitzunehmen?! Sie schränkt uns nur ein!", fährt sie jemanden an. Als Jan ihr antwortet muss ich genau hinhören, um ihn zu verstehen, denn er schreit nicht so. "Jule beruhige dich, ich weiß, was ich tue. Ich kann sie ja nicht ewig von euch fernhalten." "Aber du musst sie doch nicht direkt mit zum Campen nehmen! Ist dir klar, wie gefährlich das ist?", fährt Jule fort. Dann ertönt Finns Stimme. "Hey Schatz, reg dich nicht auf. Schlau war es nicht von Jan, aber es ist auch nicht schlau hier so zu schreien, sie könnte es hören." "Ach jetzt fällst du mir in den Rücken?" "Jule, er hat doch gesagt, er findet Jans Entscheidung auch nicht gut, aber jetzt können wir es nicht ändern und sollten das Beste draus machen, also reiß dich zusammen.", Lynn meldet sich zu Wort. "Wehe die macht uns Schwierigkeiten Janek, dann kannst du was erleben!", zischt Jule. Ich höre wie sie weggeht und Jan, Lynn und Finn sich danach leise unterhalten, sodass ich nichts mehr verstehe. Ich blicke rüber zu Max, der so tut, als habe er den Streit nicht gehört, jedoch kaufe ich ihm das nicht ab. Als er meinen Blick bemerkt, lächelt er mir zu und ich lächle zurück. Wir gehen zurück zu den Zelten und räumen das Geschirr weg. Lynn, Finn und Jan machen gerade ein Lagerfeuer und Max und ich setzen uns dazu. Als das Feuer brennt geht Finn sich auf die Suche nach Jule machen und ich beschließe, den Streit nicht zu erwähnen. Wir sitzen zusammen am Feuer und Lynn, die auf Max' Schoß sitzt, worum ich sie fast ein wenig beneide, erzählt lachend peinliche Geschichten von Jan. Ich stimme in ihr Lachen mit ein und knuffe Jan ab und zu in die Seite. Nach ein paar Geschichten kommen Jule und Finn zurück. Die beiden setzen sich zu uns und Jule sieht immer noch genervt aus. Finn stimmt in unser Lachen mit ein und erzählt ebensfalls Geschichten, allerdings nicht nur über Jan. "Sagt mal, wie lange kennt ihr euch schon?", frage ich irgendwann. Es ist dunkel geworden und ich kuschle mich dicht an meinen Freund. "Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit.", sagt Lynn und lächelt Jan ein wenig verträumt an. Ich gebe mich mit der Antwort zufrieden und wir sitzen noch ein wenig zusammen, bis ich müde werde. "Jan, ich bin müde, ich geh schlafen.", will ich mich von ihm verabschieden. "Ich komm mit.", sagt er und zieht mich hoch. Ich zucke die Schultern. "Gute Nacht, bis morgen.", sage ich zu den Anderen und gehe mit Jan in unser Zelt. Ich suche Schlafklamotten raus und will mich umziehen, als mir Jan auffällt, der mich anstarrt. "Hallo?! Frau will sich umziehen.", sage ich lächelnd. "Ja, mach ruhig.", entgegnet er mir frech. "Jan!", sage ich empört. Langsam dreht er sich weg und ich beginne mich umzuziehen. Als ich fertig bin krabbel ich hinter Jan und lege meine Arme um seinen Bauch. "Ist Madame jetzt fertig?", fragt er. "Ja.", antworte ich, lasse von ihm ab und lege mich in meinen Schlafsack. Jan zieht sein Oberteil und seine Jeans aus, ich beobachte ihn aufmerksam. Dann küsst er mich und legt sich in seinen Schlafsack. Ich lächle ihn an und schließe die Augen um zu schlafen. Mir fällt auf, dass es ziemlich kalt ist und ich beginne leicht zu frösteln. "Dir ist kalt?", fragt Jan und ich nicke. Er öffnet erst seinen, dann meinen Schlafsack, zieht mich eng an sich und schließt seinen wieder. Ich kuschel mich so eng an ihn, wie nur möglich und genieße seine Wärme. "Besser?", fragt er, aber noch bevor ich antworten kann, bin ich eingeschlafen.
"Hallo, ich soll euch weck... Ähm ja, herzallerliebst. Steht auf!", werde ich von Jules Stimme wach und kann gerade so erkennen, wie sie Jan und mir einen herablassenden Blick zuwirft. Dann geht sie weg und ich blicke hoch zu Jan, der mir einen Kuss auf die Stirn drückt. "Ich sags ja; beste Freundinnen.", sage ich und will mich aus Janeks Schlafsack rauswuseln, da schnellen seine Arme um meinen Bauch und ziehen mich unsanft zurück. "Ah!", quieke ich erschrocken. "Keinen richtigen Kuss?", fragt er. Ich drehe mich zu ihm und lege meine Lippen auf seine. Als Jan seine Lippen öffnen will, lasse ich von ihm ab. "So genug geküsst, steh auf.", sage ich und verlasse das Zelt. "Morgen Liz, Kaffee?", fragt Lynn, die am Feuer sitzt und Kaffee kocht. Ich muss schmunzeln. "Ja, bitte." Sie gibt mir eine Tasse und ich setze mich neben sie. Ich nehme einen Schluck Kaffee und stelle die Tasse ab. "Morgen!", ertönt Max' Stimme direkt an meinem Ohr und ich schreie auf. Max lacht und fasst mich an den Schultern. "Guten Morgen! Wäre nett, wenn du mich nicht nochmal fast umbringen würdest!", antworte ich ihm, muss aber in sein Lachen einstimmen. Jan verlässt unser Zelt und sieht Max und mich skeptisch an, schon fast eifersüchtig. "Guten Morgen.", sagt er und setzt sich neben mich. Finn und Jule kommen aus ihrem Zelt mit einem großen Tablett. "Einen wunderschönen guten Morgen, Brot und Aufschnitt gefällig?", sagt Finn und gesellt sich mit Jule zu uns. Wir beginnen zu Frühstücken und sind so gegen Mittag fertig. Ich gehe etwas weiter flussabwärts Zähne putzen und kehre dann zu Jan zurück. "Wollen wir was durch den Wald laufen?", frage ich ihn und er nickt. Wir lassen Jule und Finn am Lagerfeuer zurück, wo Lynn und Max sind, weiß ich nicht. Wir laufen einfach nur nebeneinander durch den Wald und lachen zusammen, als ich meine, Lynns Stimme wahrzunehmen. Jan scheint sie auch zu hören, er wird unruhig. "Max, das hol ich mir!", ruft Lynn. "Dann musst du schneller sein als ich!", ruft Max zurück. "Schon vergessen, dass ich ein paar Jahrzehnte älter bin, als du, mein Schatz? Das Veih hol ich mir!", Lynns Stimme wird leiser und ich höre schnelle Schritte. Ich sehe mich um, in der Hoffnung, zu sehen, wo die beiden sind, aber ich finde sie nicht. Jan hat die ganze Zeit an meinem Arm gezerrt. Misstrauisch sehe ich ihn an. Lynn ist ein paar Jahrzehnte älter als Max? Das Vieh holt sie sich? Sind sie Jagen? War Finn gestern auch Jagen? Und habe ich das dann gegessen? Was ist hier los? "Janek, was verheimlicht ihr mir?", frage ich scharf. "Nichts, was sollten wir dir verheimlichen?", sagt Jan nervös und will mich weiter ziehen. "Nein, ich bin nicht blöd. Hier ist was faul, ich habs im Gefühl. Wie kann Lynn bitte ein paar Jahrzehnte älter sein als Max? Und was war das mit dem Vieh? Und wieso hat Jule dich gestern so angeschnauzt, dass ich dabei bin? Ihr verheimlicht mir was, aber sowas von! Und Vampire seid ihr ja wohl kaum." "Hör mal, die beiden haben nur gescherzt und Jule hat halt so ihre Probleme die keiner versteht.", versucht Jan sich zu drücken, aber ich reiße mich von ihm los und sehe ihn auffordernd an. "Hör auf Scheiße zu erzählen und sag mal was los ist!" "Du lässt mir keine Wahl. Nein, wir sind keine Vampire. Oh Gott, wenn die Anderen das erfahren, bin ich tot... Wir sind Wandler." Ich ziehe die Augenbrauen hoch. "Wandler?", frage ich. "Ja. Man kann es mit Vampiren vergleichen, denn wir haben auch so Eigenschaften, ausgeprägtere Sinne, erhöhte Schnelligkeit und Kondition, ein ewiges Leben. Und eine optionale Blutlust.", erklärt Jan. Ich lache gekünstelt auf. "Nicht lustig Jan.", sage ich, obwohl ich das Gefühl habe, dass er nicht scherzt. "Das ist mein Ernst." "Und was heißt das, optionale Blutlust?", sage ich und es läuft mir kalt den Rücken runter, bei den ganzen Vampirgeschichten, die man so kennt. "Vergleich es mit Alkohol. Wir können uns entscheiden. Entweder leben wir nach der Blutlust, oder wir entscheiden uns gegen sie. Ab und zu brauchen wir jedoch den ein oder anderen Tropfen. Aber keine Sorge, entweder klauen wir einen Blutbeutel oder jagen ein Tier. Ja, wir sind auch Jäger." "Und wieso heißt ihr dann nicht Vampire?" "Weil wir zwar unendlich leben, aber trotzdem altern können. Oder jünger werden. Wir können also aus einem Leben viele kleine machen." "Das heißt.." "Das heißt, als wir beide klein waren, war ich schon ettliche Male klein. Allerdings können wir im jungen Alter nichts kontrollieren und wissen nur nach Sonnenuntergang, was wir wirklich sind, zur Sicherheit." "Und wieso ich? Wieso bist du ausgerechnet mit mir groß geworden?" "Bevor ich zu dir gezogen bin, habe ich mich umgeschaut, wer bei euch so wohnt, habe euch beobachtet. Und du warst zwar noch winzig, aber irgendwie wollte ich unbedingt zu dir." "Und... und deine Eltern?", frage ich. "Die sind schon eine Weile tot.. Sie waren normal. Ich habe bei Pflegeeltern gelebt. Es gibt wenige Familien, die eingeweiht sind und sich von Generation zu Generation um uns kümmern. Im Gegenzug untersuchen sie uns, um so viel wie möglich über uns heraus zu finden." Jan redet ernst und ich muss mich setzen. "Und wie wird man zu einem Wandler?", frage ich. "Eine Art Gift, das größtenteils aus unserem Blut besteht. Hast du einmal einen Tropfen getrunken, bist du für immer infiziert. Man kann aber nicht selber entscheiden, ob man sich verwandelt, oder wann man das tut. Und wenn man sich verwandelt, ob man das überhaupt überlebt. Die Schmerzen sind unvorstellbar und nicht jeder kann sie ertragen." "Wie alt bist du?" "Um die 800 Jahre.. Lynn und Finn auch ungefähr. Wir haben uns kennengelernt, als wir zum ersten Mal unseren Pflegeeltern zugeteilt worden sind. Max ist etwas mehr als 700 und Jule erst so um die 300. Wir haben uns irgendwann später kennen gelernt. Und Jule ist so ausgerastet, weil sie die Jüngste ist und es noch schwieriger hat als wir. Deswegen kann sie nicht verstehen, wieso ich dich mitgenommen habe. Und sie hatte Recht, ich hätte das nicht tun sollen.." "Doch, das war richtig.. Hättest du mich die ganze Zeit belügen wollen?" "Das wäre am Einfachsten gewesen für dich, und auch für mich." "Und kannst du nicht sowas, wie Gedanken manipulieren oder so?" "Nein, nicht bei jedem, das muss mir quasi erlaubt werden.. ist nicht ganz einfach. Du musst dich mal in meine Lage versetzen.. Nehmen wir mal an, wir bleiben für immer zusammen, ich würde dich überleben.. Ich hätte wenigstens verdrängen können, dass ich nicht normal bin.. So geht das nicht mehr." "Du hättest mich lieber die ganze Zeit belogen?" "Ja." Ich vergrabe das Gesicht in meinen Händen. "Tut mir leid, dass du es so erfahren musst und dass ich so bin.", sagt Jan leise und setzt sich neben mich. "Willst du von mir trinken?", frage ich vorsichtig. Jan seufzt. "Du riechst gut, ja. Aber nach 800 Jahren habe ich mich im Griff, vetrau mir." "Tu ich. Das hab ich immer und das werd ich immer.", ich sehe Jan direkt in die Augen und greife nach seiner Hand. "Gehen wir zurück und lassen mich steinigen?", fragt er. Ich nicke, gebe ihm einen schnellen Kuss und wir gehen zurück zu den Zelten. "Wie war der Spaziergang?", fragt Lynn, die mit Max am Fluss sitzt. Ich schlucke und nehme meinen Mut zusammen, bevor Jan etwas sagen kann und muss. "Aufschlussreich. Und eure Jagd? Wer hat gewonnen?", sage ich, drücke Jans Hand und mache mich auf alles gefasst. Max und Lynn sind sichtlich geschockt. "Was?", fragt Lynn schließlich. Jule kommt zwischen den Zelten hervor. "Na prima Janek, wie hat sie es rausbekommen?", fragt sie schnippisch und sieht mich und Jan böse an. "Er hat es mir gesagt. Wir waren zufällig in Lynns und Max' Nähe und ich hab sie beim Jagen gehört.", antworte ich unsicher. "Ouh na ganz klasse. Und du konntest ihr nicht sagen, dass sie nur gescherzt haben?!", faucht Jule Jan an. Und wenn ich sage faucht, dann meine ich faucht. "Nein konnte ich nicht, weil sie nämlich nicht dumm ist und gestern gehört hat, wie du rumgeschrien hast.", erwidert Jan und versucht ruhig zu bleiben. "Ich wusste es. Du hättest sie nicht mitbringen sollen. Oder sie vorher wenigstens so weit gebracht haben, dass du sie manipulieren kannst, das hast du doch sonst auch immer hinbekommen, du Held!", zickt Jule. Ich bemühe mich die Frage, was genau sie meint, nicht jetzt zu stellen. "Julchen!", ertönt Finns Stimme. "Nenn mich nicht Julchen! Dir war es doch auch klar! Es war euch allen klar, dass das unter den Umständen nicht gut gehen kann! Und ihr habt alle nichts gesagt! Lass mich los!", fährt Jule ihren Freund an, als er sie beschwichtigend am Arm packen will. Ich trete schützend vor Jan, als würde das was bringen. "Na und? Dann weiß ich es jetzt halt, du kannst mir ja die Augen auskratzen oder mir das Genick brechen, dann stelle ich auch keine Gefahr mehr dar, also los!" Max schnellt hoch und steht neben mir, bevor ich gucken kann. Er stellt sich direkt neben mich und legt seine Hand auf meine Schulter. Ich bekomme eine leichte Gänsehaut bei seiner Berührung. "Nein Liz, lass das! Reiz sie nicht." "Wieso? Dann seid ihr alle in Sicherheit und euer Geheimnis kann nicht an die Außenwelt gelangen. Also soll sie doch!" Auf einmal steht Lynn hinter mir und redet leise und beschwichtigend auf Jan ein. Ich drehe mich zu ihnen um. Sie streicht ihm sanft über den Rücken und redet so vertraut mit ihm, dass ich neidisch werde. Ich wende mich wieder Jule zu. "Julia! Du hörst mir jetzt zu! Janek ist einer der Ältesten von uns. Wenn er glaubt, Liz das anvertrauen zu können, wird er seine Gründe dafür haben und dann sollten wir ihm vertrauen. Und Liz lässt du in Ruhe, sie kann am wenigsten dafür. Beruhige dich wieder und denk mal daran, dass wir immer zusammenhalten müssen.", Finn redet beruhigend auf Jule ein, die sich nicht wehrt, als er nach ihrer Hand greift. "Er hätte mit uns reden sollen, bevor er es ihr sagt.", sagt Jule. "Wir waren aber gerade nicht da. Ich hätte genau so gehandelt.", ertönt Max' Stimme neben mir und ich mustere ihn unauffällig. Seine Gesichtszüge wirken angespannt, was ihn noch männlicher und besser aussehen lässt, als eh schon und mir bleibt kurz die Luft weg, als mir klar wird, dass er gerade schützend neben mir steht. "Tut mir leid, dass ich so ein Chaos hier rein bringe. Ich nehm es euch nicht übel, wenn ihr mich jetzt alle hasst.", sage ich leise. Max stellt sich vor mich und legt die andere Hand auf meine andere Schulter. Er beugt sich zu mir runter, sodass unsere Gesichter direkt voreinander sind und mir bleibt erneut die Luft weg. Jan muss das merken, denn ich spüre seinen eifersüchtigen Blick in meinem Nacken. "Liz, dir braucht nichts leid zu tun, du kannst nichts dafür, okay? Geh und ruh dich aus und lass uns das klären.", Max redet so liebevoll mit mir, dass ich den Drang verspüre ihn zu küssen. Ich sehe ihm gerade in die Augen und nicke. "Gut." Max lässt von mir ab und ich drehe mich zu Jan. Ich nehme seine Hände und drücke sie fest. "Bis gleich.", sage ich leise und Jan drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Dann lächle ich Lynn unsicher zu und gehe in Jan und mein Zelt, wo ich mich in seinen Schlafsack lege.
