Random. 2


[XXIX] 14.o7.2o12
Dann gehe ich in mein Zimmer, krame Lolas Zettel aus meiner Schublade. Ich fühle mich benommen und bin irgendwie nicht ganz bei mir. „Hallo?“, meldet sie sich. „Ähm hey. Ich bins, Liz.“, melde ich mich. „Oh hi! Und alles klar bei dir?“, fragt sie. „Nein.. Sag mal.. kannst du mir vielleicht Zigaretten besorgen?“, frage ich leise. Lola lacht kurz. „Ist das dein ernst? Wie viele Packungen?“ Ich überlege und schaue auf meine Spardose. Ich kann höchstens 20 Euro dafür ausgeben. „Für 20 Euro bekommst du 4 Packungen oder?“, frage ich nach. „Ja. Morgen in der Stadt?“ „Nein, ich brauch die heute noch.. Ich geb dir meine Adresse ok?“, schlage ich vor. „Okay klar.“ 
Eine halbe Stunde klingelt es an meiner Tür und Lola hält mir eine Plastiktüte unter die Nase. Ich gebe ihr das Geld. „Danke!“, sage ich und umarme sie. „Kein Ding.. Pass auf dich auf.“, damit ist sie wieder weg. Ich eile zurück in mein Zimmer und tue, was ich nicht tun sollte.
Am nächsten Tag bin ich ausgeschlafen. Ich habe gestern noch fünf Zigaretten geraucht und wenn das so weiter geht, bin ich bald arm. Ich weiß, dass ich nicht rauchen sollte. Aber irgendwie ist es mir egal. Mir ist auch egal, dass sich das Buch mir gegenüber wieder verschlossen hat. Als würde es mich für das Rauchen bestrafen. Es will, dass ich aufhöre, das spüre ich. Hanna ignoriert mich immer noch und wirft mir ab und zu angewiderte Blicke zu. Sie riecht, dass ich rauche, aber ich versuche, mich nicht auf sie zu konzentrieren und werde darin Stunde für Stunde besser. Nach der Schule allerdings schaffe ich es nicht, alles an mir abprallen zu lassen. Nicht bei diesem Anblick. Ich gehe gerade mit einem Jungen aus meiner Klasse zur Bushaltestelle, da zeigt er zu Lena und ihren Zombies. „Ey, da ist ja Janek!“, ruft er aus und läuft zu ihm hin. Er hat recht. Da steht tatsächlich Jan. Und er hat seinen Arm um Lena gelegt und wirft ihr flirtende Blicke zu. Ich bleibe wie versteinert stehen. In meinem Hals bildet sich ein Kloß und hindert mich daran zu atmen. Esgeht einfach nicht. Mein Herz setzt aus und ich fühle mich, als würde mir jeden Moment schwarz vor Augen. Mir ist schwindelig und ich sehe verschwommen. Ich fasse es einfach nicht. Da steht Jan. Jan. Mit Lena im Arm. Jan. Mit Lena. Er beugt sich zu ihr hinunter und flüstert ihr etwas ins Ohr. Sie kichert leise und fasst sich auffällig an ihren viel zu weiten Ausschnitt. Etwas in mir geht kaputt und die Welt scheint still zu stehen. Alles scheint angehalten zu haben. Ich sehe nur noch Jan und Lena. Das kann nicht wahr sein, nein das kann einfach nicht wahr sein. Das ist ein böse Traum und ich wache gleich auf. Das ist ein schlechter Film mit den falschen Rollen. Aber das ist nicht real, nein auf keinen Fall. So etwas würde mir Jan nie antun. Ich dachte, er würde mich lieben. Als ich diesen Gedanken denke durchfährt es mich wie ein Schlag. Ich bin total egoistisch! Ich habe doch selber mit ihm Schluss gemacht. Wie kann ich von ihm verlangen, dass er mich liebt? Wie kann ich davon ausgehen? Dazu habe ich kein Recht. Und trotzdem ist es nicht fair, was er abzieht. Wenigstens weiß er nicht, dass ich Max geküsst habe, während wir zusammen waren. Aber er flirtet vor meinen Augen mit dieser billigen Schlampe. Gerade als ich weiter gehen will, sieht er zu mir herüber. Mein Mund öffnet sich zu einem stillen Schrei. Ich wünsche