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[ XVI ] o2.o5.2o12
Ich höre die fünf draußen heftig diskutieren und hoffe, dass niemandem etwas passiert. Währenddessen kommen Fragen in mir auf, die ich Jan unbedingt stellen muss. Ich rücke sie in den Hinterkopf und mache mir Gedanken um Max und seine Wirkung auf mich. Okay, er sieht umwerfend aus und ist total lieb aber er ist mit Lynn und ich bin mit Jan zusammen und ich sollte mich nicht so zu ihm hingezogen fühlen, oder ihn küssen wollen. Ich weiß nicht, was mal zwischen Lynn und Jan war, das werde ich ihn fragen, aber ich muss doch nichts mit Max deswegen anfangen oder irgendwen eifersüchtig machen. So zerbreche ich mir den Kopf und warte auf Jan, der nach ein paar Minuten mit einem blauen Auge das Zelt betritt. Sofort rutsche ich auf ihn zu und sehe mir sein Veilchen an. "Was ist passiert?", frage ich besorgt. "Jule hat ihre Kraft noch nicht ganz im Griff, nichts besonderes.", winkt Jan ab. Ich streiche über seine Wangen. "Na gut. Wenn du meinst.", gebe ich nach und lasse von ihm ab. "Jan, kann ich dich was fragen?" Er nickt. "'Türlich." "Du hast ja gesagt, ab und zu braucht ihr Blut, wie oft ist das?" "Immer bei Neumond. Normalerweise haben wir das Zelten auch auf einen Neumond gelegt um dann jagen zu können." "Achso.. Was ich mich auch Frage, habt ihr irgendwelche besonderen Fähigkeiten? Also individuell?", frage ich weiter. "Naja, es gibt verschieden Gruppen, zu denen verschieden Fähigkeiten gehören und die sich an den Elementen Feuer, Erde, Luft und Wasser orientieren. Leute die zum Feuer gehören, haben ein aufbrausendes Temperament und zum Beispiel enorme Kräfte, Jule gehört dazu. Die Gruppe Erde ist sehr ruhig und ausgeglichen, Finn und Lynn gehören dazu. Außerdem haben sie meist Heilkräfte oder etwas in der Art. Max gehört zur Luft, es ist schwer, sagen zu können wie Leute dieser Gruppe ticken. Sie sind mest ziemlich mysteriös und schwerf zu erfassen. Eine Fähigkeit ist, mit Gedanken Dinge zu steuern. Aber nur Dinge, keine Lebewesen. Ich gehöre zum Wasser, im einen Moment kann ich ruhig sein, aber dann voll Kraft und Energie. Meine Fähigkeit besteht darin, Wasser kontrollieren zu können.", sagt Jan und ich höre gebannt zu, um ja nichts zu verpassen. "Wow.. Aber Gedanken könnt ihr alle manipulieren?" "Ja, unter bestimmten Vorraussetzungen. Jule z.B. kann nur Leute manipulieren, die sie nicht ab kann, oder auf die sie momentan wütend ist. Max wiederrum muss die Leute so gut kennen, dass sie Geheimnisse mit ihm teilen. So ist auch das bei jedem unterschiedlich." "Verstehe.. Und du? Was meinte Jule mit dem, was sie eben über dich gesagt hat? Warum du mich wenigstens noch nicht so weit hast, dass du mich manipulieren kannst, das hätte doch sonst auch geklappt?", in meinem Hals bildet sich ein Kloß und ich habe ein bisschen Angst vor seiner Antwort. "Ich muss die Person lieben. Aber nur das reicht nicht immer aus. Meistens funktioniert das erst, nachdem...", Jan weicht meinem Blick aus und schaut auf den Boden. Er zögert, atmet tief durch. In mir wächst eine Vermutung. Er holt tief Luft. "Nachdem ich mit der Person geschlafen habe.", sagt er schnell und mir steigen Tränen in die Augen, meine Vermutung hat sich bewahrheitet. Ich rutsche ein Stück von Jan weg. "Schockt dich das so sehr? Ich lebe seit 800 Jahren, dachtest du ich sei noch Jungfrau?", fragt er, aber ich gehe gar nicht darauf ein. Mir schwirrt nur ein Gedanke durch den Kopf. "Deshalb hast du es direkt versucht. Und gestern hattest du mich auch fast so weit. Ich dachte du würdest mich lieben.", sage ich leise und eine Träne löst sich aus meinem Auge. Jan schüttelt den Kopf. "Nein, nein, nein! So ist das nicht Liz, du musst mir glauben. Ich dachte du würdest mir vertrauen. Ich liebe dich wirklich, das habe ich immer." "Und wieso warst du so ein Arsch, hast dich von mir distanziert?" "Ich hatte Probleme mit der Blutsache. Das kann schon mal vorkommen. Ich wollte dir nur nicht weh tun." Mir schießt ein Name in den Kopf. "Lynn! Sie war bestimmt der Grund." "Nein ich hatte in der Zeit nichts mit ihr.", beteuert er. "Ich wette du kannst es. Du kannst ihre Gedanken manipulieren. Ich wette!" "Nein, Wandler können das untereinander nicht." "Aber wenn sie keine wär, wenn sie so wäre wie ich, dann könntest du es.", sage ich und mehr Tränen laufen meine Wangen hinunter. Jan antwortet mir nicht und das nehme ich als Ja. Ich vergrabe mich in meinem Schlafsack. "Deswegen guckt sie dich so an. Und du sie. Deswegen seid ihr so vertraut miteinander. Und du sagst das wäre nichts." "Da IST nichts! Süße, wir waren jung und alles war so neu. Wir fühlen stärker als normale Menschen und wussten nicht damit umzugehen. Das war nichts richtig ernstes und als sie Max kennen lernte hat sie sich sofort in ihn verliebt." "Das ist mir alles egal, denn es ändert nichts daran, wir ihr miteinander umgeht!", sage ich etwas lauter. "Sagt die, die ganz offensichtlich total auf Max abfährt.", erwidert Janek. "Gehts noch?! Ich kenne ihn kaum und ja, ich finde, dass er gut aussieht, aber ich stehe bestimmt nicht auf ihn. Weil ich nämlich dich liebe.", sage ich und werde wieder etwas ruhiger. Jan dreht sich um und öffnet das Zelt. "Schön, haust du jetzt ab?", frage ich eingeschnappt. "Nein, ich muss an die frische Luft, nachdenken.", damit verlässt er unser Zelt und ich seufze. Ich schließe die Augen, fahre mir durch die Haare und kaue auf meiner Unterlippe. "Das ist nicht gut, mit kaputten Lippen kann man nicht gut küssen.", höre ich auf einmal Max' Stimme. Ich schrecke auf, er sitzt vor meinen Füßen und grinst mich an. "Argh! Du sollst dich nicht immer anschleichen und mich erschrecken!", sage ich und konzentriere mich darauf ruhig zu atmen. Mein Herz rast. "Sorry, aber es macht so Spaß. Die Anderen kann ich nicht erschrecken.", zwinkert er. Ich seufze. "Und hast du das bei Jans ganzen anderen Freundinnen auch gemacht?" "Nein, nur bei denen, die ich mag." "Und das wären?" "Außer dir keine." "Pf, Blödmann.", ich strecke ihm die Zunge raus und lasse mich wieder auf meine Matte fallen. Max legt seine Hände auf meine Beine. "Ihr habt Streit?", fragt er. "Du hast das doch eh alles gehört.", erwidere ich. "Mh stimmt. Und ich kann echt nicht nachvollziehen, dass du nicht auf mich stehst, ich meine auf MICH?! Hallo?" Ich muss lächeln. "Außerdem finde ich, würden wir echt prima zusammenpassen.", fährt er fort. Ich setze mich auf und schaue ihn skeptisch an. "Aha, wieso das?" Auf einmal ist Max nicht mehr vor mir, jetzt spüre ich seine Hände auf meinen Schultern und seinen Atem in meinem Nacken."Weil du so wunderschön bist.", haucht er und mir läuft es kalt den Rücken runter. Mein Herz rast und ich drehe meinen Kopf zur Seite, sodass ich sein Gesicht gerade so in den Augenwinkeln erkennen kann und sich seine Lippen direkt vor meiner Wange befinden. Ich bin unfähig etwas zu sagen. Langsam drehe ich mich zu ihm um und mustere sein Gesicht. In meinem Körper kribbelt es, während mein Blick von seinen Augen zu seinem Mund wandert und wieder zurück. Max' Hände rutschen von meinen Schultern auf meine Arme und mir bleibt die Luft weg. Max neigt seinen Kopf und beugt sich langsam zu mir runter, bis..."Nein. Max.. Ich...was...Nein!", stammele ich, drehe meinen Kopf zur Seite und rutsche von ihm weg. Ich ziehe die Beine an und vergrabe mein Gesicht in ihnen. Ich versuche mich zu beruhigen und wieder klar zu denken, während ich darauf warte, dass Max etwas sagt. Als ich mich wieder gefangen habe und Max immer noch keinen Ton von sich gegeben hat, schaue ich auf, er ist nicht mehr da. Ich rutsche an das eine Ende des Zeltes um sicher zu sein, dass er nicht auf einmal hinter mir auftaucht. Er ist wirklich nicht mehr da, er ist einfach gegangen. Arsch. Dann höre ich draußen seine Stimme. "Jan, sie muss dich wirklich lieben. Verhau's nicht, alter." Ich drehe mich zum Zelteingang und warte darauf, dass Jan rein kommt. "Liz, es tut mir leid.", sagt er. "Mir auch.." "Mit Lynn ist wirklich nichts.. Wir kennen uns nur schon so lange und wir haben viel zusammen durchgestanden." "Ja, schon gut. Das werde ich dir niemals bieten können, aber ich komm schon damit klar.", sage ich lächle schwach. Jan gibt mir einen Kuss. "Ich liebe dich, Liz." "Ich dich auch." "Gehen wir essen?" Ich nicke und wir verlassen das Zelt. Wir setzen uns zu den Anderen und ich vermeide Blickkontakt mit Max, der so tut, als wäre nichts gewesen. Es herrscht allgemein eine eher schlechte Stimmung, wofür ich mir die Schuld gebe. Als alle fertig sind melde ich mich wieder freiwillig für den Abwasch und Max tut es mir nach. Ich sammle das Geschirr von Jan und Finn ein und gehe zum Fluss. Max folgt mir, aber ich ignoriere ihn. Am Fluss knie ich mich hin und fange an zu spülen. "Wieso bist du so ignorant?", fragt Max, nachdem er sich neben mich gekniet hat. "Wieso bist du so feige?", gebe ich zurück. "Kein Wort kam von dir, nein zuerst schleimst du dich ein, dann küsst du mich fast und nachdem du nen Korb bekommst, haust du ab. Arm ist das.", sage ich und lasse vor Schreck fast das Geschirr fallen, weil Jan auf einmal zwischen mir und Max steht. "Was hast du? Sie fast geküsst?!", Jan ist wütend. Max steht langsam auf und klopft sich den Dreck von der Hose. Ich stehe ebenfalls auf und fasse Jan am Unterarm um ihn zurückzuhalten, was eh aussichtslos ist. "Reg dich ab Mann! Es ist doch nichts passiert!", verteidigt Max sich. "Allein, dass du es versucht hast reicht schon! Falls du es nicht mitbekommen hast, ist sie mein Mädchen, ich lasse Lynn doch auch in Ruhe!" Mir steigen Tränen in die Augen und ich verstärke meinen Griff um Jans Unterarm. "Nein, aber das würdest du wahrscheinlich gerne!" Jans Muskeln spannen sich an. "Selbst wenn, ich erkenne Grenzen und ich würde mich nicht an sie ranschmeißen. Und was machst du? Nutzt unseren Streit schamlos aus und willst ihr deine wiederliche Zunge in den Hals stecken! Wenn sie jetzt nicht hier wäre, würde ich sonst was mit dir anstellen!", bei den Worten kann ich die Tränen nicht mehr zurückhalten und beginne zu schluchzen. Jan dreht sich zu mir um und auch Max stellt sich neben mich. Jan schließt mich in seine Arme. "Siehst du Jan, was sie anstellt? Wegen ihr herrscht hier den ganzen Tag schlechte Stimmung, du hättest sie nie mitnehmen sollen.", ertönt Jules Stimme. "Sie hat Recht. Und es tut mir alles so leid. Ich will nicht, dass ihr Streit habt wegen mir, ich sollte einfach weg von hier und weg von dir. Ich mache ja doch nur alles kaputt!", schluchze ich in Jans T-Shirt und er streicht mir sanft über den Rücken. "Psst! Sag doch sowas nicht, du kannst nichts dafür, dass sich hier nicht alle im Griff haben.", tröstet er mir. "Guck, jetzt bist du sauer auf Max und Jule und das nur wegen mir. Ich wette morgen schaffe ich es noch, dass du sauer auf Finn und Lynn wirst und am Ende wahrscheinlich noch auf mich. Nein, das will ich nicht!" Ich spüre eine weitere Hand, die über meinen Rücken streicht. "Hey Liz, vielleicht läuft hier nicht alles nach Plan, aber du bist nicht allein Schuld daran, mach dir nicht so nen Stress, wir können das alles klären.", versucht Lynn mich zu beruhigen. "Und niemand tut hier irgendwem etwas an, Jans Veilchen ist schon schlimm genug, dafür, dass wir eine Familie sind, falls ihr das nicht vergessen habt. Eigentlich respektieren wir uns auch wenn es mal nicht so glatt läuft. Wir drohen uns nicht und machen vor allem keine Drohungen war.", sagt Lynn jetzt an alle gerichtet. "Leute, was Lynn sagt stimmt. Lasst uns das doch in Ruhe klären. Die Situatuion mit Liz ist für uns alle neu, okay?", sagt Finn. Ich nehme meinen Kopf von Jans Brust und drehe mich in seinen Armen um. Lynn lächelt mir aufmunternd zu, Max steht mit hinter ihr, in seinem Gesicht sehe ich, dass er ein schlechtes Gewissen hat und etwas neben ihm steht Finn, der Jule festhält. Niemand sagt ein Wort und ich bemühe mich, mit dem Weinen auszuhören. "Tut mir leid.", sagt Max schließlich und Lynn dreht sich lächelnd zu ihm um. "Aber irgendwie kam das so über mich und ich konnte nichts dagegen tun, ich musste einfach abhauen.", sagt er grinsend. Ich sehe ihn empört an. "Er scherzt.", sagt Lynn um mich zu beruhigen und ich lächle ein wenig. Lynn gibt ihrem Freund einen schnellen Kuss, sie scheint Kummer mit ihm gewöhnt zu sein. Jule meldet sich zu Wort: "Ja, mir tuts auch leid. Aber denk bloß nicht, dass ich dich jetzt mehr mag oder so." Ich nicke ihr zu. Dann geht sie mit Finn weg von uns. "Ey Jan, tut mir wirklich leid. Such dir beim Nächsten Mal bitte eine Hässliche mit scheiß Charakter.", wendet sich Max diesmal an meinen Freund. Ich schaue zu ihm hoch und er nickt Max zu. Dieser geht mit Lynn im Schlepptau zurück zu den Zelten. Ich drehe mich zu Jan um, der sich zu mir runter beugt und mich küsst.
Wir waschen das restliche Geschirr und gehen dann zurück zu den Anderen, die ums Lagerfeuer sitzen. Wir räumen das Geschirr weg und setzen uns zu ihnen, bis wir uns schlafen legen.
Am nächsten Morgen wache ich vor Jan auf und verlasse vorsichtig das Zelt. Draußen sitzt Finn an der Feuerstelle und schaut in den Wald. Ich setze mich neben ihn. "Morgen, wie spät ist es?", frage ich ihn. "Hi, fast 8.", antwortet er. Ich atme die Morgenluft ein. "Was siehst du da?", frage ich ihn. "Nichts, ich denke nach." Ich nicke, ziehe die Beine an und schaue ebenfalls in den Wald. "Es ist doch wieder alles klar, oder?", fragt Finn irgendwann. "Ja ich denke schon.. Entschuldigung nochmal, dass ich so ein Chaos mache." "Mach dir keinen Kopf, Max testet seine Grenzen eben immer aus.. Und Jule.. ach sie ist einfach so herrlich aufbrausend.", Finns Blick wird leicht verträumt und ich lächle ihn an. "Sie wird dich noch ins Herz schließen, mich mochte sie Anfangs auch nicht, ich musste mich allerdings ganz schön ins Zeug legen.", redet er weiter.
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[ XVII ] o3.o5.2o12
Ich lächle. "Du Finn, darf ich dich mal was fragen?" "Ja, sicher." "Warst du schon immer so, wie du jetzt bist? Also der Erde-Typ, der total ausgeglichen ist?", frage ich. Finn lächelt und richtet seinen Blick auf mich. "Nein, ich war ganz anders, das komplette Gegenteil. Ich hab mir nichts sagen lassen, war immer gegen alles und jeden und hab viel Scheiße gebaut. Und dann nach meiner Verwandlung wurde mir klar, dass es so nicht weitergehen kann und ich wurde ruhiger, vernünftiger. Und so bin ich jetzt.", erzählt er. "Krass.. Und.. wie kam es zu deiner.. Verwandlung?", frage ich weiter. "Es war zu einer Zeit, in der es einen, ja man kann sagen "geheimen" Krieg gegeben hat. Wandler gegen Menschen. Dabei kamen viele Wandler ums Leben und die jenigen, die überlebt haben zogen durch die Länder und erschufen neue Wandler. Ich war mit Freunden auf einer Veranstaltung von ein paar Wandlern organisiert, die dann unsere Getränke präparierten. Wir wussten davon natürlich nichts. Bei mir wirkte das Gift schon in der folgenden Nacht. Viele Leute die ich kannte und schätzte überlebten es nicht. Ich würde die Ersten am liebsten tot sehen." "Die Ersten?" "Ja, die ersten Wandler. Die sich selbst erschufen mit einer Magie, die es längst nicht mehr gibt. Sie wurde zerstört. Sie waren es, die den Krieg aufgrund ihres Alters überleben konnten und dann neue Wandler schaffen mussten. Ich weiß bis heute nicht warum" Gebannt höre ich Finn zu. Jule kommt aus ihrem Zelt, gibt Finn einen langen Kuss und setzt sich zwischen uns. Sie würdigt mich keines Blickes und ich kann es ihr nicht verübeln. Finn richtet seinen Blick wieder in den Wald und Jule tut es ihm nach. Irgendwie muss ich lächeln. Wie die beiden, die so verschieden sind zusammen sitzen und zusammen nachdenken. Ich mustere Jules Gesicht und erst da fällt mir auf, dass es absolut makellos ist. Ihre Lippen sind schmal und trotzdem schön, ihre Haut ist komplett rein, ihre Wimpern sind selbst ohne Wimperntusche dunkel und geschwungen. Dann sehe ich an ihr vorbei zu Finn, dessen Gesichtszüge ziemlich markant sind. Er ist generell kräftig gebaut, aber ich zweifle keine Sekunde daran, dass das pure Muskelmasse ist. Es tut mir leid, die beiden in ihren Gedanken zu stören, aber ich habe schon wieder eine Frage. "Verändert sich auch das Aussehen, wenn man sich verwandelt? So makellos ist doch kein normaler Mensch.", sage ich. Jule lächelt mich an, aber nicht freundlich sondern überlegen. Finns Lächeln hingegen ist freundlich. "Ein wenig. Man verändert sich nicht komplett, aber jegliche Makel verschwinden. Die Ersten waren nicht dumm. Es ist leichter jemanden zu vergiften, wenn man ihn enrtweder beeindrucken oder einschüchtern kann." "Du hast ihr von den Ersten erzählt?", fragt Jule. Finn nickt. "Ja und wie ich verwandelt wurde." "Aha." "Stell dich nicht so an. Sie hat ein Recht so viel zu erfahren, wie nur möglich. Auch zu ihrem Schutz.", versucht Finn seine Freundin zu überreden. "Mh.", gibt sie nur von sich und sieht mich skeptisch an. "Vielleicht würde dir eine Verwandlung ganz gut tun.", sagt sie schnippisch und Finn boxt ihr gegen den Arm. "Au! Das tat weh!", schimpft sie. "Verdient. Niemandem tut eine Verwandlung gut, das weißt du. Ich muss mir oft genug anhören, wie gerne du irgendwann sterben würdest. Wie satt du dieses ewig und immer wieder leben hast. Mach nicht auf cool Jule.", ermahnt Finn sie eindringlich aber ruhig. Erstaunt schaue ich sie an. "Ja, ich wünsche mir oft genug ein normales Leben zurück. Und Komplikationen und Gefahren wie...", beginnt sie, aber Finn unterbricht sie mit einem Blick. "Gefahren?", frage ich vorsichtig. "Ja.. sie meint.. Wenn wir zu unvorsichtig sind, könnten zu viele Menschen von uns erfahren. Das wäre nicht gut.", sagt Finn. Ich nicke, glaube ihm aber nicht so ganz. Ich beschließe, die beiden alleine zu lassen und gehe wieder in unser Zelt. Jan schläft noch und ich lege mich zu ihm. Er legt seine Arme um mich und gibt mir einen Kuss in den Nacken. "Tschuldige, schlaf weiter.", sage ich. "Schon gut, bin nicht mehr müde. Hast du gut geschlafen?" Ich nicke nur. Jan will aufstehen aber ich hänge mich an seine Arme, damit er liegen bleibt. "Finn und Jule sind schon draußen, ich will sie nicht stören.", erkläre ich. "Wie lange bist du denn schon wach?" "Eine Weile, ich war halt schon draußen und das sitzen Finn und Jule und wir sollten sie in Ruhe lassen." "Du bist viel zu Rücksichtsvoll.", lächelt Jan. "Vielleicht.", gebe ich zurück und drücke ihm einen Kuss auf die Lippen. Ich will mich von ihm lösen, aber Jan legt seine Hände auf meine Wangen und zieht mich runter, sodass wir nebeneinander liegen. Ich lege meine Hand auf seinen nackten Oberkörper und gebe mich dem Kuss hin. Es tut gut, nach all dem Stress wieder richtig geküsst zu werden und ich genieße den Moment. Ich lasse mich fallen und fühle nur noch Jans Nähe und wie glücklich ich bin. Ich spüre Jans Zunge und öffne ohne Zögern meinen Mund. "Ich liebe dich.", sage ich leise, als Jan sich kurz von mir löst, um meinen Hals zu küssen. Dann wandern seine Lippen wieder zu meinem Mund, ohne sich von meinem Hals zu lösen. "Ich dich auch.", antwortet er zwischen ein paar Küssen. Er legt sich auf den Rücken und ich lege mich schräg neben ihn, damit ich nicht auf ihm liege. Seine Hände wandern meinen Körper entlang bis zu meinen Hüften und ich streiche leicht mit den Fingerspitzen über seinen Oberkörper, hinunter zu seinem Bauchnabel und wieder aufwärts. Ich vermute schon, dass seine Hände wieder an meinen Po wandern oder so aber stattdessen drückt er mich sanft von sich weg. Seine Daumen streichen sanft über meinen Bauch. Ich bin ein bisschen außer Atem und sehe ihn fragend an. Auch er muss ein wenig Luft holen. "Es ist nicht ganz leicht für mich.", flüstert er. Ich drehe mich um und rücke an ihn, bis mein Rücken direkt an seinem Bauch liegt und er meinen Körper mit seinem umschließt. "Meine Gefühle als Wandler sind stärker und es ist schwer, sie in Zaum zu halten." "Jan, ich will, dass du mich verwandelst.", sage ich ohne jeden Zusammenhang. Ich spüre Jans Schock und er rutscht von mir weg. Dann dreht er mich unsanft zu sich. Bevor er etwas sagen kann rede ich weiter. "Stell dir das mal vor. Ich wäre endlich hübsch genug für dich. Hätte so tolle Augen wie Jule, oder so schöne Haare wie Lynn. Ich wäre so perfekt wie du." Jans Blick wird ernst. "Nein, kommt nicht in Frage, schlag dir das aus dem Kopf. Sei froh mit deinem Leben." "Bin ich aber nicht. Ich will mich verwandeln, ich würde dich noch mehr lieben. Ich würde irgendwelche coolen Eigenschaften bestizen." "Die negativen Gefühle sind auch stärker, du kannst daran zu Grunde gehen, wenn du es nicht packst. Und cool ist die Sache auch nicht." "Aber ich hab dich, du würdest mir helfen, ich würde das Negative zurückstellen. Ich würde ewig leben, so viel sehen können, wofür ich sonst keine Zeit habe." "Du kannst das Negative nicht einfach abschalten. Außerdem ist es irgendwan zu viel Zeit, du weißt nicht wohin damit. Es ist nicht schön. Du solltest mit deiner Sterblichkeit glücklich sein." "Kann ich nicht, Jan." "Wieso?" "Weil ich irgendwann sterben werde. Dann muss ich mich für immer von dir verabschieden, das will ich nicht." "Und wieso? Wieso kannst du nicht ganz normal weiter machen, wie alle Anderen auch?" Ich weiß, welche Anderen er meint. "Weil ich nicht nur Eine von Vielen für dich sein will! Ich weiß, dass das egoistisch ist, aber ich will etwas Besonderes sein. Nichts, was du ein paar Jahre liebst und dann vergisst und ein neues Leben beginnst. Wir könnten zusammen leben für immer.", schwärme ich. Und dann sagt Jan etwas, womit ich nie gerechnet hätte. "Und was, wenn wir nicht lange zusammenbleiben? Wenn ich nicht will, oder du? Wenn ich gar nicht möchte, dass du etwas Besonderes bist? Wenn ich genauso glücklich sein kann, wie ich bisher gelebt habe. Du wärst verflucht für den Rest deines Lebens, also für immer. Falls du das Gift überhaupt überleben solltest." Seine Worte treffen mich und ich rutsche von ihm weg. "So toll ist das nicht, glaub mir. So ist es besser." "Aha." "Wirklich. Hey, wären da nicht so Probleme, würde ich am liebsten ewig mit dir zusammen sein. Aber so, nein. Ich verwandel dich nicht und Basta.", er gibt mir einen Kuss auf die Wange und verlässt das Zelt.
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[ XVIII ] o6.o5.2o12
Ich ziehe mich um und gehe dann ebenfalls nach draußen. Die Anderen sind mittlerweile auch wach. "Du bist heute mit Jagen dran, Jan.", sagt Finn gerade. Jan nickt. "Ja, aber meine Freundin kann ich wohl kaum mitnehmen." "Selber Schuld.", sage ich leise und setze mich auf den Boden. Alle außer Jan sehen mich an. "Lynn, kommst du mit?", fragt dieser, um die Aufmerksamkeit schnell von mir abzulenken. "Ja klar." Die beiden brechen auf und ich vertreibe die Bilder von den beiden zusammen, die in meinem Kopf entstehen. Max setzt sich neben mich. Schnell nehme ich mein Handy und rufe meinen Vater an, bevor Max mich ausfragt oder irgendeinen anderen Kommentar ablässt. "Hallo Schatz, du meldest dich ja doch noch.", sagt mein Vater, aber nicht böse. "Ja, sorry. Hier war ziemlich viel los.", sage ich. "Echt? Was denn?", fragt er. Jule funkelt mich warnend an und schnell überlege ich mir etwas. "Ach... nur so das Übliche.. Zelte aufbauen, Essen, eingestürzte Zelte wieder aufbauen... War halt immer irgendwas los." Jules Blick wird harmloser, schon fast freundlich. "Verstehe. Wann kommt ihr wieder?" "Weiß ich nicht, soll ich mich dann nochmal melden?" "Nein, ich bin eh den ganzen Tag zu Hause." "Okay, wie geht's dir, Papa?", frage ich vorsichtig. Er lacht leise. "Den Umständen entsprechend. Ich freu mich, wenn du wieder hier bist. Jonah vermisst dich schon." Ich muss lächeln. "Ich freu mich auch! Bis später, hab dich lieb!", damit lege ich auf. "Schlag dir deinen Wunsch aus dem Kopf. Den wird dir keiner von uns erfüllen.", sagt Jule. Ich sehe sie überrascht an. "Geht dich das was an?", fauche ich. "Oder wollt ihr mir jetzt alle eine Predigt darüber halten? Lynn vielleicht auch, wenn sie wieder da ist? Das ist nicht eure Sache, sondern eine zwischen Jan und mir, okay? Und jetzt würde ich gerne ungestört reden können.", zicke ich jetzt auch Finn und Max an. Finn nimmt Jules Hand und verschwindet ohne ein Wort mit ihr im Wald, Max rührt sich kein Stück, sieht mich nur an. "Hallo?! Du auch?" Er lächelt mich an. "Nee, vergiss es. Es bleibt keiner alleine bei den Zelten, schon gar nicht du.", sagt er. "Oh bitte! Ich will einmal in Ruhe telefonieren." "Nein, ich lass dich hier nicht allein." Bei diesen Worten verliere ich mich kurz in Max' Augen, fasse mich aber zum Glück schnell wieder. "Kannst du nicht wenigstens ganz oben auf nen Baum klettern oder so?", frage ich, während ich Hannas Nummer wähle. Max beginnt zu lachen. "Du rufst genau perfekt an! Ich hab gerade bei dir zu Hause probiert, ich hab voll vergessen, dass du gar nicht da bist, aber OH MEIN GOTT!", schreit mir meine Beste freudig entgegen. "Ähm, wer lacht da?" Ich sehe Max böse an. "Hey warte kurz, ein Freund von Jan. Max, kannst du jetzt bitte verschwinden?" Max hält inne und schüttelt den Kopf. "Nee, ich habs eben schon gesagt. Ich bleib hier.", wiederholt er. Ich sehe ihn bittend an. "Na gut. Ich geh in mein Zelt, aber das ändert auch nicht viel." "Dann hör Musik." "Dann bekomm ich ja nicht mehr mit, was hier los ist." "Hör einfach nicht zu laut. Und jetzt Tschüß!" "Auf Wiedersehen, Miss Geheimnisvoll.", sagt er mit verruchter Stimme und geht grinsend in sein Zelt. Ich seufze. "Uhuu, wer war das denn Schnuckeliges?", sagt meine Beste. "Immer noch ein Freund von Jan.", sage ich. "Aha.. Wo ist der eigentlich?" "Grade Besorgungen machen, mit der Freundin des besagten 'Schnukeligen'." "Liz, das hört sich ein bisschen falsch an. So.. zweideutig.", sagt Hanna lachend. Ich muss auch lachen. "Du sau! Erzähl mal, was war denn so Wichtiges, dass du mich angerufen hast?", wechsle ich gekonnt das Thema. Hannas Stimme wird wieder aufgeregt. "Chris! Gestern war ich ja tanzen. Und dann hab ich gemacht, was wir überlegt haben.", erzählt sie. "Ernsthaft?! Du bist Bombe!", lache ich. "Ja, ich kanns auch noch nicht glauben. Ich hab ihn mir geschnappt, ihn geküsst und bin arschwackelnd davon gewatschelt. Und hab ihm vorher meine Nummer zugesteckt. Und eben hat er mir geschrieben!" "Uiuiui uund?"
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[ XIX ] 21.o5.2o12
"Er hat gefragt, womit er das verdient habe und wann wir uns wieder sehen. Aber ich lass ihn zappeln! Ich werde keine Woche warten können, aber ein zwei Tage sicherlich.", erzählt Hanna weiter. "Mach das.", stimme ich zu. Ich verspüre den Drang ihr mein Herz auszuschütten, ihr alles über Jan und die Anderen zu erzählen, aber ich weiß, dass ich das nicht kann. Noch nicht. Nicht hier. Wir quatschenn eine Weile und als ich auflege kommt Max wieder raus. "Und, haste genug gelauscht?", frage ich. Er lächelt und schüttelt leicht den Kopf. "Ich hab Musik gehört. Ich belausche doch keine Gespräche, die mich nichts angehen. Aber du weißt, dass du auch ihr nichts von uns erzählen darfst, ja?" Beschämt sehe ich zu Boden. Max hockt sich neben mich und hebt mein Kinn an, damit ich ihm in die Augen sehe. Ich gebe nach. "Ja, ich weiß.", sage ich leise. Max lässt mein Kinn los und streicht eine meiner Haarsträhnen hinter mein Ohr. Dann wandert seine Hand meinen Hals runter und ruht auf meiner Schulter, während er mir weiter in die Augen sieht. "Es könnte uns in große Gefahren bringen, wenn Leute von uns wissen, die es nicht sollten.", schärft er mir ein. Ich atme laut hörbar aus und nehme seine Hand von meiner Schulter. "Ja." Max lässt von mir ab und in dem Moment höre ich Jan und Lynn von der Jagd zurück kommen. Lynn wirft den Beutel ins Zelt und Jan setzt sich zu uns. "Wo sind Finn und Jule?", fragt er. "Liz hat sie vergrault.", sagt Max und ich verpasse ihm einen Schlag gegens Knie. "Stimmt nicht!", wehre ich mich. "Doch.", erwidert Max stur. "Wieso?", schaltet sich Jan wieder ein. "Weil alle meinen, sich in meine Gelegenheiten einmischen zu müssen. In unsere.", sage ich trocken, stehe auf und gehe mit schnellen Schritten in den Wald. Ich weiß nicht, was mit mir los ist und warum ich so gereizt bin. Auf einmal. Ich habe keinen Grund, auf irgendwen sauer zu sein, denn sie haben alle Recht. Aber das will ich nicht wahr haben, das alles nicht. Das ist eine Sache, die ich mit Jan klären muss und mit mir selber. Ich beschleunige meine Schritte und gehe weiter in den Wald. In eine Richtung, die ins Unbekannte führt. Ich spüre, dass Jan mir folgt, aber auf Abstand bleibt. Vielleicht besser für ihn. Ich versuche klar zu denken, aber irgendwie geht es nicht. In meinem Kopf herrscht irgendwie große Verwirrung und ich weiß nicht, was ich tun soll. Also beginne ich zu laufen. Immer schneller. Bis ich irgendwann durch den Wald sprinte. Ich sehe nur nach vorne, nicht auf den Boden und stolpere über Baumwurzeln, trete ich Löcher, falle fast hin. Mein Blick wird verschwommen und ich ringe nach Luft. Trotzdem laufe ich weiter, es tut irgendwie gut. In meinem Kopf ist nur der Gedanke, weiter zu laufen und zu atmen. Schließlich, als ich kaum noch Luft kriege, lasse ich mich auf einen Stein fallen. Ich vergrabe das Gesicht in meinen Hände und schnappe wie wild nach Luft. Ich höre mich an, als würde ich jeden Moment tot umfallen. Auf einmal spüre ich jemanden, der neben mir steht. Zuerst denke ich an Jan, aber dann bemerke ich, dass es nicht Jans Ausstrahlung ist, die mich umhüllt. Irgendwie fühlt sich diese Person anders an. Erst in diesem Moment fällt mir auf, wie sehr ich sie wahrnehme. "Wen haben wir denn da? Hast du dich verlaufen?", ertönt eine teife Stimme und mein herz bleibt kurz stehen, als es mir kalt den Rücken runter läuft. Ich konzentriere mich voll auf meine Atmung, versuche mich zu beruhigen und mir die Ausstrahlung der Person einzuprägen, um sie später mit anderen vergleichen zu können. "Bist du stumm oder taub?", ertönt die Stimme wieder. Endlich traue ich mich langsam aufzusehen. Vor mir steht ein junger Mann, helle Haut und dunkles Haar. Seine Augen Smaragd-Grün und so unnätürlich, dass augenblicklich ein Wort durch den Kopf schießt: Wandler! Ich schnappe noch einmal nach Luft und überlege kurz, ob ich ihn mit Du oder Sie anreden soll. Ich entscheide mit für das Du. "Wer bist du?", frage ich und klinge gefasster, als erwartet. "Frech bist du auch noch. Hast du keinen Respekt vor mir?" "Ich weiß, was du bist, du erschreckst mich nicht.", sage ich fest. Um meine Entschlossenheit zu betonen stehe ich auf. Es sieht aus, als würde die Luft um den Kerl sich bewegen, als wäre da eine Art Aura, die ich sehen kann. Seine Miene verfinstert sich und auch die Luft um ihn herum fängt an sich zu verändern. Nur ein bisschen und trotzdem erkenne ich den Unterschied klar und deutlich. Und, dass er nichts Gutes bedeutet. "Also, du Unerschrockene, mein Name ist Menir, mit wem habe ich das Vergnügen?" "Menir?", frage ich leicht belustigt und beobachte, wie die Masse aus Luft um ihn herum anfängt noch mehr zu wabern und sich zu winden. "Aus welchem Zeitalter stammst du?", frage ich weiter. "Sei gefälligst nicht so frech! Ich weiß nicht, wen von unserer Art du kennst, aber ich glaube kaum, dass einer von ihnen mir gewachsen ist. Treib es lieber nicht zu weit.", sagt Menir warnend. "Was machst du in unserem Revier?", redet er weiter. "Euer Revier?", frage ich. "Ja." "Keine Ahnung, ich wollte mal gucken, ob hier ne fette Party steigt. Was denkst du? Ich hab nicht vor hier irgendwen zu stören, okay?", erwidere ich und gehe an Menir vorbei. Während ich ihm den Rücken zuwende, spannen sich alle meine Muskeln an und ich habe kurz ein bisschen Angst. Ich gehe einige Schritte, dann steht Menir neben mir und hält mich fest. Bei seiner Berührung wird die wabernde Masse um ihn herum noch deutlicher, so dass es fast weh tut, sie sich anzugucken. Dazu kommt, dass es sich so anfühlt, als würde meine Haut verbrennen, wo seine Hand meinen Arm umfasst. Schnell ziehe ich ihn weg. "Fass mich nicht an!", zische ich und in meiner Stimme klingt etwas mit, was ich von mir nicht gewohnt bin. Ich kann es nicht einordnen. Aber es scheint Menir zu erschrecken, denn er weicht zurück. Ich bin selber von mir erschrocken und gehe weiter. "Glückwunsch, erstmal bist du mich los. Aber wir sind uns nicht das letzte Mal begegnet. Dafür finde ich dich viel zu interessant, Süße!", ruft Menir mir hinterher und ich zwinge mich dazu, einfach weiter zu gehen. Als ich das Gefühl habe, allein zu sein, sehe ich schnell auf meinen Arm, wo Menir mich angefasst hat. Dort ist eine Art Brandmal zu sehen. Die Haut ist leicht gerötet, aber tut nicht mehr weh. Ich räuspere mich, aber da ist nichts mehr, dass in meiner Stimme mitschwingt. Dafür erschrecke ich mich fast zu Tode, als jemand seine Hand auf meine Schulter legt und ich dann in Jans besorgtes Gesicht sehe. "Wo zur Hölle warst du?! Bist du verrückt geworden, dich so weit von den Zelten zu entfernen? Du weißt doch gar nicht, wo du hier bist! Und warum unklammerst du deinen Arm so?", fährt er mich an und greift nach meinem Arm. Ich will nicht, dass er die Verbrennung sieht, aber gegen ihn bin ich machtlos. "Da ist doch nichts.", sagt er. Was? Sieht er das Brandmal etwa nicht? Mit einem kurzen Blick, versichere ich mich, dass es noch da ist. Ist es. "Was meinst du damit, wo ich war? Du bist mir doch gefolgt?", sage ich. "Du warst auf einmal weg! Ich hab dich nicht mehr gesehen, nicht gehört, nicht gerochen. Als wärst du einfach verschwunden! Ich bin tausend Tode gestorben!", fährt Jan in seiner Predigt fort. "Ich war auf einmal weg? Hattest du mich nicht im Blick?" "Doch! Aber du warst weg, einfach so! Mach so etwas nie wieder, hörst du?!" "Ich war einfach weg...", murmle ich und gehe an Jan vorbei. Ich versuche meine Gedanken zu ordnen, während Jan weiter auf mich einredet. Ich war im Revier anderer Wandler und für Jan einfach nicht da? Also hat er Menir auch nicht gesehen? Und die Verbrennung, die seine Hand auf meiner Haut hinterlassen hat sieht er auch nicht. Ich sehe noch einmal nach. Sie ist immer noch da. Und diese Hülle um Menir? Schnell drehe ich mich um und betrachte die Luft um Jan herum, aber da ist kein Wabern oder Ähnliches. "Was ist eigentlich los mit dir?", fragt Jan. Irgendwie will ich Jan nichts davon erzählen, was mir passiert ist, ich weiß auch nicht wieso. "Keine Ahnung. Ich bin einfach nur verwirrt.", entgegne ich. Mir scheißt eine Frage in den Kopf und ich bleibe aprubt stehen, sodass Jan fast in mich rein läuft. "Was ist denn jetzt schon wieder?" "Du hast doch gesagt, dass Negative, lässt sich nicht so einfach abschalten?", greife ich unser Gespräch über Verwandlung wieder auf. "Fängt das schon wieder an?", fragt er genervt. "Bitte! Ich will dich bloß was fragen.", sage ich. "Na gut. Ja man kann es nicht abstellen, einfach so. Und?" "Aber du bist nicht böse, wie funktioniert das?" Jans Miene wird toternst. "Entweder du lebst so wie wir, auf der "Guten Seite" oder auf der "Bösen". Für das Böse verkaufst du allerdings, alles Gute an dir. Deine Menschlichkeit. Alles, was dich von schrecklichen taten abhält. Du verschreibst dich voll und ganz dem Bösen und den Ersten, die ihre Kräfte falsch einsetzen. Oder du behälst deine Menschlichkeit. Das hat den Preis, dass irgendwo in die etwas Böses schlummert. Das ist gefährlich. In schwachen Momenten, kann es die Überhand gewinnen und dann bist du deine Menschlichkeit schnell los, ob du willst oder nicht. Wandler sein ist gefährlich." Ich schaue Jan ernst an und lasse seine Worte auf mich wirken. "Lassen wir das Thema erst mal. Komm.", sagt Jan und geht an mir vorbei. Ich trotte hinter ihm her,bis wir wieder bei den Zelten sind. Lynn nimmt mich in den Arm. "Wir haben uns Sorgen gemacht.", sagt sie. "Danke, aber ich bin kein kleines Kind mehr.", sage ich leicht lächelnd und löse mich von ihr. "Aber auch nicht so große Kinder wie wir.", wendet Finn ein und zwinkert mir zu. Ohne weitere Worte über mich und mein Verhalten zu verlieren, essen wir etwas und packen dann unsere Sachen zusammen. "Wieso bist du weggelaufen?", fragt Jan mich in unserem Zelt."Weil ihr mich alle genervt habt und ich mal durchatmen und nachdenken wollte. In Ruhe.", sage ich und räume ein paar Sachen zusammen. "Seit wann bist du so unvernünftig?" "Ich war nicht unvernünftig, ich hab einfach nicht nachgedacht, okay? Ich mach halt alles falsch und dumm.", sage ich pampig. Jan lacht leise auf und gibt mir einen langen Kuss. Ich lege meine Hände um seinen Hals und er seine um meine Hüften. Jan löst sich ruckartig von mir und erst da bemerke ich Lynn, die im Zelteingang steht und versucht uns ruhig anzuschauen. Ich kann ihr allerdings ansehen, dass es ihr nicht leicht fällt zu sehen, wenn Jan eine Andere küsst. Wenn Lynn nicht mit Max zusammen wäre, würde ich das verstehen, so jedoch werde ich sofort wieder misstrauisch und wende mich schnell meinem restlichen Gepäck zu. "Seid ihr so weit?", fragt sie. "Ja, wir kommen gleich raus." Lynn geht und auch Jan packt zu Ende. "Wie soll ich dir bei Lynn vertrauen können, wenn sie so auf uns reagiert?", frage ich ganz leise. "Sie meints doch nicht böse." "Ich weiß, aber darum geht es mir auch nicht, Jan. Es geht mir um die Tatsache, dass es so wirkt, als hätte sie noch zu sagen, wen du küsst. Es wirkt einfach nicht so, als wäre zwischen euch nichts mehr." "Ich weiß. Und es tut mir leid, aber ich kann daran nichts ändern.", damit schnappt sich Jan unsere Sachen und verlässt das Zelt. Ich folge ihm und beginne damit, das Zelt abzubauen. Ich weiß nicht, ob Jan böse sein soll. Oder ob auf überhaupt irgendwen. Schließlich fass ich den Entschluss, es einfach so hin zu nehmen und niemandem Schuld zu geben. Ich hab schon zu viel schlechte Stimmung verbreitet. Nachdem ich das Zelt erfolgreich abgebaut und wieder eingepackt habe gehe ich zu Jan, um ihm mit den Sachen zu helfen. Lynn war jedoch schneller als ich und sie ist definitiv eine größere Hilfe als ich, also setze ich mich auf den Waldboden. Max tritt neben mich. "Weißt du, was mir an dir am besten gefällt?", fragt er grinsend. Ich verdrehe die Augen. "Nee, was?", antworte ich und mache mich auf alles gefasst. "Dass du ein Mensch bist und du von sowas total beeindruckt bist.", fährt er fort und greift nach meiner Hand. Ruckartig zieht er mich hoch, sodass ich direkt in seine Arme fliege und er mich gekonnt auffängt. Dann wirft er mich ein wenig hoch und fängt mich wieder auf. Jetzt liege ich auf seinen Armen und lächle ihn an. Er läuft mit mir in den Armen los und ich beginne zu kichern, wie ein kleines Mädchen, was mir irgendwie ein bisschen albern vorkommt. Aber ich kann nicht anders. Mal setzt er mich ab und läuft vom einen Ort zum nächsten, dann bin ich wieder auf seinem Arm. Im nächsten Moment sitze ich auf einem Baum, dann liege ich über seiner Schulter und klopfe ihm lachend gegen den Rücken. Auch Max lacht und setzt sein Spielchen fort. Zuletzt sitze ich nicht wenige Meter hoch über dem Boden auf einem Baum und Max steht unten. Ich klammere mich fest, um nicht zu fallen, aber lache weiter. "Lass dich fallen. Egal wohin, ich fang dich!", ruft er und mein Lachen wird leiser. "Vertrau mir.", sagt er. Ich atme tief durch, schließe die Augen und lasse mich nach hinten fallen. Augenblicklich finde ich mich auf Max' Armen wieder. Ich öffne langsam die Augen, unsere Gesichter befinden sich direkt vor einander. Ich muss wieder lachen, angestachelt von dem Adrenalin in meinem Körper. Max lächelt mich nur an. Irgendwie ernst und wunderschön. Mein Lachen klingt ab, bis auch ich nur noch leicht lächle und ihm in die Augen sehe. "Siehst du. Wandler lassen sich davon nicht beeindrucken.", flüstert er, während sein Blick abwechselnd von meinen Augen zu meinem Mund wandert und wieder zurück und mein Herz rast und total durchdreht. Jetzt sehe auch ich von seinen Augen, über seine Nase bis zu seinen Lippen und wieder zurück, während ich gar nicht merke, dass unsere Gesichter sich immer näher kommen. "Liz, wir fahren!", ruft Jan und erschrocken sehe ich zur Seite, wo ich Jan stehen sehe. Ich kann nicht erkennen, ob sein Blick verletzt, wütend oder eifersüchtig ist. Vielleicht alles zusammen. Er dreht sich um und geht. Ich sehe Max an, der sich ein Lachen verkneift und vergrabe mein Gesicht in seiner Schulter. Gegen meinen Willen fange ich gleichzeitig mit ihm leise an zu lachen und komme mir so schlecht und gleichzeitig so gut dabei vor. In diesem Moment ist der Drang Max zu küssen so unerträglich groß, dass ich aufhöre zu lachen und meine Lippen mit aller Kraft zusammenpresse. "Lass mich bitte runter.", sage ich bestimmt, sehe Max an und er setzt mich ab. Wir gehen schweigend zum Wagen, Finn und Jule sitzen vorne, Jan und Lynn haben sich nebeneinander gesetzt und unterhalten sich. Wir steigen ein und ich setze mich gegenüber von Jan, doch wenn ich versuche Blickkontakt zu ihm aufzunehmen, sieht er weg, bis ich es irgendwann aufgebe und nur noch aus dem Fenster sehe. Finn fährt auf den Hof und wir steigen aus. Ich umarme Finn zum Abschied. "Danke, dass du mir so viel erzählt hast.", sage ich. "Gerne. Pass auf dich auf.", erwidert er. Ich löse mich und gehe zu Jule. Wir stehen kurz unentschlossen voreinander, bis ich auch ihr um den Hals falle. Zuerst ist sie überrascht und macht gar nichts, bis sie sich etwas entpsannt und meine Umarmung halbherzig erwidert. Dann hole ich meine Sachen aus dem Bus, lade sie in Max' und Lynns Auto und sezte mich auf die Rückbank. Erst beim Anschnallen fällt mir auf, dass Max neben mir sitzt. "Ich werd dich wohl nicht mehr los, oder?", frage ich. Er lächelt. "Ist das so schlimm?" "Keine Ahnung.", gestehe ich und mache es mir auf dem Sitz so bequem wir möglich. Jan und Lynn steigen ein und wir fahren los. Zurück fährt Jan und ich beobachte ihn die ganze Zeit, während ich mir immer wieder vorhalte, dass ich total dumm bin und ihn gar nicht verdient habe. Ich atme laut aus und sehe aus dem Fenster, während ich spüre, dass Max' Blick auf mir ruht. Auf irgendeine Weise beruhigt mich das Gefühl. Nach ungefähr zwei Stunden machen wir einen Stopp an einer Raststätte, weil Max sich was zu trinken holen und sich die Beine vertreten will. Ich nutze den Halt um auf Klo zu gehen und mich etwas frisch zu machen. Bei den Toiletten ist sonst niemand und es ist eine sehr saubere Raststätte. Ich wasche mir durchs Gesicht und sehe in den Spiegel, wobei ich fast einen Herzinfarkt bekomme. Hinter mir an der Wand lehnt Max. "Mit sowas kannst du mich auch beeindrucken. Aber wohl eher negativ.", sage ich und drehe mich zu ihm um. Er lächelt frech. "Und wie kann ich diesen negativen Eindruck wieder gut machen?", fragt er. Ich zucke mit den Schultern und will den Mund aufmachen, um ihm zu antworten, da schnellt er auf mich zu und legt ohne jegliche Vorwarnung seine Lippen auf meine. Ich quieke auf und löse mich schnell von ihm. Ohne ihn aus den Augen zu lassen gehe ich an ihm vorbei, doch da kommt er wieder auf mich zu und drück mich sanft gegen die Wand. Er sieht mir in die Augen und legt dann erneut seine Lippen auf meine. Diesmal gebe ich keinen Ton von mir. Seine Lippen sind warm und weich und sein Kuss ist so sanft, wie man nie von ihm erwarten würde. Meine Knie werden weich und Max verstärkt seine Griff, damit ich nicht auf den Boden rutsche, weil ich keine Kraft mehr habe, stehen zu bleiben. Ich lege meine Arme um seinen Oberkörper und kralle ich mich schon fast an seinem Rücken fest. Der Kuss wird härter und wir öffnen gleichzeitig unsere Lippen, was mich zuerst verwundert und dann zum lächeln bringt. Ich denke gar nicht an Jan, oder daran, dass er uns sehen könnte. Es ist mir in dem Moment egal. Mir ist auch egal, dass das total falsch ist, was ich tue. Max greift um meine Oberschenkel und ich öffne die Augen, denn auf einmal befinden wir uns an der gegenüberliegenden Wand und Max ist der, der sich anlehnt. Er hält mich mühelos fest und ich schließe die Augen wieder, während ich meine Beine gegen seine Hüfte presse und meine Hände um seinen Hals lege. Max wird verlangender und drückt mich gegen sich. Schließlich löse ich meine Lippen von seinen und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Max wird wieder sanfter und er bedeckt meinen Hals mit Küssen. Wir atmen schwer und ich lasse meine Hände an seinem Rücken auf und ab wandern. Als sein Mund mein Dekoltee erreicht, drehe ich sein Gesicht zu mir und drücke kurz meinen Mund auf seinen. Er sieht mir in die Augen und schließt wieder die Lücke zwischen unseren Mündern mit einem Kuss. "Max.", bringe ich hervor. "Max.. nein..." Er hält inne und lässt mich runter.