mir, ich könnte etwas in seinen Augen erkennen. Irgendetwas, was mir bekannt vorkommt. Aber da ist nichts, was mir vertraut ist. Das ist nichts Verletztes, nichts Liebendes, nichts mehr von seiner gewohnten Wärme. Ganz im Gegenteil. Sein Blick ist höhnisch. Als würde er mich auslachen, es genießen, mich so zu sehen. Als würde es ihm Spaß machen, mich zu quälen. Mir schießen Tränen in die Augen und Jan wendet sich wieder seiner Errungenschaft zu. Schnell blinzle ich die Tränen weg und versuche so gefasst wie möglich an ihm vorbei zu gehen. Als ich direkt neben ihm bin, höre ich seine Stimme in meinem Kopf. „Tut mir leid, aber als du Schluss gemacht hast, konnte ich mich nicht zurück halten. Du solltest froh sein, dass ich es Lynn nicht gesagt habe. Lena hat ohnehin eine bessere Figur als du.“ Ich sauge scharf die Luft ein, als mir klar wird, was gerade passiert ist. Ich wusste nur nicht, dass so etwas auch zu Gedanken manipulieren gehört. Und dann wird mir klar, dass er alles weiß. Zumindest alles mit Max, vielleicht alles, was je in meinem Kopf war. Und dann erscheint sein letzter Satz in meinem Kopf. Das ist doch nicht Jan! So etwas würde er nie sagen, aber er hat es getan und sich ernst dabei angehört. Das tut weh. Ich stelle mich zu einer Gruppe von Rauchern und zünde mir eine Zigarette an, in der Hoffnung, nicht auf zu fallen. Aber ich spüre Jans Blicke, die immer wieder auf mir ruhen. Ich zwinge mich dazu, ihn nicht dauernd anzusehen, ich würde den Anblick von Lena in seinen Armen eh nicht ertragen. Allerdings würde ich ihn gerne fragen, was der Mist soll. Warum er mich angelogen hat, als er sagte, er könne meine Gedanken nicht manipulieren.Und warum er mir jetzt so weh tun muss. Er ist nicht der Typ, der Rache ausübt. Zumindest nicht der Jan, den ich kenne. Ich will mich in Max' Arme flüchten, ich will ihn anrufen. Aber ich kann nicht. Warum ist alles so verdammt kompliziert? Der Bus kommt und als ich einsteige steht Jan direkt hinter mir. Ich spüre seinen Atem und es läuft mir kalt den Rücken runter. Ich habe das Verlangen, mich zu ihm umzudrehen und ihn zu küssen. Ich setze mich ans Fenster, direkt hinter der hinteren Tür. Jan setzt sich neben mich und Lena sich auf seinen Schoß. Ich sehe im Augenwinkel, dass er ihr einen Kuss auf die Wange gibt und konzentriere mich darauf, cool zu tun. Soso. Lena hat also eine bessere Figur als ich? Wird sich ja herausstellen wie lange noch. Immerhin unterdrückt Nikotin den Hunger. Eigentlich passt das nicht zu mir und ich weiß nicht, was gerade wirklich in mir vorgeht aber von irgendwo her kommt der Gedanke, abzunehmen, bis ich dünner bin als Lena. Dann wird er ja sehen, wer hier die bessere Figur hat!
Als ich aussteigen muss fasse ich mir ein Herz und spreche Jan an. „Lass mich mal raus.“ Er dreht sich zu mir und sieht mir in die Augen. Er sieht direkt in mich hinein, er liest mich wie ein Buch, das spüre ich. Ich kann in seinen Augen jedoch nichts erkennen, was mir Angst macht. Er lächelt ein Lächeln zum dahinschmelzen, aber ich bleibe bei der Sache. „Bist du taub geworden? Ich muss hier raus!“, zicke ich. Jan wendet sich Lena zu, küsst ihr kurz den Hals, flüstert ihr dann etwas ins Ohr und schiebt sie mit seiner Hüfte nach vorne, damit sie aufsteht. Ich möchte kotzen bei dem Anblick. Sobald es geht, quetsche ich mich an ihm vorbei und verlasse den Bus, froh es hinter mir zu haben.