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[ XX ] 21.o5.2o12
Ich taumele einen Schritt zurück und vergrabe das Gesicht in meinen Händen. Durch einen Spalt zwischen meinen Fingern sehe ich Max vorsichtig an, der nur da steht und mich beobachtet. In seinem Gesicht entdecke ich keinerlei Regungen. Dann fängt er an zu lächeln, was mich wütend macht. Ich mach enoch einen Schritt zurück. Und noch einen. Bis ich an der gegenüberliegenden Wand angekommen bin und mich dankbar gegen sie lehne. Ich schüttle leicht den Kopf als Max sich zu Wort meldet. Ich halte inne und sehe langsam zu ihm auf. "Danke Liz.", sagt er und lächelt mich an. Ich werde noch wütender. Danke? "Du sagst danke? Danke?", frage ich ungläubig und ein Kloß bildet sich in meinem Hals. "Ja. Dafür, dass ich diesen Fehler machen durfte." Fehler. Es war ein Fehler. Tränen steigen mir in die Augen und bevor ich Max etwas an den Kopf werfen kann, geht er an mir vorbei und verlässt den Raum. Fehler. Das Wort hallt in meinen Gedanken wieder und jetzt kann ich die Tränen nicht mehr zurück halten. Ich habe den besten Freund meines Freundes geküsst. Und ich fand es gut, es war irgendwie richtig. Ein richtiger Fehler? Ich ziehe die Beine an meinen Oberkörper und krümme mich zusammen während ich weiter heule und mir mal wieder selbst vorhalte, wie wenig ich so jemanden wie Jan verdient habe. Lynn passt viel besser zu ihm. Sie würde ihm so etwas nie antun. Zwei starke Arme legen sich um mich und ich kralle mich an Jans T-Shirt fest, die Augen geschlossen. Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Brust, traue mich nicht ihn anzusehen, und heule mich aus. Er hält mich einfach nur fest. Klein und dumm. So fühle ich mich neben ihm und ich kann einfach nicht aufhören zu weinen. Erst, als zwei Frauen die Toilette betreten und fragen, ob alles in Ordnung sei, versuche ich mich zu beruhigen. Jan sagt, wir kämen klar und die Frauen finden sich damit ab. Es hat sie wahrscheinlich eh nicht wirklich interessiert. Sie denken an sich. Jeder tut das. Auch ich. Jan nicht, nicht wenn es um nich geht. Und wieder wird mir klar, dass ich ihn nicht verdient habe. Ich drohe in einen neuen Heulkrampf auszubrechen aber ich reiße mich zusammen, ohne von Jan abzulassen. "Können wir?", fragt er schließlich sanft und ich nicke. Sein T-Shirt ist durchnässt und trotzdem halte ich mich weiter daran fest. Ich habe Angst, ich könnte ihn sonst ansehen und mich durch meine Augen verraten. Jan steht auf und zieht mich mit hoch. Als er merkt, dass ich nicht vorhabe, loszulassen, trägt er mich zum Auto. Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter und sehe Max und Lynn. Er lehnt am Auto, seine Hände auf Lynns Hüfte, die vor ihm steht und ihre Hände an seine Brust gelegt hat. Sie beugt sich vor und er gibt ihr einen kurzen Kuss. Ich spüre einen Stich in meinem Herzen. Was denkt er eigentlich, wer er ist? "Da seid ihr ja.. Liz, was ist los?", fragt Lynn, die sich sanft von Max löst und auf uns zukommt. Max tritt neben sie und greift nach ihrer Hand, als wolle er mir deutlich machen, dass sie zusammen sind. Als ob ich das nicht wüsste. "Ist egal.", sage ich und Jan setzt mich ab. Ich halte mich an ihm fest, weil ich immer noch das Gefühl von Wackelpudding anstatt meiner Knie habe und Lynn sieht mir in die Augen. "Sicher?", fragt sie. Ich nicke und seufzend lässt sie von mir ab. "Ich setz mich zu ihr nach hinten, fährt einer von euch?", fragt Jan und Lynn nickt. Jan und ich steigen ein und ich meide immer noch den Blickkontakt. Ich sehe nach unten auf meine Finger, die in meinem Schoß liegen und sich am liebsten gegenseitig zerkratzen würden. Ich kaue auf meiner Unterlippe und Jan rutscht neben mich. Er dreht meinen Kopf zu sich und ich sehe ihm kurz in die Augen. Zu kurz um etwas darin erkennen zu können. "Erzähl mir zu Hause, was los ist.", sagt er. Ich nicke und er rutscht wieder weg. Den Rest der Fahrt verbringe ich damit, aus dem Fenster zu starren und abwechselnd daran zu denken, wie richtig sich der Kuss angefühlt hat und was ich Jan erzähle, wenn ich zu Hause bin. Bei Max und Lynn angekommen, gehen wir noch kurz mit rein. Lynn umarmt Jan lange und dann schließt sie mich auch in die Arme. Auch Max und Jan verabscheiden sich und Max sieht mich nur an. Er gibt mir einen Kuss auf die Wange, umarmt mich und eine völlig perplexe Liz verlässt dann mit Jan das Haus.
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[ XXI ] 22.o5.2o12
Jan gibt mir wortlos meinen Helm, wir steigen auf seinen Roller und fahren los. Ich traue mich kaum, mich an ihm festzuhalten, imnmer wieder denke ich daran, wie schlecht ich bin und wie toll Jan ist.
Er parkt vor meiner Haustür, aber als ich absteigen will, hält er mich fest. Ich nehme meinen Helm ab und setze mich wieder richtig hin. "Also, was war los Liz?", fragt er. Ich seufze und der Konflikt in meinem Kopf, den ich vor mir hergeschoben habe, beginnt. ich sollte es ihm erzählen. Ich bin eine Schlampe. Ich kann es ihm nicht sagen. Ich bin eine Schlampe. Ich sollte ehrlich sein. Ich bin eine Schlampe. Ich kann ihm das nicht antun. Ich bin eine Schlampe. "Liz?", reißt Jan mich aus meinen Gedanken. "Ich kann dir das nicht sagen Jan...", gestehe ich leise. "Du kannst mir alles sagen!" "Nein. Ich sollte. Aber ich kann nicht." "Liz..." "Nein, hör auf! Ich kann es dir einfach nicht sagen! Und das tut mir leid, aber... ich... du hast sowas furchtbares wie mich einfach nicht verdient, ich bin so ein schlechter Mensch, es tut mir so leid!", sage ich laut, muss Tränen zurückhalten, springe vom Roller und stürme rein. Ich knalle die Tür hinter mir zu und lehne mich dagegen, während ich in Tränen ausbreche. Mein Vater kommt aus der Küche. "Liz, Schatz, was ist?", fragt er und sofort habe ich ein schlechtes Gewissen. Mein Vater hat meine Mutter raus geschmissen und ich habe nichts Besseres zu tun, als ihn mit meinen jugendlichen Beziehungsproblemen vollzuheulen. Ich reiße mich zusammen und mein Vater nimmt mich in den Arm. Langsam amte ich meinen Heulkrampf weg. "Erzähl's mir.", sagt er sanft und ich schüttele den Kopf. "Nein Papa, du hast andere Sorgen, als meine Dummheiten." "Quatsch. Du und Jonah seid im Moment das Einzige, was mich noch glücklich machen kann. Und das geht wohl nicht, wenn ihr nicht glücklich seid. Also sag ruhig.", erwidert mein Vater. "Können wir uns setzen?", frage ich. Mein Vater nickt und zusammen gehen wir ins Wohnzimmer, wo wir uns aufs Sofa kuscheln. Ich fühle mich seit Langem wieder, wie Papas kleines Mädchen und bin so froh, dass er da ist. Ich erzähle ihm das mit Max und dass ich deswegen schon fast mit Jan Schluss gemacht habe. "Dafür wart ihr aber doch nicht zusammen weg. Anstatt ihr euch besser versteht, habt ihr jetzt Streit.", schließt mein Vater. "Ja. Aber das wollte ich doch nicht. Ich wollte einfach nur ein schönes Wochenende mit ihm haben.", sage ich. "Ich weiß Schatz. Hey, sollen wir noch zu Jon fahren? Er würde sich freuen und du kannst dich ablenken." Ich nicke und wir fahren zum Krankenhaus. Im Auto breche ich nochmal in Tränen aus und mein Bruder mustert meine verheulten Augen. "Du hast geweint.", sagt er. Er sieht gut aus. Abgesehen von den Schläuchen und so. Ich erzähle es Jonah direkt, weil es eh keinen Sinn hätte etwas Anderes zu versuchen. Er richtet sich langsam auf und nimmt mich in den Arm, während ich
mich darauf konzentriere, nicht wieder zu heulen.
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[ XXII ] 3o.o5.2o12
Jon redet aufmunternd auf mich ein und ich schaffe es tatsächlich, nicht in Tränen auszbrechen. Er und mein Vater schaffen es, mich abzulenken und nach einer Weile fahren wir wieder nach Hause. Zu Hause will ich Hanna anrufen, werde aber von meinem klingelnden Handy davon abgehalten. Ich erwarte, dass es Jan ist, der sich bisher widererwarten noch nicht gemeldet hat. Mir wird eine unbekannte Nummer angezeigt und zögere, bevor ich mich dazu durchringe, ranzugehen. "Ehm hallo?", melde ich mich. "Na, Liz." Als ich die Stimme erkenne, bleibt mein Herz kurz stehen. Dann steigt etwas in mir auf, was ich als Wut definiere. "Woher hast du meine Nummer, Max?", frage ich gereizt. "Unwichtig. Ich wollte nur mal hören, ob ihr gut angekommen seid.", erwidert Max lässig und ich werde noch wütender. Er tut einfach so, als wäre nichts gewesen. "Hast du Alzheimer? Oder nutzt du jede Gelegenheit, um dir eine andere zu angeln?", fahre ich ihn an. Er lacht auf, als würde er mich provozieren wollen. "Du machst dir darüber echt Gedanken? Ist ja süß. Sag bloß, du hattest auch noch Streit mit Jan?" Ich muss schlucken und schweige bloß. Als Max nach einer kurzen Pause weiter redet, klingt er nicht mehr ganz so höhnisch. "Moment, ihr hattet ehrlich Stress? Du versprichst dir aber nichts davon, oder?" "Natürlich nicht!", entgegne ich zu schnell und ohne zu wissen, ob es stimmt. Verspreche ich mir etwas davon? Ich sollte nicht, aber wenn ich an den Kuss denke, rückt Jan in den Hintergrund. Und dass es eigentlich ein großer Fehler war. Doch bevor ich mir die Frage selbst beantworten kann, redet Max weiter. "Gut. Weil das nichts war. Absolut gar nichts. Nichts von Bedeutung. Ich habe Lynn und du Jan und das war ein Fehler. Den ich nicht bereue.", fügt er leise hinzu. Ich schlucke. "Ja.", zu mehr bin ich nicht im Stande. Viel zu sehr bin ich damit beschäftigt, über seine Worte nachzudenken. Es war nichts von Bedeutung. Aber es bereut es nicht. Lügt er? "Also Kleine, vergiss die Sache einfach, bevor du uns Probleme machst.", sagt er abschließend und legt auf. Und wie er lügt! Ein Fehler, den er nicht bereut, aber der angeblich keine Bedeutung für ihn hat. Das macht für mich keinen Sinn. Nein, das kann nicht sein, was er sagt. Ich zwinge meine Gedanken aufzuhören, mich zu verwirren. Er will nichts von mir und ich nicht von ihm. Ich rede mir doch nur ein, dass es Bedeutung hatte, weil ich nicht wahr haben will, dass ich einfach so fremdgeküsst habe. Ich sollte das auch abhaken und einfach vergessen, so wie Max. Aber irgendwas in mir wehrt sich dagegen.
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[ XXIII ] o3.o6.2o12
Meine Gedanken schweifen zu Jan. Dem ungen, der mich liebt, vielleicht schon, seit er mich "ausgesucht" hat. Der, der zu mir zurück gekommen ist, wenn wir Streit hatten. Dem, der so gutherzig, so voller Liebe für mich ist, wie es nur geht. Dem, von dem ich dachte, ich würde ihn auch lieben. Und eigentlich dachte ich, er würde sich bei mir melden. Denn ich werde es nicht tun. Ich kann ihn nicht einfach so anrufen. Also rufe ich diesmal wirklich Hanna an. Allerdings quatscht nur ihre Mailbox mit mir und enttäuscht packe ich meine Sachen aus, während meine Gedanken sich nicht zwischen Jan und Max entscheiden können. So wie ich. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch lasse ich mich auf mein Bett fallen und schlafe kurz danach ein.
Als ich aufwache, ist es stockfinster draußen, kein Mond zu sehen, der irgendetwas beleuchtet. Eigentlich will ich mich umdrehen und weiter schlafen, da registriere ich das Klopfen, das von meinem Fenster kommt. Mit ungutem Gefühl und pochendem Herzen stehe ich auf. Ich erleide fast einen Herzinfarkt, als ich Jans Augen sehe. Aber ich erschrecke mich nicht alleine wegen der Tatsache, dass er vor meinem Fenster hockt und mich ansieht, nein, es ist viel mehr die Art WIE er mich ansieht. Irgendwie sind seine Augen anders als sonst, leer, gruselig. Ich zögere kurz, öffne aber schließlich doch mein Fenster, ich kann ihn eh nicht ignorieren. Er steigt rein und setzt sich auf mein Bett. Er sitzt am Fußende, ich lasse mich neben meinem Kopfkissen nieder und lehne mich an die Wand. Endlich kann ich ihn genauer betrachten. Seine Muskeln sind angespannt und er atmet schwerer als sonst. Ich mustere seine Augen und erkenne jetzt genau, warum sie so leer aussehen. Seine Pupillen sind so winzig, dass ich ich sie kaum erkennen kann. Außerdem ist er kreidebleich und seine Gesichtszüge sind härter als ich es gewöhnt bin. Langsam steigt Angst in mir auf. Vor meinem eigenen Freund. Er scheint es zu spüren. "Du musst dich nicht fürchten... Es ist nur... Es ist Neumond.", sagt er, mit seinen Gedanken abwesend. Natürlich, es ist Neumond. Jan braucht Blut. Mich überkommt das Gefühl, dass er im nächsten Moment die kontrolle verliert und wäre nicht die Wand in meinem Rücken, wäre ich weiter von ihm weggerutscht. "Und was willst du dann bei mir?", frage ich und kenne die Antwort schon. Ich klinge kälter als gewollt und habe Angst, ihn sauer zu machen oder so. Aber er sieht nicht sauer aus. "Keine Ahnung. Es hat mich hergezogen. Normalerweise gehe ich in ein Krankenhaus oder in den Wald, aber ich wollte zu dir. Ich habe.. Sehnsucht.", er klingt leise und komisch verzerrt. Wie ein kranker Psychokiller und das Wort 'Sehnsucht' schein lebendig zu werden. Es kriecht über meinen Körper und nistet sich in meinem Kopf ein. Ich habe überall Gänsehaut und meine Angst vor Jan wächst stetig. In meinem Kopf hallt das Wort wider. Jan rutscht nach vorne und bleibt direkt vor mir sitzen. Es ist warm und ich trage nur eine Hot-Pants und ein T-Shirt von Jon. Jans Finger streichen über meine nackten Knie. Er zittert vor Anspannung und mir wird schlecht. "Hör auf damit.", bringe ich atemlos hervor, aber Jan ignoriert mich und seine Finger wandern weiter mein Bein entlang, über meine Hüfte, seitlich an meinem Körper hoch, bis zu meinem Hals. Ich sauge scharf die Luft ein und verkrampfe, als seine Finger über meinen Hals streichen und Jan ihn begierig ansieht. Ich habe so schreckliche Angst vor ihm. Die Angst wird zur Panik, denn ich weiß nicht, was ich machen soll, oder überhaupt machen kann. Ich bin komplett überfordert und habe Probleme richtig Luft zu bekommen. Jans Mund ist leicht geöffnet und ich spüre, wie er der Versuchung immer mehr nachgibt. Es fühlt sich an, als wäre mein ganzer Körper taub und dann tue ich das Erste, was mir in den sinn kommt. Ohne darüber nachzudenken rufe ich in Gedanken nach Max. Ich habe keine Ahnung, warum und ich weiß, dass sich das total schwachsinnig anhört, aber irgendwie fühlt es sich richtig an. Und in diese Hoffnung flüchte ich mich. Ich überlege. Wovon wird Max wohl am ehesten wach, wenn er schläft? Von Schmerzen. Ich stelle mir vor, wie er schmerzen hat, wach wird und wie ich ihm dann sage, dass ich Hilfe brauche.
Nach diesem verzweifelten Hilferuf, wende ich mich wieder Jan zu, der sich vorbeugt, um mich zu küssen. Ich erwarte scharfe Zähne, aber lasse den Kuss zu, aus Angst vor dem, was er tut, wenn ich ihn abweise. Ich erwidere seinen Kuss, aber spüre keine Zähne, die anders wären als sonst. Aber naja, Wandler sind ja auch keine Vampire. Ich bin wie benebelt und jeder klare Gedanke in meinem Kopf verschwindet, als würdeauch mein Denkvermögen betäubt. Meine Panik wächst noch mehr, als Jan von meinem Mund ablässt und stattdessen beginnt, meinen Hals zu küssen. Ich erzittere und hoffe nur, dass ein Biss nicht allzu sehr weh tut. Auf das Schlimmste gefasst schließe ich fest die Augen und halte die Luft an, als Jan von mir ablässt und aufsteht. Vorsichtig öffne ich die Augen und sehe, dass Jan mich nicht freiwillig in Ruhe gelassen hat. Er wird von Max zu Boden gedrückt. Ich bin froh ihn zu sehen und hole tief Luft, froh, wieder richtig atmen zu können. Max verpasst Jan eine Ohrfeige und ich will aufstehen, aber meine Beine gehorchen mir noch nicht so ganz. Ich atme mehrmals tief durch, während Max Jan weiter bearbeitet. "Wach auf Mann! Janek! Komm zu dir!", fährt er ihn an. Ist Jan etwa bewusstlos? Endlich kann ich mich bewegen und schaffe es meine müden Beine zu den Jungs zu schleppen. Ich hocke mich neben Max, der jetzt neben Jan kniet, lege meine Hand auf Max' Arm und er sieht mich an. Ich verliere mich in seinen Augen, ohne etwas dagegen zu unternehmen und würde ihn am liebsten küssen. Und für diesen Gedanken, würde ich mich am liebsten selber ohrfeigen. Allerdings habe ich das Gefühl, dass auch Max sich beherrschen muss. Ich reiße mich von seinem Blick los und schaue Jan an. Er ist nicht bewusstlos, aber sein Blick ist stur geradeaus gerichtet und immer noch leer. "Was können wir tun?", wende ich mich wieder an Max. "Er braucht Blut. Von dir, oder wem anders und einem Tier. Schnell." "Wie viel?" "Erstmal nur ein bisschen, damit er wieder zu sich kommt." Ohne zu zögern hole ich meine Nagelschere und piekse mir in den Finger. Ein kleiner Tropfen Blut quillt hervor und ich benetze Jans Lippen damit. Er leckt sie ab und sein Blick klärt sich langsam. "Jan?", frage ich und beuge mich vor. Max legt seine Hand auf meine Taille, als würde er mich im Notfall zurückziehen wollen. Jans Augen wandern zu meinen und ich lächele ihn schwach an. "Liz?", fragt er benommen und ich nicke leicht. Der Schock sitzt mir noch in den Knochen und ich habe mich noch nicht wieder komplett unter Kontrolle. "Er braucht mehr Blut. Kannst du aufstehen, Jan?", fragt Max und Jan nickt. Er steht mühsam auf und ich würde ihm am liebsten helfen, traue mich jedoch nicht ihn anzufassen. "Gut. Wir gehen jetzt zur Blutbank." Max zieht Janek und mich aus dem Fenster und 'läuft' mit uns zur nächsten Blutbank. Jan verschafft sich Zugang und verschwindet, während Max und ich draußen warten. Langsam, beginne ich mich etwas zu erholen. "Du hättest mich auch sanfter wecken können.", sagt Max vorwurfsvoll. Ich sehe ihn verständnislos an. "Was meinst du?" "Deinen niedlichen Hilferuf?", sagt er und lächelt mich an. So bezaubernd, wie er eben lächelt. "Das...Das hat funktioniert? Ich dachte ich mache irgendeinen Unsinn." "Und wie das funktioniert hat. Ich hab dich gespürt, als wärst du direkt neben mir gewesen." "Heißt das etwa, ich kann in deine Gedanken eindringen?", frage ich ungläubig. "Keine Ahnung, ich bin kein Fachmann. Ich hab nur eine leise Vermutung, der ich ertsmal nachgehe, bevor ich dir davon erzähle." "Okay.. Wie lange braucht Jan wohl noch?" "So lange, wie er meint.", Max macht einen Schritt auf mich zu und streicht eine Strähne aus meinem Gesicht. Ich halte die Luft bei seiner Berührung an, um das Gefühl deutlich wahrnehmen zu können.
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[ XXIV ] o7.o6.2o12
Ich spüre meinen Herzschlag in meiner Brust so klar, als würde ich danach fühlen. "Ich glaube dir kein Wort.", sage ich und Max weiß, dass ich unser Telefonat meine. "Erzähl keine Märchen.", sagt er kalt und ich spüre, dass er es nicht böse meint. "Aber was du...", beginne ich und schaue ihm in die Augen. "Du sollst den Mund halten.", unterbricht Max mich leise und legt seine Lippen auf meine. Sein Kuss ist kühl. Verlangend aber rücksichtsvoll. Ich erwidere ihn vollkommen, während Max seine Hände an meine Hüfte legt. Meine liegen auf seinen Armen und wieder vergesse ich, dass ich das nicht tun sollte. Als würde diesmal Max in meine Gedanken dringen und Jan einfach wegschieben. Ich schließe die Augen. Dann löst sich Max schnell von mir und bringt Abstand zwischen uns. Ich sehe ihn fragend an. "Da kommt er ja.", sagt er, als hätten wir uns nur unterhalten und ich blicke zur Tür. Jan kommt heraus. Er hat wieder eine normale Hautfarbe, weiche Gesichtszüge und ist nicht mehr so angespannt. In seine Augen ist die Wärme zurückgekehrt und ich hatte auch erwartet, dass er blutverschmiert ist oder so, er sieht ganz normal aus und ich bin erleichtert. Er lächelt mich an, aber ich bringe nur ein halbherziges Lächeln über die Lippen. Max schafft es zwar, mich Jan vergessen zu lassen, anders herum, funktioniert das aber nicht so wirklich. "Dann kann ich ja wieder gehen.", sagt Max lächelnd und ist im nächsten Moment verschwunden. Ich wünsche, er hätte mich mitgenommen. "Hey, ähm Liz?", beginnt Jan und will nach meiner Hnd greifen, aber ich ziehe sie weg. "Tut mir leid mit eben.. Ich war nicht ich selbst. Ich wollte das nicht und ich kann verstehen, wenn du jetzt Angst vor mir hast oder so. Aber kannst du mir noch eine Chance geben? Ich habe keine Ahnung, was ich gemacht habe, dass du mich heute hast sitzen lassen, aber ich will es vergessen.", sagt er und sieht mich mit einem Blick an, dem ich nicht wiederstehen könnte, wenn nicht Max in meinem Kopf wäre. So ruft der Blick nur zwei Möglichkeiten hervor;
Ich liebe Jan und Max war eine Ausnahme, die ich mir nicht hätte erlauben sollen. Das würde dazu führen, dass ich vielleicht nicht mit Jan zusammen sein kann, mit dem Wissen so etwas getan zu haben. Die zweite Möglichkeit ist, ich liebe ihn nicht mehr und habe mich in Max verliebt. Dann könnte ich nicht mit Jan zusammen sein, auf keinen Fall. Im Grunde führt beides als zum selben Ergebnis, aber trotzdem kann ich mich nicht so richtig entscheiden, geschweige denn, meine Gefühle richtig einordnen. "Liz?", hakt Jan nach und reißt mich aus meinen Gedanken. "Hör zu... es tut mir leid, aber ich weiß es nicht.", sage ich leise. "Was weißt du nicht? Liz?", fragt Jan verunsichert und mir steigen Tränen in die Augen. Ich will nicht, dass er das sieht und drehe mich um, während ich zu Boden sehe. "Ob... ob ich... dich noch liebe.", sage ich schnell und kneife die Augen zusammen. Ich kann mir seinen Gesichtsausdruck vorstellen. Vor Schreck geweitete Augen, traurig. Er tritt direkt hinter mich und legt seine Hände auf meine Schultern. "Wieso?", fragt er und ich höre, dass er mit den Tränen kämpft. Ich zucke nur schwach mit den Schultern. "Es tut mir alles so leid. Dass heute, dass beim Zelten so viel schief gegangen ist. Aber wir können das alles klären, irgendwie. Nur verlass mich nicht.", seine Stimme bebt vor Trauer und ich habe Schwierigkeiten, meine Tränen zurück zu halten. "Du verstehst das nicht, aber es geht nicht anders.", bringe ich schließlich hervor, mache von ihm los und lasse ihn stehen, währned mir Tränen über die Wangen laufen.
Auf dem Weg nach Hause taucht Max vor mir auf. Ich werfe mich ihm in die Arme und schluchze laut. "Du dummes Mädchen. Du dummes dummes Mädchen.", sagt er trocken, während er einfach nur dasteht. Als ich mich etwas beruhigt habe, begleitet er mich nach Hause. Er geht einfach nur neben mir her und blick stur gerade aus. Wir berühren uns nicht einmal. Zuhause lege ich mich in mein Bett und kuschel mich unter die Decke. Max setzt sich neben mich. "Ich wusste nicht, was ich machen soll. Ich kann doch nicht einfach so weitermachen, wenn ich mich vielleicht in dich verliebt habe.", sage ich und sehe Max an, der an die gegenüberliegende Wand starrt und bei meinen Worten leicht zusammenzuckt. "Du solltest dir nicht das von versprechen.", sagt er nur und ein Kloß bildet sich in meinem Hals. "Ich weiß, aber ich bin auch nur ein Mensch. Meinst du, ich suche mir sowas aus?", entgegne ich. Er schüttelt kaum merklich den Kopf und sieht michan. "Sah er sehr fertig aus?", frage ich in der Annahme, dass er Jan und mich vorhin beobachtet hat. "Ja.", sagt er und ich nicke. Ich drehe mcih auf die Seite, mit dem Rücken zu Max. Ich spüre, wie er sich neben mich unter die Decke legt und dich an mich rückt. Ich drehe mich um, in der Erwartung, meinen Kopf an ihn lehnen zu können. Stattdessen schaue ich direkt in seine Augen und noch ehe ich reagieren kann, küsst er mich. Ich sehe direkt in seine Augen und meine, hinter der Kälte etwas Wärem zu entdecken. Ich schließe meine Augen während Max' Hand sich unter mein T-Shirt um meine Hüfte legt und mich auf sich zieht. Wir öffnen schon wieder gleichzeitig unsere Lippen und lassen den Kuss leidenschaftlicher werden. Seine andere Hand wandert ebenfalls unter mein Oberteil und streicht über meinen Rücken. Ich öffne den Reißverschluss seiner Sweatjacke und bin ebenso erfreut, wie überrascht, dass er nichts drunter trägt. Ich lasse meine Finger über seinen Oberkörper fahren und entlocke ihm ein leises Stöhnen. Gegen seinen Willen löse ich meinen Mund von seinem und bedecke erst seinen Hals und dann seinen makellosen Oberkörper mit Küssen, woraufhin er wieder leise aufstöhnt. Dann lege ich meine Lippen wieder auf seine und rutsche langsam von ihm runter. Ich lege meinen Kopf auf seine Schultern und atme hörbar aus. Dankbar, dass er kein Theater um die Sache macht. Ich rolle mich in seinem Arm, den er mir um die Schultern gelegt hat, zusammen und schlafe ein, bevor sich ein schlechtes Gewissen in mir breit machen kann.
Am nächsten Morgen liege ich allein in meinem Bett, lediglich sein Geruch an meiner Bettdecke weist darauf hin, dass Max hier gewesen ist. Ich sauge den Duft ein und seufze, Dann wird mir schlagartig bewusst, dass ich in der Nacht mit Jan Schluss gemacht und ihm damit das Herz gebrochen habe. Das Lächeln schwindet aus meinem Gesicht und ich würde am liebsten heulen, weil ich das Gefühle habe, das mit Jan war ein risen Fehler. Gerne würde ich alles Hanna erzählen, aber weder bei der Wandler-Sache noch bei Jans und meiner "Beziehung" habe ich ein gutes Gefühl. Trotzdem nehme ich mein Telefon und rufe bei meiner besten Freundin an. "Oh Liz, tut mir leid, gestern hab ich mich mit Chris getroffen und hatte keinen Empfang!", schallt es mir entgegen und ich lächle. "Macht nichts, erzähl mal!", sage ich und Hanna erzählt. Es sei nichts besonderes passiert, aber er sei total toll und sie haben ein zweites Treffen vereinbart. Ich freue mich für sie und hoffe, dass sie nicht nach Jan fragt. Tut sie aber. "Naja Hanna... wir hatten Stress.", stammle ich wahrheitsgemäß. "Und?", fragt sie. "Ich glaube, dass wir uns so auf der Pelle gehangen haben, war nicht so gut. Wir haben eine... Beziehungspause eingelegt." "Nein! Von dir aus, oder von ihm?" "Von uns beiden.", lüge ich und Hanna seufzt. Ich meinem Kopf befindet sich Max, seine Berührungen, seine Küsse, seine Art, so kalt zu mir zu sein, ohne mich zu verletzen. Aber auch von unserem ersten Kuss erzähle ich ihr nichts und fühle mich unheimlich schlecht dabei. Doch es fühlt sich richtiger an, sie anzulügen, als ihr das alles zu erzhälen. Wir telefonieren noch eine Weile undich achte auf jedes Wort, dass ich sage, damit ich mich nicht verplapper, bis ich auflege, weil ich frühstücken will. Mein Vater sitzt am Esstisch und liest Zeitung. Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. "Morgen Schatz. Hast du ein neues Parfüm oder warum riechst du so männlich?", fragt er. Ich mache mir einen Kaffee und rieche unauffällig an meinem Shirt. Es riecht auch nach Max. "Nee, aber das ist ja ein Oberteil von Jon, vielleicht deshalb... Ist ja auch egal.", winke ich schnell ab und hoffe, dass mein Vater damit zufireden ist. Er wendet sich nickend wieder der Zeitung zu und ich setze mich mit meinem Kaffee zu ihm. Mir ist der Appetit vergangen und ich gehe, als ich fertig bin, wieder in mein Zimmer. Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass ich eine SMS habe. Von Jan. Ich schlucke und öffne sie.
'Bist du dir wirklich sicher?'
Ich seufze.Vor einem Jahr hätte ich für so jemanden wie Jan, alles getan. Aber mittlerweile finde ich Kitsch und das ganze Drumherum nicht mehr so super. Das ist aber genau Jans Art. Deswegen hatte es Max auch so leicht, mir den Kopf zu verdrehen. Er ist kühl, kein Geturtel und trotzdem nicht verletzend. Dass Jan so hinter mir herläuft, fängt an, mich ein wenig zu nerven. Ich antworte ihm nicht, weil ich nicht weiß, was und schreibe stattdessen Max eine SMS.
'Na, gut nach Hause gekommen, diese Nacht?'
Ich weiß, dass ich mich auf dünnem Eis bewege.
'Liz, ich hab dir schon oft genug gesagt, du sollst dir nichts davon versprechen, es ist nichts von Bedeutung. Und wenn Lynn sowas liest, bin ich im Arsch. Also mach dir keine Hoffnungen.'
Ich lächle, denn ich hoffe nicht, ich weiß, dass es sehr wohl Bedeutung für ihn hat. Und ich weiß auch, dass er mich bei nächster Gelegenheit wieder küssen wird.
'Wann sehen wir uns wieder?' antworte ich.
'Lass dich überraschen, anstatt zu nerven!' kommt zurück und ich fahren mit einem Finger über meine Lippen, mit meinen Gedanken bei seinen Küssen. Das Beste an Max ist, dass er eigentlich Tabu ist.
Ich ziehe mich an und fahre zu Jonah ins Krankenhaus. Im Bus mache ich mir Gedanken, was ich ihm von den Ereignissen diese Nacht erzählen soll. Nach langem Hin und Her beschließe ich, ihm dasselbe wie Hanna zu erzählen. Bevor ich Jemandem die Wahrheit erzähle, will ich erstmal selber damit klar kommen. Und das kann noch eine Weile dauern. Vor Jons Zimmer zieht mich jemand zur Seite und hält mir den Mund zu. Ich erkenne den Gruch und mache mich los. "Gehts noch?!", fahre ich Mick an. "Heute ohne Freund unterwegs?", fragt er frech. "Das geht dich einen feuchten Dreck an!", erwidere ich gereizt. "Läuft wohl nicht so gut.", sagt er und lächelt selbstzufrieden. "Was willst du eigentlich von mir?", fauche ich. Plötzlich setzt mein Herz einen Schlag aus. Um Mick wabert die Luft. Wie bei Menir. Ich konzentriere mich auf Mick und nehme seine Energie so deutlich wahr, dass es mir die Luft abschnürt. Sie fühlt sich nicht so erdrückend böse an, wie bei Menir, aber es reicht um mich verdammt unwohl zu fühlen. Ist er etwa auch ein Wandler? Nein, das würde sich anders anfühlen. Was ist er dann? Ich kann ihn das wohl kaum fragen. Er durchbohrt mich mit seinen Blicken und es fühlt sich an, als würden sie sich in meine Haut brennen. "Du siehst so angestrengt aus.", sagt Mich lächelnd. "Ich frage dich nochmal: Was willst du von mir?" "Was du mir schuldest.", sagt er und macht einen Schritt auf mich zu. "Fass mich nicht an!", fauche ich. Ich habe Angst davor, von ihm zu berührt zu werden, seit ich diese Luft um ihn wahrnehme. Auch wenn es mir anscheinend nicht weh tut, er hat mich ja schon im Gesicht berührt. "Ich schulde dir gar nichts!" Mick macht einen weiteren Schritt auf mich zu und ich muss leicht nach oben gucken, um in sein Gesicht sehen zu können. Ich schaudere, als er seinen Finger an mein Kinn legt und meinen Kopf anhebt. Meine Hände sind zu Fäusten geballt, bereit zuzuschlagen. Mein ganzer Körper ist angespannt, dann höre ich Jonahs Stimme hinter mir. "Ey, nimm deine Pfoten von meiner Schwester!" Mick lässt meinenKopf sinken ohne mich loszulassen und sieht hinter mich. Erleichtert schließe ich die Augen und atme tief durch. Ich mache einen Schritt von Mick wer, aber traue mich nicht, ihn aus den Augen zu lassen. "Was hast du mir bitte zu sagen?", erwidert er höhnisch. Ich gehe noch einen Schritt nach hinten und spüre Jons Hand, die nach meiner greift und sie dann umschließt. Ich stelle mich neben ihn und schaue ihn aufmunternd an. "Gegenfrage: Woher hast du das Recht, dich an meiner Schwester zu vergreifen?", fährt Jon Mick an. "Ich habe es nicht ich nehme es mir.", entgegnet dieser und ich sehe, wie sich die wabernde Luft um ihn herum ausbreitet. "Verschwinde einfach.", sage ich und meine Stimme hat wieder diesen määchtigen Unterton. Nicht so ausgeprägt, wie bei Menir, aber es reich, damit Mich mich mit aufgerissenen Augen ansieht. Ich nicke Jonah zu und zusammen gehen wir in sein Zimmer. Er legt sich hin und ich setze mich zu ihm. "Wo kam das denn her?", fragt er. "Was?" "Deine Stimme war so... furchteinflößend." "Frauenpower, keine Ahnung.", sage ich schnell und wechsle dann das Thema. "Wie geht's dir, Jon?" "Ich fühl mich ziemlich gut. Und dir? Was Neues von Janek?" "Ja, wir haben uns dafür entschieden erstmal Abstand zu halten, nach einem weiteren Streit.", lüge ich auch meinen Bruder an und er nimmt meine Hand. "Und Max?", ich höre an seinem Tonfall, dass er Max unsympatishc findet. Sofort habe ich Gewissensbisse. "Ach der... der tut immer noch so, als wäre nichts. Aber Hanna soll das nicht von dir erfahren, sie weiß es nich nicht.", erzähle ich. Jon nickt nur und nach etwa zwei Stunden fahre ich wieder heim. Den restlichen Tag verbringe ich mit Schulsachen.
An meinem letzten Ferientag liege ich fast nur im Bett. Ich fühle mich miserabel und total ausgepowert. Alles, was in den Ferien passiert ist schießt in meinen Kopf und verursacht dort Schmerzen.
Dann beginnt der Ernst des leben wieder. Und zum ersten Mal, seit Jahren, bin ich froh, dass Janek nicht mehr auf meiner Schule ist.