Mein Vater liegt auf der Couch und schaut fern. „Wie geht’s dir?“, frage ich. „Besser. Hast du Hunger? Soll ich dir was machen?“, fragt er und ist schon dabei, sich aufzurichten. „Nein, bleib liegen. Ich mach mir was, ruh dich aus.“, sage ich. „Okay.“, damit wendet er sich wieder dem Fernseher zu. Ich gehe in die Küche und tue so, als würde ich mir ein Brot schmieren, aber als ich in meinem Zimmer bin stelle ich mich an mein Fenster, das, aus welchem Grund auch immer, geöffnet ist. Ich zünde mir eine Zigarette an und ignoriere mein Magenknurren. Im nächsten Moment hat mir jemand die Zigarette aus der Hand genommen und ich weiß, warum das Fenster ganz offen war. „Max, was soll das?“, frage ich genervt und drehe mich zu ihm um. Er hält mir die Zigarette unter die Nase. „Das sollte ich dich fragen. Hast du mir nicht letztens noch etwas anderes versprochen?“, fragt er und klingt sauer. Ich reiße ihm die Zigarette aus der Hand. „Ich hab meine Gründe.“, sage ich und drehe mich wieder von ihm weg. „Aha. Und die wären?“, fragt er und tritt direkt hinter mich. „Kann dir doch egal sein.“, gebe ich zurück. Max lacht auf. „Ich meine es ernst, hör auf damit.“, sagt er dann. „Du hast leicht Reden. Du hast ja auch eine Freundin, ein Mädchen, das dumm genug ist, sich trotzdem auf dich einzulassen und dir fällt doch eh immer alles leicht.“ „Hast du jetzt wieder ein Problem damit, dass ich noch mit Lynn zusammen bin?“, fragt er. „Es kann dir egal sein. Du hast hast mir nichts zu sagen.“, motze ich ihn an, schnippe den Zigarettenstummel aus dem Fenster und drehe mich wieder zu ihm, während ich einen Schritt zurück mache und mich mit der Hüfte an die Wand unter dem Fenster lehne. Max sieht mir in die Augen und ich spüre, dass auch er genau sehen kann, was in mir vorgeht. Wenigstens sehe ich in seinen Augen auch was. Hinter der Kälte erkenne ich einen Funken von Besorgnis. „Was ist los mit dir?“, fragt er leise und macht den Abstand, den ich zwischen uns gebracht habe zunichte. Ich schaue nach unten, will nicht, dass er sehen kann, wie es mir geht. „Nichts.“, sage ich. Er legt eine
Hand an meine Hüfte und mit der anderen hebt er mein Kinn an, bis ich ihm in die Augen sehe. „Lüg mich nicht an.“ Er legt auch die andere Hand an meine Hüfte und ich greife um seine Arme. „Jan.“, sage ich schwer. Es sind nur drei Buchstaben, aber sie haben mir sämtlichen Atem geraubt. Max tritt noch näher, legt seine Arme in meinen Rücken und sieht über mich drüber. „Er wa..“ beginne ich, doch da hindern Max' Lippen meine am Weitersprechen. Ich lasse den Kuss kurz zu, breche ihn dann ab, winde ich mich aus Max' Umarmung und trete hinter ihn. Er steckt die Hände in die Hosentaschen und dreht sich dann fragend um. „Meinst du nicht, das war ein bisschen unpassend? Meinst du nicht, ich hab andere Dinge im Kopf, als dich zu küssen?“, frage ich sauer und stemme die Hände in die Hüften. „Was?“, fragt er. „Ich habe gerade Jan gesehen. Vielleicht möchte ich mit dir darüber reden? Aber anstatt mir die Chance dazu zugeben, küsst du Feigling mich!“, fahre ich ihn an und bemühe mich, nicht zu laut zu sprechen. „Feigling?!“, entgegnet Max. „Ja. Du bist ein Feigling. Ein Scheiß Feigling! Du traust dich nicht mal mit deiner Freundin Schluss zu machen! Ich nenne das schon feige.“, sage ich. „Ich habe dir schon gesagt, dass ich nicht so jemand bin, der alles für ein Mädchen tut.“ „Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass Lynn es noch nicht weiß.“, sage ich trocken, „Wieso?“ „Das wüsstest du, wenn du mir mal zuhören würdest! Aber nein, dich stört es, wenn ich von einem Anderen anfange.“ „Was ist mit Lynn?“, fragt er. „Jan verdammt! Er weiß es. Er weiß alles. Er hat gelogen, er kann meine Gedanken manipulieren und mehr, keine Ahnung. Auf jeden Fall weiß er alles. Und er hat es mir heute heim gezahlt..