Irgendwie überstehen Hanna und ich den Schultag. Ich bin nicht wirklich fit. Schon gar nicht im Kopf, weil da nur Max herumspukt. Ich spüre seine Küsse und Berührungen so deutlich, als wären sie real. Ich bin nicht fähig, mich auf den Unterricht zu konzentrieren oder Hanna richtig zuzuhören. Ich wünsche mich in mein Bett, in Max' Arme. Ja, er hat mir den Kopf verdreht. Und wie! Er muss es mir nicht sagen, ich weiß, dass er etwas für mich empfindet. Mehr als nur für Jemanden, der nur eine kleine Abwechslung ist. Ich spüre es. Hinter jedem Wort, jeder Geste steckt mehr, als nur sein cooles Getue. Ob nur ich das merke? Oder ist es bei Lynn genauso? Lynn... Ich habe mit Jan Schluss gemacht. Max mit Lynn nicht. Wieso? Ist er fähig, mehr als ein Mädchen zu lieben? Oder spielt er nur Theater? Un wenn, wem spielt er etwas vor? Kann man vorspielen, seine wahren Gefühle nicht preiszugeben? Ich vermisse ihn. Seine Art.
Solche Gedanken schwirren dort in meinem Kopf herum, wo sich eigentlich der Satz des Pytagoras und Gedichtsanalysen aufhalten sollten. Und in diesen Gedankengängen kommt Jan kein einziges Mal vor. Ich weiß nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll. Denn immerhin habe ich ihn geliebt und er liebt mich. Übrigens glaube ich nur zum Teil, dass ich ihn gar nicht mehr liebe. Ich denke zwar kaum an ihn, aber der Gedanke daran, was ich ihm angetan habe ist alles Andere als angenehm. Manchmal wünsche ich mir auch, dass Max etwas, nur ein bisschen, mehr wie Jan sein könnte. Gerade so, dass er sich vielleicht mal meldet. Nur damit ich weiß, dass ich auch in seinem bin.
Auch die restliche Woche geht gut rum. Irgendwie bekomme ich den Unterricht gebacken, obwohl Max meinen Kopf beansprucht. Ich bin fast jeden Tag bei Jon und er sieht Mal für Mal gesünder aus. Mick bleibt mir zum Glück erspart.
Freitag passiert etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Ich gehe vom Schulhof an die Bushaltestelle und traue meinen Augen kaum. Da steht Max und er ist umringt von Mädchen aus meiner Stufe. Er genießt die Aufmerksamkeit und die ganzen blöden Ziegen gucken verdammt blöd, als er mir zulächelt. Ich kann fast keine von diesen linken Ziegen leiden. Sie sind alle so falsch und aufgesetzt. Leider gibt es nur wenige Ausnahmen.
Max grinst mich an und ich schaffe mir Platz, um zu ihm zu gelangen. Ich will ihn umarmen, aber er drückt mir einen langen Kuss auf die Wange und streicht unauffällig mit seinen Fingerspitzen über meine Hand, während ich dahinschmelze und lächeln muss. Denn da ist es wieder. Das Gefühl seiner Berührungen seiner Lippen. Es ist wieder da und ausnahmsweise mal nicht nur in meiner Vorstellung. Die Mädels verstummen und ich spüre ihre neidischen Blicke in meinem Rücken. Am liebsten würde ich Max in die Arme fallen, ihn küssen. Ich bin so glücklich, ihn zu sehen. "Und, wie geht's Lynn?" Ich stehe so dicht vor ihm, dass ich mehr mit seinem Oberkörper rede, als mit ihm. "Der geht es super.", antwortet Max, legt seinen Arm um meine Schultern und zieht mich mit sich. "Was machst du hier?", frage ich. "Ich hab mich mal schlau gemacht und jetzt würde ich gerne etwas mit dir besprechen." Ich grinse in mich hinein, schließlich habe ich sturmfrei. "Fahren wir zu mir?", frage ich. "Nein, ich wollte mit dir in ne Bücherrei, so öffentlich wie es geht, bitte.", sagt Max todernst. Ich bleibe stehen und sehe ihn an. "Bin ich blöd oder was? Wir fahren zu dir.", grinst er mich an und ich gehe weiter. Wir steigen in sein Auto und Max fährt vom Parkplatz. Vorbei an den neidischen Hühnern, die Montag alle meine beste Freundin sein wollen. Ich betrachte Max, der auf die Straße blick und präge mir seine Gesichtszüge genau ein. "Max?", beginne ich, ohne vorher nachzudenken. Ich wende meinen Blick auch auf die Straße nachdem er genickt hat. "Ich hab die ganze Woche an dich gedacht. 'Tschuldige, dass sich das jetzt so kitschig anhört. Aber es ist wahr.", sage ich leise. Er sagt gar nichts, was mich zum ersten Mal verletzt. "Weißt du Max, es ist mir eigentlich egal, ob du mich auch liebst. Und wenn du mich liebst, ob du es mir zeigst oder nicht. Und wenn du mich nicht liebst und nur so tust, als ob. Das ist mir alles so egal. Ich bin nur so glücklich, wenn ich bei dir bin, dass es keine Rolle spielst, ob du mich auch liebst.", gestehe ich. "Warum sagst du mir das?", fragt er. "Weiß nicht. Kam mir grad in den Sinn." Den Rest der Fahrt verspringen wie schweigend. Zuhause angekommen holt Max eine schwarze Tasche aus dem Kofferraum. Er ignoriert meinen fragenden Blick und wie gehen in mein Zimmer. "Verdunkle die Fenster.", sagt Max und ich tue es. Er setzt sich auf den Boden und holt ein Buch aus der Tasche. Ich setze mich dicht neben ihn. "Was ist das?", frage ich. Es ist dünn, mit einem unauffälligen schwarzen Einband und als Max eine Seite aufschlägt sind die Blätter unbeschrieben. Linierte, leere Blätter. "Mein neues Vokabelheft? Spektakulär!", sage ich sarkastisch und lächle Max an. Er schaut zu mir runter und ich muss mich zurückhalten, damit ich ihm keinen Kuss gebe. Max' Mine wird schlagartig ernst. "Nein. Hör mir jetzt gut zu.", sagt Max ernst. "Unmöglich.", sage ich leise und ich sehe, wie er kurz den Ansatz macht, mir einen Kuss zu geben, es aber doch lässt. Zu meiner Enttäuschung. "Liz, das ist eine ernste Sache. Du musst erhlich sein und mir alles erzählen, was dir irgendwie mal komisch vorkam. Und du musst erhlich sein!" Ich nicke. "Dann hör du mir jetzt mal zu.", sage ich un berichte von meiner Begegnung mit Menir, von der wabernden Luft, meinen Verbrennungen und der Reviergeschichte. Max hört mir aufmerksam zu, ohne dabei seinen Blick von meinen Lippen zu wenden. "Liz, du bist eine Airi.", sagt er, als ich beendet habe. "Ein was?" "So hieß das Volk, das vor Urzeiten existierte, die ZAuberei beherrschte und den Wandlerfluch erschuf. Es wird immer gesagt, alle Airen wären bei dem Krieg damals umgekommen, aber es gab Überlebende, die geheim gehalten werden. Sie haben sich bis heute versteckt. Deine Blutlinie führt zu einer Airi, Liz!", erklärt Max und hat Probleme, seine Aufregung zu unterdrücken. "Aslo kann ich zaubern?", frage ich total neugierig und wie ein kleines Kind. "Ja, im Grunde schon, aber so einfach wie bei Bibi Blocksberg ist das nicht." Max legt mir das Buch auf den Schoß und ich zucke zusammen. "Das wiegt ja Tonnen!", stoße ich hervor. "Das ist eine Überlieferung, getarnt als herkömmliches Notizbuch und nur Airen können es lesen. Frag bitte nicht, woher ich es habe." Ich schaue auf das Buch, schließe dann die Augen und stelle mir vor, es wäre dick und alt. Aber als die Augen wieder öffne, hat es sich kein Stück verändert. Enttäuscht sehe ich Max an. "Wie geht das?", jammere ich. "Woher soll ich das denn wissen? Das musst du schon selber irgendwie rausbekommen.", antwortet er und ich seufze. Ich lasse mich nach hinten fallen, verschränke die Arme hinter meinem Kopf und schaue zur Decke. "Kann ja Jahre dauern, bis ich das was zu Stande gebracht habe.", sage ich. "Hör einfach auf, dich so zu bemitleiden.", erwidert Max. Ich drehe mein Gesicht in seine Richtung. Er starrt auf das Buch. "Mh.", mache ich nur, schließe die Augen und stelle mir vor, wie Max sich runterbeugt um mich zu küssen, in der Hoffnung ihn so dazu zubringen. Als ich kurz danach seine Lippen auf meinem Mund spüre, muss ich lächeln. Ich lege meine Hände in seinen Nacken. "Na wenigstens klappt das schon.", sage ich. Max bringt mich wieder zum Schweigen, schiebt seine Hände unter meinen Körper und im nächsten Moment liege ich auf ihm auf meinem Bett. Seine Hände wandern auf meinen Po und ich öffne meine Lippen einen Spalt, um mit meiner Zunge über seine Lippen zu fahren. Er öffnet seine Lippen auf meine Bitte hin und seine Hände fahren über meinen Rücken zum Verschluss meines BHs. Mit einem sicheren Griff ist er offen. Irgendwie schießt mir die Szene aus dem Auto in den Kopf. Wie ich Max mein Herz ausschütte und er einfach so unpassend reagiert. Ich werde sauer und beiße ihm in die Lippe, woraufhin ich mich von ihm runter gleiten lasse und meinen BH schließe. Max fasst sich an die Lippe und sieht mich an. "Was sollte das denn?", fragt er genervt. Ich setze mich hin und zucke die Schultern. "Irgendwie musste ich dir ja zeigen, wo Schluss ist.", sage ich. "Und wieso war da auf einmal schluss?", fragt er. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. "Darüber willst du jetzt diskutieren?" "Ja, will ich. Du hast mir auf die Lippe gebissen.", entgegnet Max mir. "Heulst du jetzt rum wie ein kleines Mädchen oder was?" "Liz! Was ist mit dir los?" "Was mit mir los ist?! Ich habe wegen dir, scheiß Arsch, mit Jan Schluss gemacht, weil ich mich sehr wahrscheinlich in dich verliebt habe. So wie es aber aussieht, ist das nur einseitig und nur weil ich dich liebe, heißt das nicht, dass du das komplett ausnutzen darfst! Ich hab auch noch meinen Stolz!", fahre ich Max an, der kurz überrascht aussieht, sich aber schnell wieder fasst. "Ach und was willst du jetzt von dem scheiß Arsch hören?! Soll ich vor dir auf die Knie fallen und dir die Füße küssen und herausschreien, dass ich dich liebe?! Was erwartest du von mir? Ich dachte, es sei dir egal, was ich für dich empfinde, das hast du mir eben gesagt!", erwidert Max. "Ja, das habe ich dir gesagt. Und dann hab ich dir jetzt die Erlaubnis gegeben dir alles mit mir zu erlauben oder wie?! Vielleicht ist es mir ja auch gar nicht egal, mh?", sage ich laut und bin verletzt. Weil es sich so anhört, als würde er wirklich nichts für mich empfinden, gar nichts. Und als hätte ich mir das alles nur eingebildet. "Denk mal nach, ob ich einfach so Lynn belügen würde. Ob ich mir einfach so was einfallen lassen würde, wo ich bin, ohne dass sie misstrauisch wird. Ob ich mir den Arsch für dich aufreißen würde. Das würde sich nicht lohnen, wenn es mir nicht wichtig wäre!", sagt Max sauer und ist im nächsten Moment verschwunden. Ich breche in Tränen aus und lasse mich in meine Kissen fallen, während ich lauthals schluchze. Max ist so ein Arsch!
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[ XXV ] o8.o6.2o12
Ich heule eine gefühlte Ewigkeit, immer nur den selben Gedanken in meinem Kopf: Max ist ein Arsch! Ich blende alles komplett aus, alles was er gesagt hat. Ich kann nur daran denken, dass er ein Arsch ist. Als ich mich beruhigt habe und mich nicht mehr wie betäubt anfühle, fällt mir schlagartig wieder ein, was er zuletzt gesagt hat. 'Das würde sich nicht lohnen, wenn es mir nicht wichtig wäre!' Ich atme tief durch. Ich bin ihm wichtig. Irgendwie, auf irgendeine Art bin ich ihm wichtig. Das hilft mir ungemein, mich zu beruhigen. "Hey Liz!", ruft mein Vater hoch und wirft seinen Schlüssel auf die Kommode. "Hi Papa.", rufe ich runter und hoffe, dass er nicht hoch kommt. "He, du hast ja gar nichts gegessen, ich hatte dir extra was rausgestellt, was du dir warm machen kannst." Ich seufze. Toll, mein Vater kümmert sich um mich und ich hab wieder nur meine blöden Teenie-Probleme im Kopf. Mein Blick fällt auf das Buch. "Scheiß Ding.", knurre ich. Ich öffne meine Zimmertür. "'Tschuldige, hab ich gar nicht gesehen. Mir gings nicht so gut, hatte keinen Hunger. Aber wir können jetzt doch zusammen essen.", schlage ich vor. "Ja eigentlich schon, aber ich hab auf der Arbeit gegessen, weil ich dachte du isst zu Mittag und bist satt.", kommt es zurück. Ich schlage die Hand vor den Kopf. "Ähm okay, macht nichts.. dann ess ich schnell alleine was.", antworte ich und gehe ins Bad, um mich frisch zu machen. Ich sehe in den Spiegel, in mein Gesicht, dass total verheult ist und zum ersten Mal, seit sie weg ist vermisse ich meine Mutter. Sie hat immer darauf geachtet, dass ich etwas esse. Und dass wir trotzdem noch zusammen essen konnten. Zumindest, bevor Jonah den Unfall hatte. Das hat sie irgendwie verändert. Was sie wohl gerade macht? Ob sie jemanden kennengelernt hat? Ich verdränge solche Gedanken und gehe zu meinem Vater.
Ich sitze gerade an meinen Mathehausaufgaben, die ich eigentlich nie Freitags mache, als mein Telefon klingelt. "Hallo?", frage ich. "Hey Liz! Weißt du schon, was du am Wochenende machst?", trällert mir Hanna entgegen. Ich überlege kurz. "Nein, aber ich schätze, du wirst es mir gleich sagen.", erwidere ich dann. "Sowas von richtig! Wie wäre es, wenn wir morgen feiern gehen?", fragt sie. "Super, wo denn?", frage ich, dankbar für jede Ablenkung. "Ein Kumpel von Chris schmeißt ne Party. Das wird so eine Nimm-alle-mit-die-du-kennst-wir-schießen-uns-eh-alle-ab-Party." "Klingt ja reizend.", lache ich. "Also?" "Abgemacht. Wie kommen wir hin?" "Chris fährt uns." "Und wie kommen wir zurück?", frage ich. "Wir bleiben über Nacht?", schlägt sie vor. Ich seufze. "Nicht gut?", hakt sie nach. "Passt schon. Wann soll ich morgen kommen?", gebe ich nach. "Gegen sechs? Ich freu mich, meine Süße! Bis morgen.", damit legt Hanna auf. Ich wende mich wieder meinen Hausaufgaben zu und gehe dann schlafen. Der Samstag ist bis sechs Uhr unspektakulär und ich fühle mich unmotiviert. Ich hatte Streit mit dem Jungen, für den ich meinen Freund verlassen habe. Dementsprechend geht es mir nicht wirklich gut. Aber für Hanna überwinde ich mich und mache mich auf den Weg zu ihr. Sie kommt gerade zur Tür raus und fällt mir um den Hals. Sie trägt eine kurze Hot-Pants und ein weit ausgeschnittenes Top. "Gewagt.", sage ich und deute auf ihr Oberteil. "Hallo? Absturzparty?", sagte sie und zwinkert mir zu. Ich verdrehe die Augen. "Da kommt Chris!", ruft sie mit glänzenden Augen aus. Chris kommt mit einer Schrottkarre angefahren, aus der laute Musik dröhnt. Er steigt aus und lächelt Hanna an. Irgendetwas stört mich an ihm und deswegen lächle ich auch nicht zurück, als er mich ansieht und mustert. Er legt einen Arm in Hannas Rücken und zieht sie an sich. "Hey Babe.", haucht er ihr entgegen und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Ja, er ist mir unsympatisch und dass er Hanna 'Babe' nennt, macht ihn nur noch unsympatischer. "Hi!", sagt sie viel zu hoch und grinst bis über beide Ohren. Chris wendet sich mir zu. "Und du bist?" "Liz.", spucke ich ihm regelrecht vor die Füße und setze ein gekünsteltes Lächeln auf. Er kotzt mich an. Und er sieht mich an, als wäre ich Dreck. Also er zeigt es nicht so direkt, aber ich seh es in seinem Blick. Ich laufe nicht rum wie eine Hure, also bin ich uninteressant. Super und so einer schleicht sich bei Hanna ein. Er lächelt sie wieder an. "Wollen wir?", er zieht sie mit seinen Blicken in seinen Bann und wie in Trance nickt sie. Als wäre sie seine willenlose Puppe. Ich steige in sein Auto ein und muss husten. Es ist total voll gequalmt. Erst, als ich mich anschnalle sehe ich ein Mädchen, dass auf dem Beifahrersitz sitzt. "Lola.", lächelt sie mich an und zieht an einer Zigarette. "Liz.", erwidere ich und starre auf ihre Zigarette. "Kannst du die vielleicht aus machen? Ich vertrag den Rauch nicht so.", bitte ich sie. "Oh sorry, klar.", erwidert sie unerwartet freundlich, öffnet das Fenster und schnippt den Stummel raus. "Danke.", sage ich und sehe nach draußen. Chris wirft Hanna noch ein Lächeln zu, bevor sie einsteigen. Hanna lehnt sich zu mir. "Ist er nicht toll?", fragt sie und sieht mich immer noch wie in Trance an. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. "Naja.", sage ich und lasse mich in den Sitz sinken. Hanna scheint von meiner Antwort nur die zweite Silbe gehört zu haben und starrt Chris während der Fahrt wie verzaubert an. Dieser hat allerdings nur Augen für die Sraße und für Lola. Ich muss Hanna unbedingt von ihm wegbringen. Sie ist zwar so unglaublich glücklich, aber mit diesem Kerl stimmt etwas nicht. Das rieche ich 10 Kilometer gegen den Wind. Ich würde auch gerne so naiv sein wie Hanna. Ich hätte gerne jemanden, der auf mich aufpasst, sodass ich ohne Sorgen naiv sein kann. Leider übernehme ich den Aufpass-Teil. Als wir ankommen und ausgestiegen sind, legt Chris seinen Arm um Hannas Hüfte und flüstert ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie hysterisch kichert. Oder hat er an ihrem Ohr geknabbert? Ich will es gar nicht wissen. "Jaja, am Anfang wirkt er unwiderstehlich. Am Anfang.", sagt Lola, stellt sich neben mich und zündet sich eine Zigarette an. Sie bläst den Rauch von mir weg und ich sehe sie fragend an. "Er zieht ein Mädchen in seinen Bann, macht es ganz verrückt nach ihm, spielt mit ihm und lässt es dann eiskalt abblitzen. Und trotzdem hab ich es bis heute nicht geschafft, drüber hinweg zu kommen.", sagt sie und seufzt. "Pass gut auf deine Freundin auf.", sagt sie und zieht mich mit sich hinter Chris her. Die Party findet in einem Haus, was sage ich Haus, einer Villa statt und ich halte mich an Lola. Hanna klebt förmlich an Chris und an seinen Lippen. Sie bewegt sich keinen Millimeter von ihm weg und ich versuche auch gar nicht das zu ändern. Es hätte eh keinen Zweck. Lola stellt mir ein paar Leute vor und ich habe das Gefühl, jedes Mädchen hier hatte schonmal etwas mit Chris und ist immer noch nicht über ihn weg. "Sag mal, wen hatte er eigentlich noch nicht?", frage ich abwertend. "Er hatte fast alle. Und die, die er noch nicht hatte stehen bestimmt schon auf der Warteliste.", antwortet mir Lola. Ich nicke. "Bist du eigentlich in festen Händen? Du interessierst dich ja kein Stück für Chris." Ich verschlucke mich an meiner Cola und beginne zu husten. Lola klopft mir auf den Rücken. "Sorry, schlechte Frage?" "Naja, ich bin nicht direkt vergeben. Aber ich habe schon meine Gründe, wieso mich Chris nicht interessiert.", rede ich mich raus und Lola zündet sich nickend eine Zigarette an. Wir sitzen mit ein paar anderen am Rand einer großen Fläche, die als Tanzfläche gebraucht wird. Hanna und Chris tauchen vor uns auf und es wird eine ekelhafte Liebesschnulze aufgelegt. Chris zieht Hanna an sich und wickelt sie mit seinen Blicken weiter um den Finger. Sie legt ihre Hände in seinen Nacken und schmiegt sich an ihn. Er flüstert ihr etwas zu und sie lacht leise. Immer und immer wieder, während seine Hände auf ihrer Hüfte ruhen und sie steuern. Es ist furchtbar Hanna in den Armen eines solchen Kerls zu sehen und ich frage mich, ob sie wirklich gar nicht mitbekommt, was für ein ekelhafter Typ er ist. Ich will, aber ich kann meinen Blick nicht von den beiden lösen. Am liebsten würde ich zu ihnen stürmen, mir Hanna schnappen und sie von diesem Typen wegbringen. Es reicht doch, wenn eine von uns Pech mit den Kerlen hat, da kann doch wenigstens sie einen Vernünftigen abbekommen. "Ich frag mich für wen es schlimmer ist. Für dich, sie da zu sehen, oder für sie, sobald er ihr das Herz gebrochen hat.", sagt Lola und hält mir ihre Zigarette hin. Ohne zu zögern nehme ich sie und ziehe daran. Sofort bereue ich es und beginne zu husten. Der Zug war definitiv zu groß für den Ersten. "Weißt du, wir haben alle damit angefangen, nachdem Schluss war. Weil er immer gesagt hat, wir seien zu fett. Also schön Nikotin, gegen den Hunger.", erklärt ein Mädchen mit berliner Dialekt und ich sehe sie durch den Tränenschleier, der sich gebildet hat, an. Erst jetzt fällt mir auf, dass die Mädchen alle sehr dünn sind. Noch nicht so, dass es ungesund aussieht, aber es ist vermutlich unmöglich auch nur ein Gramm Fett bei ihnen zu entdecken. "Hilft auch gegen Stress.", sagt Lola zwinkernd und hält mir die Zigarette, die ich ihr vor meinem Anfall wieder in die Hand gedrückt habe, hin. Ich schüttele den Kopf. "Danke, ich glaube das ist nichts für mich.", sage ich mit krächzender Stimme. "Komm, rauch wenigstens die zu Ende. Dann fühlen wir uns nicht ganz so schlimm.", bittet Lola mich und ich seufze. "Na gut.", ich nehme ihr die Zigarette ab und ziehe ernuet daran. Diesmal nicht ganz so heftig. So bekomme ich zwar keinen Hustenanfall, aber der ekelhafte Geschmack nach... etwas ekelhaftem kommt durch und ich habe das Gefühl, mir kommt mein Essen hoch. "Wie könnt ihr diesen Geschmack bitte nicht schrecklich finden?", frage ich. "Wir finden ihn schrecklich, aber irgendwann erträgt man ihn.", erklärt eins der Mädchen, Sara heißt sie glaube ich. "Aha.", brumme ich. Ich rauche dieses ekelhafte Ding und stopfe den Stummel in einen Aschenbecher. Hannas erschrockene Blicke ignoriere ich gekonnt. Ich bin mir eh nicht sicher ob sie ernst gemeint sind, da ich keine Ahnung habe, wie viel sie schon getrunken hat. Als Chris' Hände auf ihren Po rutschen und er ihr etwas zuflüstert, woraufhin sie lachend die Fläche verlassen, gehe ich ihnen hinterher. "Nimm die mit.", sagt Lola, drückt mir eine Zigarettenschachtel in die Hand und ignoriert meinen ablehnenden Blick. "Viel Glück.", lächelt sie und ich drehe mich um, um meiner besten Freundin hinterher zustürmen. Ich habe keine Ahnung, was die beiden vorhaben, aber meine Beste-Freundin-Alarmanlage sagt mir, dass ich da dran bleiben sollte. Ich möchte auf keinen Fall, dass Hanna etwas unüberlegtes mit diesem Kerl tut. Ich möchte, dass sie gar nichts mehr mit ihm tut! Ich entdecke die beiden, die gerade eine Treppe raufgehen. Ich gehe hinter ihnen her. Die Treppe führt hoch in einen Flur und ich sehe, wie Chris Hanna in eine kleine Diele schiebt und lächelnd einen Schritt weiter macht. Ich setze mich auf die oberste Stufe und vergrabe das Gesicht in meinen Händen. Mehrmals überlege ich, ob es wirklich so gut ist, Hanna sie da weg zu holen. Ich sollte mich damit beeilen, bevor die beiden in einem Zimmer verschwinden. Also stehe ich auf, atme tief durch und gehe den Flur entlang. "Hanna?", frage ich und schlucke, als ich die beiden sehe. Hannas Oberteil ist verrutscht und Chris hat seine Hände darunter geschoben. Hanna hat eine Hand in seinen Haaren vergraben und die andere unter sein Shirt geschoben. "Hanna!", wiederhole ich etwas lauter und sie sieht mich belustigt an. Chris dreht sich um und wenn sein Blick töten könnte, wäre ich jetzt tot. Aber nur kurz, denn sofort lächelt er wieder. "Was los, Süße?", fragt meine Beste und es ist nicht zu überhören, dass sie alles andere als nüchtern ist. "Ich würde gerne ein kurzes Gespräch mit dir führen. Von Freundin zu Freundin.", sage ich und lächele Chris künstlich an. "Also nimm deine Grabscher mal kurz von meiner Freundin und such dir ein anderes Püppchen. Danke.", ich greife an Chris vorbei nach Hannas Hand und ziehe sie zu mir. "Hey, nich so grob, bitte!", lacht sie mich an und haucht mir eine Alkoholwolke entgegen. "Komm mit.", sage ich nur und stecke die andere Hand in meine Hosentasche, wo sie auf die Zigarettenschachtel trifft. Ich schlucke, aber ziehe Hanna trotzdem energisch weiter. Wir gehen in den Garten, in eine ruhige Ecke und ich beginne meinen Vortrag. "Hast du eigentlich nicht mehr alle Latten am Zaun?! Ich dachte Chris wäre toll?!" Hanna atmet tief durch und auf einmal wirkt sie viel weniger betrunken auf mich. "Er ist doch toll!" "Er ist ein Arsch, Hanna! Merkst du das nicht? Merkst du nicht, wie ihn hier alle Mädchen, mich ausgenommen, ansehen?" "Doch klar. Weil er so toll ist." "Du bist so naiv! Was hat er dir erzählt? Dass du seine große Liebe bist? Vermutlich tut er auch noch so, als seist du seine erste Freundin. Mindestens zwei Drittel der Mädchen hier hatten mal was mit ihm! Und dann hat er sie alle sitzen lassen! Sieh ihn dir doch an! Wie er dich anschaut, anfasst, mit dir redet! Du bist so naiv!", schreie ich. "Und wer bist du? Meine Mutter? Liz, Chris ist toll und ich liebe ihn! Und er liebt mich auch! Spiel dich hier nicht so auf, nur weil du so super vernünftig bist!", entgegenet Hanna und stellt sich dierekt vor mich. "Nein ich bin deine beste Freundin! Achso, er liebt dich?! Hat er dir das gesagt? Auch nur einmal? Ins Gesicht, diese drei Worte? Ich liebe dich?! Ich wette das hat er nicht! Weil er dich nicht liebt Hanna! Er liebt nur sich selbst! Du bist für ihn doch nur ein Spielzeug und merkst es nicht! Nein, du lässt dich von ihm abfüllen und läufst für ihn rum, wie Eine, die es nötig hat! Und ich kenne dich gut genug um zu wissen, was du von solchen billigen Mädchen hälst!" "Du nennst mich also billig? Ich bin billig? So denkst du über mich?!" "Nein, aber.." "Halt den Mund! Ich bin nicht billig, ich bin verliebt. Glücklich verliebt! Und nur, weil du das nicht bist und du nicht mehr mit Jan zusammen bist, lass deinen Frust nicht an mir aus! Gönn mir mein Glück gefälligst!" Ich schlucke. Sie hat einen Wunden Punkt getroffen und das verletzt mich. Ich muss mich kurz fangen, ehe ich weiterrede. "Ich würde dir dein Glück ja gönnen! Ich gönne dir alles Glück der Welt, aber dieser Typ ist kein Glück! Noch ist er toll zu dir und auf einmal bist du zu fett für ihn und er lässt dich sitzen! Ich will dich beschützen! Vor einem riesen Fehler und einem riesen Absturz! Aber du bist zu dumm, zu blind, um das zu erkennen! Weil ich die Böse bin! Ich suche mir wenigstens keine Kerle aus, denen ich egal bin! Und ich schwöre dir, du wirst alles bereuen, was du heute mit diesem Typen tust! Und weil ich deine beste Freundin bin, werde ich mir dein rumgeheule anhören, wenn er hat, was er wollte und dich entjungfert zurückgibt und du am Boden zerstört bist! Dann werde ich für dich da sein! Weil ich immer dein Bestes will! Und glaub mir, der Kerl ist das ganze Gegenteil!", brülle ich und bekomme Halsschmerzen. Hanna sieht mich an, ohne irgendeine Miene zu verziehen. "Rauchen ist ungesund.", sagt sie nur und geht an mir vorbei. Mir fällt erst jetzt auf, dass ich zittere und total fertig bin. Meine Nerven sind am Ende und ohne darüber nachzudenken wandern meine zitternden Finger zu der Zigarettenschachtel. Ich öffne sie hastig, stecke mir eine Zigarette in den Mund, hole das Feuerzeug aus der Schachtel und zünde die Zigarette an. Zitternd halte ich sie fest, während ich dran ziehe und den Rauch rausblase. Hastig stecke ich die Schatel zurück und versuche mich zu beruhigen, während ich langsam einen Zug nach dem anderen nehme. Der ekelhafte Geschmack macht sich in meinem Mund breit und ich rede mir ein, ich würde meine Probleme mit dem Qualm loswerden. Der Qualm einer Zigarette reicht nicht, also stecke ich mir noch die Zweite an. Ich weiß, dass das nicht gut ist, aber ich habe ja nicht vor, mit dem Rauchen anzufangen. Nur heute mal sorgenlos sein. Tränen rinnen über mein Gesicht und diese Zigarette genieße ich Zug für Zug. Sofern das bei dem Geschmack möglich ist. Ich setze mich auf einen großen Stein, während ich vor mich hin rauche. In meinem Augenwinkel sehe ich, wie jemand auf mich zu kommt und sich neben mich setzt. "Warum rauchst du?", fragt er. "Was willst du hier?", frage ich Max mit pochendem Herzen und nehme den nächsten Zug. "Ist die auf dem Boden auch von dir? Das ist nicht gesund und ich wette der Kerl ist es nicht Wert.", sagt er grinsend. "Hast Recht, nichtmal das bist du wert.", sage ich. Er hat mir zwar gesagt, dass ich ihm wichtig bin, aber ich bin trotzdem sauer. "Ach komm schon, du bist jetzt sauer auf mich?", fragt er. Ich nicke nur und puste ihm den Rauch ins Gesicht. "Ich will allein sein.", sage ich. "Und küss mich nicht, Hanna ist hier irgendwo und ich konnte ihr noch nichts von uns erzählen.", sage ich. "Ach, wer weiß denn schon davon?", fragt Max genervt. "Niemand. Nur das von der Raststätte, mein Bruder und mein Vater. Sonst weiß niemand nichts über uns. Und das kann auch so bleiben." "Ach komm. Wirf die Teile weg und geh feiern.", sagt er und legt seinen Arm um mich. "Die gehören nicht mir und die hier rauch ich jetzt noch." "Dann geh danach feiern." "Keine Lust mehr.", ich lehne mich gegen Max und ziehe ein letztes Mal an der Zigarette, ehe ich aufstehe und sie im nächsten Aschenbecher entsorge. Ich setze mich wieder zu Max und sehe dann Chris, der auf mich zu kommt. "Na sieh mal einer an! Ein paar Kurze mehr und jetzt bist sogar du scharf!", sagt er und grinst mich an. Ich sehe ihn angewidert an. "Such dir eine, die es nötig hat, okay. Glaub mir, unverständlicherweise gibt es hier genug. Du hast die freie Wahl. Obwohl. Hanna und ich zählen nicht.", entgegne ich. Chris lacht kurz, geht einen Schirtt auf mich zu und hockt sich vor mich hin. Er legt seine Hände auf meine Beine und ich spüre, wie Max neben mir jeden Muskel anspannt. "Keine falsche Scham, Süße. Na los, oben in den Zimmern soll es bequeme Betten geben." Ich schiebe seine Hände von meinen Beinen und er greift nach meinen Handgelneken, sodass ich meine Hände nicht befreien kann. So kann er mich problemlos zu sich ziehen, bis sich unsere Gesichter direkt voreinander befinden. "Siehst du, du willst es.", sagt er und macht Anstalten, die Lücke zwischen unseren Mündern zu schließen, da geht Max auf ihn los. "Hör mal zu Kleiner. Wenn du so dringend irgendein Mädchen brauchst, dann schieß dich noch mehr ab und nimm dir irgendeins. Außer Liz. Und wenn du hacke bist, dann nimmt man dir die Sache nicht so übel und es ist leichter erklärt. Also verschwinde und lass deine Finger von ihr.", faucht er ihn an, während er ihn zu Boden drückt. Er lässt von ihm ab. "Und was hast du mir zu sagen, wenn es um dieses Mädel geht?", provoziert Chris. "Als ihr fester Freund eine ganz schöne Menge!", antwortet Max und küsst mich lang, wobei sein Blick überlegen Chris gilt.
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[ XXVI ] o9.o6.2o12
Ich kann sehen, wie Chris wütend wird, während Max mich küsst und erst da fällt mir auf, was mich am meisten an Chris stört. Ich warte, bis er abgehauen ist und löse mich dann schnell von Max. "Du spinnst wohl!", werfe ich ihm vor. Er lächelt nur. "Du hast mich nicht aufgehalten." "Weil es nicht unglaubwürdig wirken sollte.", rechtfertige ich mich. "Also spinne ich doch nicht. Ich hab dir aus der Patsche geholfen. Und echt, lass das rauchen, es schmeckt widerlich.", zwinkert Max und will aufstehen. Ich halte ihn am Arm fest. "Mit Chris stimmt was nicht. Ich hab sie gesehen, diese Luft. Aber mir ist es erst aufgefallen, als du mich geküsst hast.", sage ich schnell. Max setzt sich wieder richtig hin. "Dann sollte ich das wohl öfter tun.", lächelt er. Ich strecke eine Hand aus und drücke sie gegen ihn. "Nein, Stopp! Hör auf damit!", sage ich. "Womit denn?" "So zu sein! Sei wieder ernst, so wie bei der Sache mit dem Buch. Bitte!" Max nimmt meine Hand von seiner Brust und hält sie fest. "Also gut, was willst du jetzt machen?", fragt er ernst. "Hanna hier weg bringen. Ich habe keine Ahnung, was es mit diesem wabernden Zeug auf sich hat, aber es ist schlecht und ich will nicht, dass Hanna da noch irgendwie mit in Berührung kommt. Können wir bitte fahren?", bitte ich. Max drückt meine Hand, steht auf, zieht mich mit hoch und geht dann zurück ins Haus. Ich gehe hinter ihm her. Nachdem wir alles abgesucht haben, finden wir Hanna im Vorgarten. Sie sitzt auf einer Bank und hat das Gesicht in den Händen vergraben. Ich setze mich neben sie und lege meinen Arm um ihre Schultern. "Ich hab ihn gesehen... Mit einer Anderen.", sagt sie und bricht in Tränen aus. Ich ziehe sie in meine Arme. "Ist gut, Süße.", spreche ich ihr zu und wiege sie. "Wollen wir nach Hause?", frage ich. Sie nickt nur und ich helfe ihr auf. Max führt uns schweigend zu seinem Auto und ich verfrachte meine Beste auf die Rückbank. "Schlaf, bis wir zu Hause sind.", sage ich und setze mich nach vorne zu Max. Er startet den Motor und kaum sind wir losgefahren, ist Hanna eingenickt. "Also, du hast um Chris diese Luft gesehen?", greift Max das Thema noch einmal auf. Ich nicke. "Ja. Ich würde echt mal gerne wissen, was das zu bedeuten hat. Aber dieses Buch hält es nicht für nötig, sich mir mal zu offenbaren." "Das kommt schon noch, du musst Geduld haben. Du musst mir sagen, wo ich hin muss." Ich navigiere Max zu Hanna und steige aus. "He Hanna, aufwachen, wir sind da.", rüttle ich sie sanft wach. "Ich will nicht nach Hause.. Kann ich nicht bei dir schlafen?", murmelt sie. Ich seufze. "Na gut.", gebe ich nach, schließe die Tür wieder und setze mich nach vorne. "Zu dir?", fragt Max und ich nicke. Wir steigen beide aus und ich hole Hanna aus dem Auto. Leise, um meinen Vater nicht zu wecken, schließe ich die Haustür auf und bringe Hanna in mein Zimmer, wo sie sich auf mein Bett legt und sofort eingeschlafen ist. Ohne, dass auf meinem Bett noch Platz für mich wäre. Ich seufze und gehe wieder runter zu Max. "Schätze ich muss auf der Couch schlafen.", sage ich. Er lächelt mich an. "Sie wird dir dankbar sein.", flüstert er und ich lächle zurück. Wir stehen eine Weile nur da und sehen uns schweigend an. "Danke. Für alles.", flüstere ich schließlich und umarme Max. Er legt seine Arme um mich und ich atme seinen Geruch tief ein. Er schiebt mich leicht von sich, sodass er mich küssen kann. "Hier sollte ich wohl nicht auf die Knie fallen und der Welt mitteilen, dass ich dich liebe.", es war keine Frage aber ich nicke trotzdem. "Das solltest du nie tun.", sage ich und schließe Max' Mund mit einem weiteren Kuss. "Ich geh jetzt schlafen.", flüstere ich, lächle Max an und gehe ins Wohnzimmer, wo ich mich aufs Sofa lege, mich unter eine Decke kuschele und die Augen schließe, während Max sich auf eine Sofalehne setzt. Mit einem Lächeln auf den Lippen schlafe ich ein.
Als ich aufwache geht gerade die Sonne auf und obwohl ich nur wenige Stunden geschlafen habe fühle ich mich fit und ausgeschlafen. Max ist natürlich nicht da. Leise gehe ich hoch in mein Zimmer und erschrecke mich, als ich Hanna in meinem Bett entdecke. Ich habe sie total vergessen. Leise ziehe ich mich um und setze mich an meinen Schreibtisch, da wacht Hanna auf. "Danke Liz.", sagt sie. Ich setze mich zu ihr und lächle sie an. "Macht doch nichts." "Es tut mir leid, dass ich so mies zu dir war, weil du Recht hattest und ich das wusste und jetzt weiß und..." "Hey hey hey! Beruhige dich, ist doch gut.", unterbreche ich sie. "Wer war das gestern?", fragt sie. "Wer?" "Na der Kerl, der uns hergefahren hat." "Ach das. Das war nur ähm Max. Also der, der mit Zelten war.", beginne ich. "Ich habe ihn angerufen und gefragt, ob er uns abholen kann, ich wusste nicht, wen ich sonst fragen sollte.", lüge ich weiter. "Verstehe, dann sag ihm mal danke von mir, wenn du ihn mal siehst.", antwortet Hanna. "Kann ich schnell hier duschen und was von dir drüber ziehen? Sonst stressen meine Eltern." Ich nicke. "Klar, mach ruhig." Hanna steht auf und geht ins Bad. Mir fällt die Zigarettenschachtel wieder ein und ich hole sie aus meiner Tasche. Ich öffne sie und sehe neben den letzten beiden Zigaretten und dem Feuerzeug ein Zettelchen.
'Falls du noch brauchst, melde dich:'
Mit einer Handynummer und gezeichnet von Lola. Ich schüttele den Kopf. Diese Zigaretten werdn alleine in dieser Packung verrootten. Ich packe sie in eine Schublade meines Schreibtisches. Ich schaue auf mein Handy und mir fällt Jans SMS ein, dir er mir vor Ewigkeiten geschrieben hat und mir fällt eine Antwort darauf ein.
'Ja, ich bin mir sicher.
Tut mir leid, aber wärst du an meiner Stelle würdest du es verstehen.'