“ „Scheiße, wenn Lynn das erfährt.“, murmelt Max. „Ich fass es nicht!“, sage ich. „Was?“ „Dich! Wenn Lynn es erfährt, dann weiß sie es endlich, besser für alle. Wie es mir geht, ist dir wohl egal. Ich habe eben Jan gesehen, halloo?!“ „Rauchst du deswegen? Wegen Jan?“, fragt er ungläubig. „Ich hab dir gesagt, ich habe meine Gründe, die dir egal sein können.“ „Du bist mir aber nicht egal.“, Max blickt an mir vorbei, ehe er weiter redet. „Hat sich bei dem Buch was getan?“, lenkt er ab. Ich seufze und überlege, ob ich ihm die Wahrheit sagen soll. „Ich konnte ein paar Seiten und Sprüche lesen.“, antworte ich wahrheitsgemäß und erzähle ihm, was ganz vorne stand. „Und jetzt?“, fragt er weiter. „Jetzt kann ich's nicht mehr lesen. Weiß auch nicht wieso.“ Max nickt nur. „Vielleicht sollte ich es Lynn sagen.“, flüstert er plötzlich. Ich schüttle genervt den Kopf und setze mich auf mein Bett. Max setzt sich neben mich, greift nach meiner Hand und spielt mit meinen Fingern. Als er sich vorbeugt um mich zu küssen, drehe ich den Kopf weg und er hält kurz vor meiner Wange inne. Sein Atem kitzelt über meinen Hals und er lacht leise auf. „Ich hab eben geraucht, das findest du doch eh widerlich.“, sage ich nur und schaue nach unten. Er zieht langsam seine Hand weg und ich stehe auf. Ich gehe an meine Tasche, ziehe eine Zigarette heraus und zünde sie an. „Du bist so unvernünftig.“, sagt Max. „Lieber unvernünftig, als feige.“, gebe ich zurück und versuche den Hunger zu ignorieren, den ich verspüre. „Und du bist besser? Du hast es Janek doch auch nicht gesagt.“ „Erstmal war das da mit uns noch gar nichts Wirkliches und zweitens habe ich wenigstens Schluss gemacht. Ich kann ihm unter solchen Umständen nämlich nicht nah sein. Du hast da ja nicht so das Problem mit. Außerdem könntest du ruhig etwas fairer sein. Schließlich hat Jan es eben total genossen, sich vor meinen Augen an Lena, aus meiner Klasse, ran zu schmeißen. Das ist noch untertrieben.“ „Das hat er gemacht?“, Max steht auf und tritt neben mich. „Ja.“, antworte ich mit Tränen in den Augen und Kloß im Hals. Max zieht mich an sich und ich lehne meinen Kopf an ihn. „Tut mir leid.“, sagt er und ich löse mich von ihm, um die Zigarette auf zu rauchen. „Er hat es wirklich genossen?“ „Er hat es mir unter die Nase gerieben. Sich mit ihr auf dem Schoß im Bus neben mich gesetzt. Ich musste ihn ansprechen, damit er mich aussteigen lässt.“, erzähle ich mit brüchiger Stimme. „So ein Arsch.“, knurrt Max und drückt mir einen Kuss auf die Wange, als ich an ihm vorbei gehe. In dem Moment spüre ich etwas an mir vorbei rauschen und drehe mich ruckartig um. Das Schauspiel was sich mir bietet schnürt mir die Luft ab.
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[XXX] 17.o7.2o12
Jan steht vor Max, hat ihn am Kragen gepackt. „Sag das nochmal.“, sagt er wütend. „Arsch.“, wiederholt Max sich. Ich will etwas sagen, aber ich habe keine Stimme, bringe kein einziges Wort hervor. „Janek, wenn du dich schlagen musst, dann nicht hier.“ „Dann komm doch mit raus. Feigling.“, fordert Jan ihn auf und verschwindet durchs Fenster. Max sieht mich an. „Nimm mich mit.“, stoße ich hervor. „Nein. Vergiss es.“, Max schüttelt den Kopf. Ich stürme auf ihn zu, stelle mich hinter ihn und schlinge die Arme um seinen Bauch, während eine Träne sich aus meinem Auge löst. Max seufzt, greift mit einer Hand nach mir und im nächsten Moment sind wir draußen auf einer Lichtung im Wald. Er schubst mich unsanft hinter einen Baum und geht auf Jan zu. „Versprich mir, dass du ihm nichts tust.“, wispere ich, aber Max dreht sich nur kurz zu mir um und geht dann weiter. „Du hast mich Arsch genannt?“, sagt Jan. Max nickt. „Weil du eins bist.“ „Ich? Ich bin ein Arsch?!“, im nächsten Moment steht Jan wieder genau vor Max. „Ja.