Ich schlucke. Ich habe Jan total verdrängt und alles was damit zu tun hat. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals und mein Herz beginnt wehzutun. Ich muss mir eingestehen, dass ich Jan vermisse. Ja, das wirkt total billig und dumm aber es ist nunmal so. Ich würde ihn gerne sehen und seine Stimme hören. Er hasst mich bestimmt und will nie wieder mit mir reden. Das wäre furchtbar für mich. Ich kaue auf meiner Unterlippe und versuche wieder Ordung in meine Gedanken zu bringen, während ich zur Schublade gehe, die Schachtel raushole und mir eine Zigarette anzünde. Ich öffne mein Fenster und blase den Rauch hinaus, als ich höre, wie die Badezimmertür geöffnet wird. Panisch suche ich nach einem Ort, wo ich die Zigarette hinlegen kann. Ich lasse sie einfach aus dem Fenster fallen und werfe mich auf mein Bett, wo ich so tue, als wäre ich total mit meinem Handy beschäftigt. In dem Moment kommt Hanna rein. "Du hast geraucht.", sagt sie nur und geht zu meinem Kleiderschrank. Ich sehe auf und tue total überrascht. "Was?", frage ich, als hätte ich sie nicht verstanden. "Du hast mich verstanden. Du solltest das lassen, aber ist ja deine Sache." "Richtig, es ist meine Sache, was ich mache." "Genau, du musst mir auch nichts erzählen, aus deinem Leben. Du kannst mich anlügen, ist ja deine Sache!", Hanna dreht sich um und wird laut. "Mein Vater schläft noch und ich habe keine Ahnung was du meinst.", erwidere ich ruhig. Obwohl ich alles andere als ruhig bin. "Du weißt, wovon ich rede. Von Max. Und von dem Grund, warum du nicht mehr mit Jan zusammen bist. Moment, das ist ja dasselbe!" "Du spinnst doch.", sage ich und stehe auf. "Nein. Ich war gestern vielleicht nicht mehr ganz frisch, aber ich weiß was ich gesehen habe. Und das war Max, der dich geküsst hat. Ich hab auch gehört, was er gesagt hat. Und hey Moment, ist der nicht eigentlich vergeben? An Jans Ex? Oder habt ihr Patnertausch gemacht? Liz, was ist los mit dir?!" "Raus. Geh einfach, ja?", sage ich und deute zur Tür. Hanna geht wortlos raus und ich lasse mich wieder auf mein Bett fallen. Super. Streit mit Hanna, wegen Max. Und keinen Kontakt zu Jan, wegen Max. Ich rufe ihn an. "Was willst du?", fragt er. "Ich hasse dich!", sage ich laut und lege sofort wieder auf. Ja, ich habe das gerade wirklich getan. Und nein, ich weiß nicht warum. "Du bist so dumm. Dumm. Dumm.", sage ich zu mir selbst und fange an zu weinen. "Und durchdrehen tust du auch." Ich stecke mir die letzte Zigarette an und stelle mich wieder ans Fenster, während ich langsam ruhiger werde. Ich spüle den Stummel das Klo runter und unterdrücke einen Schrei, als Max in meinem Zimmer steht. "Du hast wieder geraucht.", sagt er nur. "Nicht du auch noch!", seufze ich. "Hör mal Liz.." "Nein! Wenn du diskutieren willst gehen wir raus.", sage ich und da Max das nicht ablehnt verlasse ich mein Zimmer. Er wirft mich über seine Schulter und im nächsten Moment sind wir im Wald, der an unseren Garten grenzt. "Du sollst das Rauchen lassen.", sagt er. "Aha. Will ich aber nicht.", sage ich. "Und warum rufst du mich an? Was sollte das?", fragt er. "Wegen dir geht alles kaputt!", erwidere ich. "Wegen MIR?", fragt er und lacht auf. "Ja genau. Wegen dir! Wegen dir habe ich mit Jan Schluss gemacht!" "Das war deine Entscheidung! Ich habe dich nicht dazu gezwungen oder ähnliches!" "Nein, aber du hast mich geküsst und mich so dazu gebracht!" "Und wegen Jan bist du jetzt sauer auf mich?" "Mit Hanna habe ich auch Streit!" "Und wie habe ich das bitte verschuldet?" "Sie hat uns gestern Abend gesehen und gehört! Und jetzt ist sie sauer auf mich! Und beim rauchen hat sie mich auch gesehen!" "Dann klär das mit ihr! Aber gib mir nicht die Schuld an Allem! Fass dir mal an die eigene Nase, du hast das alles selber entschieden!", fährt Max mich an. "Ich hasse dich!", schreie ich mit Tränen in den Augen zurück. Ich stürme auf Max zu und habe eigentlich vor, ihm eine Ohrfeige zu geben, stattdessen lege ich meine Hände auf seine Wangen und küsse ihn. Tränen rinnen mir über Wangen und Max legt seine Arme in meinen Rücken. "Ich sehe, wie du mich hasst.", sagt er zwischen zwei küssen. "Weil ich dich liebe. Scheiße, ich liebe dich.", flüstere ich und löse mich von ihm. "Und das ist so schlimm, weil?", fragt Max und wischt eine Träne aus meinem Gesicht. "Weil ich nicht weiß, ob du mich auch liebst. Das gestern war höchstens eine Andeutung." Max gibt mir einen kurzen Kuss. "Das tue ich aber." "Was?" "Dich lieben.", haucht er und küsst mich erneut. Meine Knie werden weich und mein Herz rast. "Du musst mich festhalten.", bringe ich hervor. "Wieso?" "Ich kann mich nicht auf den Beinen halten." "Niedlich.", sagt er und legt seine Arme in meinen Rücken um mich dicht an sich zu ziehen und ich lege meine Hände auf seine Brust. Er setzt den Kuss fort und bringt mich so dazu, alles zu vergessen. Max fährt mit der Zunge über meine Lippen, aber anstatt meine zu öffnen, lehne ich meinen Kopf gegen seine Schulter. "Geh nicht weg, nie mehr.", sage ich leise. "Obwohl du mich hasst und ich so schlimm bin?" "Du bist nicht schlimm. Nichts ist schlimm, wenn du bei mir bist. Deswegen darfst du nicht weg.", sage ich und sehe zu ihm hoch. "Mh. Ich kann dir nichts versprechen, das weißt du." "Ja, leider." "Kau das nächste Mal Kaugummi." "Was?!" "Nach dem du geraucht hast. Das schmeckt echt ekelhaft." "Ich werd nicht mehr rauchen, die Packung ist eh leer.", lächle ich und gebe Max einen schnellen Kuss. "Na dann.", lächelt er und zieht mich wieder an sich. "Ich mein das ernst! Dass du nicht gehen sollst." "Hey, du vergisst da etwas Grundlegendes." "Lynn...", sage ich leise und Max gibt mir einen Kuss auf den Kopf. "Ich bin halt kein Jan, der alles stehen und liegen lässt für ein Mädchen.", sagt er und ich schließe die Augen. "Ich bin müde.", murmle ich. Anscheinend bin ich doch nicht so ausgeschlafen, wie ich mich fühle. Max nimmt mich auf den Arm und dann liege ich in meinem Bett. Er gibt mir einen Kuss und ich schaffe es nicht, die Augen zu öffnen, meine Lider sind so schwer. Ungeniert taste ich nach seiner Hand und als er sich von mir löst drücke ich sie fest. "Nein, nicht gehen. Bleib hier.", sage ich ohne die Zähne voneinander bewegen zu können. "Schlaf jetzt und versuch nicht, mich zu erreichen. Irgendwann tauche ich wieder auf.", flüstert Max und legt erneut seinen Mund auf meinen. Als er seinen Kopf nach hinten nimmt, um von mir abzulassen, folge ich ihm so weit es geht, ohne unsere Münder zu trennen. "Träum schön.", sagt er leise und ist im nächsten Moment weg. "Nein! Nein. Nein...", stammle ich und schlafe mit Max' Geschmack in meinem Mund ein.
Ich werde wach, weil es in meinem Zimmer raschelt. Nach einer Weile habe ich mich gesammelt und quäle mich aus dem Bett. Es ist bestimmt schon Nachmittag. Das Rascheln führt mich zu meinem Schreibtisch, wo das Buch liegt. Es blättert sich auf und wieder zu. Als ich davor stehe durchfließt mich eine wohltuende Energie und ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen. Ich verspüre den Drang, das Buch anzufassen und mit pochendem Herzen strecke ich meine Hände aus. Ich lege meine Hände auf eine Seite, die gerade geöffnet ist und schließe die Augen. Ich keuche auf, weil ich so überwältig bin von diesem Gefühl. Das Buch scheint zu leben. Ich schließe es und betrachte den Buchdeckel. Das ganze Buch hat sich verändert. Es ist größer und dicker und sieht alt und vergriffen aus. So wie ich es erwartet habe. Vorne steht etwas geschrieben, aber ich kann es nicht entziffern. Ich vermute, dass es nicht mal Buchstaben sind sondern irgendeine fremde Sprache, vielleicht heißt sie ja airisch? Langsam streiche ich mit den Fingern über die Zeichen und genieße das Glücksgefühl, dass mich dabei überkommt. Es ist so vollkommen, dass ich nur daran denken kann, dass ich glücklich bin und vergesse, dass ich in meinem Zimmer vor meinem Schriebtisch stehe. Ich öffne das Buch und erwarte, dass da noch mehr von diesen Zeichen sind. Am Rand sind die Seiten mit Ranken verziert, die Farben sind verblasst und kaum noch zu erkennen. Und in der Mitte steht etwas. Auf deutsch! Aufgeregt nehme ich das Buch und setze mich auf mein Bett. Ich fange an zu lesen und mich im Buch zu verlieren.
Als ich auf die Uhr sehe, ist es nach sechs. Ich habe bestimmt zwei Stunden lang gelesen. Und nicht mal ein Viertel des Buches durch. Jedoch sind die folgenden Seiten wieder leer und meine Augen sind vor Anstrengung träge. Ich denke über das nach, was ich gelesen habe. Am Anfang steht, dass es eine airische Überlieferung ist, verfasst von Cecile Galele, einer der ältesten Airen. Diese wabernde Luft, die ich manchmal sehe wird Schleier genannt und nicht jede Airi sieht sie gleich. Allerdings steht erst weiter hinten eine genauere Erklärung. Auf den Seiten, die ich noch nicht lesen kann. Ansonsten stehen da alle möglichen Zaubersprüche, wie sie ausgeführt werden, wie schwer sie sind, was sie bewirken. Ich hab sie mir alle durchgelesen und fast alle sind noch in meinem Kopf. Als würde ich sie schon seit Ewigkeiten kennen und ich hätte sie nur aufgefrischt. Ich war so in das Buch vertieft, dass mir gar nicht aufgefallen ist, dass ich meinen Vater heute noch nicht gesehen habe. Ich verlasse mein Zimmer und schaue in Küche und Wohnzimmer nach. Da ist er nicht. Vorsichtig klopfe ich an die Schlafzimmertür. Ich öffne sie und finde meinen Vater vor, der im Bett liegt und schwer atmet. Schnell stürme ich zu ihm. "Papa! Was ist, geht es dir nicht gut?", frage ich. "Ich fühle mich krank. Als hätte ich Fieber. Nur schlimmer." "Hast du Grippe oder so?" "Weiß ich nicht." "Okay, ich hol ein Fieberthermometer." Ich eile in die Küche, krame alles an Medizin zusammen, was ich finde, nehme eine Flasche Wasser und ein Fieberthermometer und laufe zurück zu meinem Vater. "Hier.", sage ich und drücke ihm das Gerät in die Hand. "Hast du Husten?", frage ich. Er nickt. "39,7.", sagt er. "Okay, schluck die. Gegen Fieber und Husten.", sage ich und gebe ihm die Tabletten und das Wasser. "Danke Schatz." Ich lege mich neben ihn. "Bitte. Sorry, dass ich nicht schon früher her gekommen bin." "Ach.", winkt mein Vater ab. Ich bleibe eine Weile bei ihm, bis ich sicher bin, dass er eingeschlafen ist. Dann gehe ich hoch und setze mich auf mein Bett. Ich bin kurz davor, Max anzurufen, aber das kann ich nicht machen. Er hat gesagt, ich soll nicht anrufen, also rufe ich nicht an. Ich seufze und lasse mich nach hinten fallen. Ich schließe meine Augen und fahre mit meinen Händen durch meine Haare. "Super Liz, du hast dir echt einen super Typ ausgesucht. Er liebt dich, super. Aber er verlässt nicht seine Freundin für dich. Aber du hast dich deswegen von deinem Freund getrennt. Und Streit mit Hanna. Naja wenigstens musst du nichts mehr für die Schule machen.", rede ich mit mir selber und ziehe meine Schlafklamotten an. Ich lege mich hin und denke nach, an Max, an Hanna, an Jan, meine Eltern, meinen Bruder, alles, was mir passiert ist, bis ich meine Augen nicht mehr offen halten kann und einschlafe.
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[ XXVII ] 3o.o6.2o12
Mein Wecker klingelt und
mit geschlossenen Augen mache ich ihn aus. Dann versuche ich langsam
wach zu werden und schleppe mich aus dem Bett. Ich fühle mich obwohl
ich viel geschlafen habe müde und schlapp und habe Schwierigkeiten
mich auf den Beinen zu halten. Im Bad wasche ich mich, aber der
aufputschende Effekt des kalten Wassers in meinem Gesicht bleibt zu
meiner Enttäuschung aus. Ich schlurfe zurück in mein Zimmer, ziehe
mich an und bewege mich dann in die Küche, wo ich meinem Vater
einen Tee und mir einen Kaffee koche. Ich öffne die Schlafzimmertür
und gehe leise hinein. Sanft rüttle ich meinen Vater wach. „Morgen
Papa. Ich hab dir Tee gekocht. Wie fühlst du dich?“, frage ich.
„Danke Schatz. Nicht wirklich gut, ich bleib noch im Bett.“, sagt
er und ist im nächsten Moment wieder eingeschlafen. In der Küche
trinke ich den Rest meines mittlerweile kalten Kaffees, aber auch der
macht mich nicht wach. Ich würde mich am liebsten wieder ins Bett
legen und schlafen, ich bin total ausgelaugt. Und zudem habe ich
unheimlich Lust auf eine Zigarette, was mich verdammt nervt. Ich bin
schon auf dem Weg in mein Zimmer, als mir einfällt, dass die Packung
ja leer ist. Irgendwie zieht diese Tatsache meine Laune noch weiter
in den Keller. Das ärgert mich, was mich dann endgültig und
vollkommen demotiviert. Und so verlasse ich schließlich das Haus. In
der Schule ignoriert Hanna mich, als wären wir im Kindergarten.
Egal, worauf ich sie ansprechen will, ich existiere für sie einfach
nicht. Sie weiß, dass mich das verletzt, aber ich tue nach außen
hin so, als würde mich das kalt lassen. Was mich allerdings nicht
kalt lässt ist, dass ich immer müder und schlapper werde. Ich kann
mich kaum konzentrieren und muss mich zusammenreißen, um nicht die
ganze Zeit herum zu zappeln. Auch meiner Deutschlehrerin fällt das
auf. „Elisa, ist alles gut bei dir? Du siehst heute so blass aus.“,
fragt sie mich vor der ersten Pause. Ich winke ab. „Danke der
Nachfrage. Ich habe heute einfach einen schlechten Tag, nicht der
Rede Wert.“, sage ich, ringe mir ein Lächeln ab und hoffe, dass
das als Antwort reicht. Tut es anscheinend, denn meine Lehrerin nickt
und lässt mich in Ruhe. Ich gehe in die Pause und meine Knochen
fühle sich an, wie Blei. Weil Hanna mich noch ignoriert und ich auf
die Gesellschaft meiner anderen Mitschülerinnen verzichten kann
suche ich Luka auf. Luka ist ein guter Freund von mir, den ich schon
ewig kenne und eine Stufe über mir. Wir führen eine eher
oberflächliche Freundschaft, aber wir können zusammen lachen und
ich bin gerne bei ihm. Ich finde ihn bei den anderen aus seiner Stufe
und er umarmt mich zur Begrüßung, wofür er sogar seinen Arm von
seiner Freundin nimmt. Ich weiß nicht, wie sie heißt, ihr müsst
wissen, dass Luka seine Freundinnen zu häufig wechselt, um sie
kennen zu lernen. Was Liebe angeht ist er ein echtes Arschloch und
mittlerweile redet fast jeder aus meiner Stufe schlecht über ihn.
Ich halte dann in der Regel meine Klappe, mich juckt nicht, wie er
mit Mädchen umgeht, so lange er sich nicht auch mir gegenüber so
verhält. Das klingt egoistisch, aber wer sich auf ihn einlässt
müsste danke seines Rufes wissen, wie er ist und sollte sich nicht
wundern, wenn es auf einmal vorbei ist. Luka legt seine Hand auf die
Hüfte seiner Freundin und gibt ihr einen Kuss. „Kommt einer von
euch mit?“, fragt er in die Runde. Ich habe zwar keine Ahnung
wohin, aber ich nicke. Da sonst niemand will gehen wir zusammen zum
angrenzenden Wald und als wir dort ankommen bereue ich meine
Entscheidung. Luka zündet sich eine Zigarette an. Ich wusste gar
nicht, dass er raucht und diese Konfrontierung nimmt mir kurz die
Luft. Auch wenn es schwer ist schaffe ich es, nicht die ganze Zeit
auf seine Zigarette zu starren. Und es ist auch nicht leicht, meine
Hände unter Kontrolle zu halten. Am liebsten würde ich ihm die
Zigarette einfach wegnehmen und wenigstens ein einziges Mal daran
ziehen. Aber ich erinnere mich selbst daran, dass ich ja nicht
rauchen will, eigentlich. Und obwohl ich mich Minuten für Minute
immer schlechter fühle, halte ich irgendwie den restlichen Schultag
aus. Bis zu meiner Freistunde. Denn es ist Montag und da habe ich
neun Stunden. Die siebte zum Glück frei. Besonders heute bin ich
froh darüber. Ich stürme, sofern man es stürmen nennen kann, es
fühlt sich eher an wie kriechen, über den Schulhof und suche Luka.
Er spielt mit ein paar anderen Jungs Fußball. Seine Freundin sitzt
am Rand und himmelt ihn an. „Luka!“, rufe ich ihn und winke ihn
zu mir. „Was ist los? Du siehst ja furchtbar aus, stimmt was
nicht?“, fragt er. Ich schüttele den Kopf. „Egal, komm mit,
bitte!“, sage ich schnell. Er seufzt und kommt mit mir hinter die
Turnhalle. „Ich brauch ne Zigarette!“, stoße ich hervor und Luka
zieht die Augenbrauen hoch. „Du und rauchen?“, fragt er
belustigt. „Lach nicht, hilf mir! Scheiße ich glaube ich sterbe.“,
sage ich und sehe ihn böse an. Er zuckt die Schultern, holt eine
Zigaretten-Packung raus und drückt mir eine Zigarette in die Hand.
Ich zünde sie mit Lolas Feuerzeug, das ich aus welchem Grund auch
immer, heute Morgen eingesteckt habe. Genüsslich schließe ich meine
Augen, während ich einen tiefen Zug nehme. „Also, seit wann
rauchst du?“, fragt Luka erneut. „Frag ich dich ja auch nicht.
War eher ein Unfall.“, gebe ich knapp zurück und nehme den
nächsten Zug. Langsam werde ich etwas ruhiger. Luka nickt nur und
sieht mich an. Als ich fertig bin, umarme ich ihn. „Du bist ein
Held.“, sage ich und er erwidert die Umarmung. Zusammen gehen wir
zurück auf den Schulhof, zum Fußballplatz. „He Luka, hinter der
Turnhalle? Ich dachte du hättest etwas mehr Niveau!“, ruft uns
einer der Jungs zu und wir lachen. Alle außer Lukas' Freundin. Ich
bin so Kommentare mittlerweile gewöhnt und nehme sie nicht wirklich
ernst. „Also danke nochmal.“, sage ich und Luka spielt weiter
Fußball. Ich stehe noch eine Weile neben seiner Freundin und sehe
den Jungs beim spielen zu, ehe ich, als es klingelt in die Umkleide
gehe. Hanna ignoriert mich immer noch und ich gebe es auf, sie dazu
zu bringen, mir zu antworten. Ich ziehe mich um und betrete mit ein
paar anderen Mädchen die Sporthalle. Obwohl ich vorhin Eine geraucht
habe, fühle ich mich immer noch zu schlapp und wundere mich, als ich
die Hürdenlauf Übungen halbwegs gut absolviere. Als nächstes
spiele wir Basketball. Und obwohl ich in jeder Ballsportart eine
Niete bin, laufe ich, was das Zeug hält. Das endet damit, dass ich
irgendwann auf der Bank liege, Kopfschmerzen habe und kaum Luft
kriege. Mir ist schlecht und mein Herz rast wie verrückt. Außerdem
fühlt es sich so an, als würde ein tonnenschweres Gewicht auf
meinem Brustkorb liegen. Und eine Flasche mit Wasser habe ich
natürlich nicht dabei. Ich schließe kurz die Augen und als ich sie
wieder öffne, erschrecke ich mich zu Tode. Lena steht neben mir und
beugt sich über mich. Ich hasse sie. Lena ist eine von denen, die
sich für die Beste hält. Jeder will mit ihr befreundet sein und sie
ist eine linke Schlange. Mit ihrem falschen Lächeln hält sie mir
ihre Flasche vors Gesicht. Ächzend setze ich mich auf und sie setzt
sich neben mich. Ich nehme die Flasche und rieche unauffällig daran,
man weiß ja nie bei der! Sie sieht unserer Klasse beim spielen zu
und ich trinke dankbar einen Schluck. „Alles klar bei dir?“,
fragt sie zuckersüß. „Seh ich etwa so aus? Musst du nicht
spielen?“ „Nee, wir mussten auswechseln und ich dachte ich setz
mich zu dir.“, sie sieht mich an und lächelt mich weiter an,
während ich eine Augenbraue hochziehe. „Aha. Und was willst du
wirklich von mir?“, frage ich und werfe ihr die Flasche zu. Sie
fängt sie ungeschickt und seufzt herzallerliebst. „Also ich wollte
die eigentlich was fragen.“ „Na also. Sag schon.“, sage ich
genervt. „Also dieser gutaussehende Typ, der dich letztens abgeholt
hat.. Der mit den dunkelblonden Haaren“, sagt sie. Zuerst will ich
sie anmeckern aber dann kommt mir eine Idee und ein Lächeln huscht
über meine Wangen. „Ach, du meinst meinen schwulen Onkel Hannes!
Der war nur zu Besuch und hat mich überraschend abgeholt.“, als
ich sehe, wie Lenas Mundwinkel nach unten wandern muss ich ein Lachen
unterdrücken. „Oh.“, sagt sie nur, steht auf und watschelt weg.
Ich ignoriere meinen
Sportlehrer und bleibe den Rest der Stunde auf der Bank, weil ich
mich wieder total schlecht fühle.
Im
Bus erzählt Lena aufgebracht ihren so genannten Freundinnen, dass
der absolut heiße Typ schwul ist. Ein enttäuschtest Raunen macht
die Runde und ich muss kopfschüttelnd lächeln. Wenigstens lassen
sie Max jetzt in Ruhe. Beim Gedanken an ihn zieht sich mein Magen
zusammen und ich bin froh, als ich zuhause ankomme. Ich gehe zu
meinem Vater, der immer noch im Bett liegt und schläft. Ich nehme
seine Tasse mit und schließe leise die Tür.