“, entgegnet dieser, sichtlich bemüht nicht auf Jan einzuschlagen. In mir breitet sich Angst aus. Angst um beide. „Du bist ein Arsch, Max! DU! Nicht ich! Schließlich bist du derjenige, der mir meine Freundin ausgespannt hat! Und das nicht zum ersten Mal!“, fährt Jan ihn an und ich sehe, dass sich jeder Muskel anspannt. „Jetzt fang nicht wieder damit an.“, seufzt Max genervt. „Ich fange an womit ich will. Dir ist wohl immer noch nicht klar geworden, wie sauer ich auf dich war! Du hast keine Ahnung, wie glücklich ich mit Lynn war. Du kennst es vielleicht. Ich habe mich verliebt, meine Liebe wurde erwidert und das hätte bis in alle Ewigkeit so bleiben können! Ich hätte für immer mit ihr zusammen sein können! Und dann kommst du Scheiß Kerl an und versaust alles!“, brüllt Jan und boxt Max ins Gesicht. Ich fahre zusammen. Max macht einen Ausfallschritt zurück und ich spüre, wie schwer es ihm fällt, sich zurück zu halten. Ich hoffe nur, er schlägt nicht zu. „Und zum ersten Mal seit 700 Jahren habe ich ein Mädchen gefunden, mit dem ich mir das auch vorstellen kann. Wäre es nicht so ein Fluch, hätte ich Liz schon längst verwandelt. Ich würde so gerne für immer bei ihr sein! Und dann kommst wieder du an und nimmst sie mir weg, mit deiner tollen geheimnisvollen Art und deinem tollen Aussehen. Oho, du cooler Typ, du kannst sie ja eh alle haben! Und mich nennst du ein Arsch?!“, fährt Jan lauter fort und schlägt erneut auf Max ein. Dieser sagt nichts, lässt das alles geschehen. Ich hoffe nur, dass er durchhält. „Jetzt halt mal die Luft an.“, sagt er gereizt. „Ich habe sie nicht gezwungen. Ich habe Lynn nicht gezwungen und Liz auch nicht. Denk mal darüber nach, bevor du ausrastest!“ Jan wird noch wütender, schlägt Max in den Bauch. So fest, dass er zusammenklappt und auf den Boden fällt. Jan stürzt sich auf ihn, setzt sich auf seine Beine und prügelt weiter auf ihn ein. Ich will zu ihm stürmen, ihn von Max zerren, ihn bitten aufzuhören, will schreien, will irgendwas tun. Aber ich bin unfähig mich zu bewegen. Aus meinem Mund kommen keine Worte. Ich bin wie betäubt. „Na los, wehr dich doch.“, sagt Jan außer Atem und ich meine, eine Träne auf seiner Wange glitzern zu sehen. Max blutet aus der Nase, seine Lippe ist aufgeplatzt. Ich kann gar nicht erkennen, wo das ganze Blut herkommt, das über sein Gesicht läuft. Ich bin nicht mal in der Lage, meine Augen davor zu schließen. Und dann atmet Max tief ein und verpasst Jan einen Kinnhaken, der ihn von sich runter schleudert. Und dann verliert er die Beherrschung, stürzt sich auf Jan und prügelt auf ihn ein. Nur viel schlimmer, als Jan vorhin. Ich glaube ich höre Jans Knochen knacken, als sie unter Max' Schlägen brechen. Anfangs versucht Jan sich zu wehren, dann scheint seine Kraft nach zu lassen, es sieht sogar so aus, als hätte er das Bewusstsein verloren. Dann bin ich endlich fähig, mich zu bewegen. Ich fühle mich trotzdem taub, als ich auf die beiden losstürme, mich zwischen sie werfe und einen von Max' Schlägen gegen den Oberarm bekomme. Ich stöhne auf vor Schmerz und fasse nach der Stelle. Max hält augenblicklich inne. „Oh scheiße. Scheiße, nein. Liz.. Es.. Tut mir leid.. Scheiße, ich...“, stammelt Max und will mir aufhelfen, aber ich stoße ihn weg, setze mich auf Jans Bauch, in der Hoffnung ihm nicht weh zu tun und betrachte sein Gesicht. Es ist blutverschmiert und voll mit Platzwunden. Seine Nase ist komisch zur Seite gekrümmt und seine Wagenknochen schwellen seltsam an, so dass sie seine Augen verdecken. Sein Kiefer ist ungesund verschoben. Vorsichtig greife ich nach Jans Augenlidern und schiebe sie leicht nach oben, um in seine Augen sehen zu können. „Jan? Janek! Hörst du mich?“, frage ich. Er stöhnt auf vor Schmerz und mich überkommt Panik. Ich muss ihm helfen. Ich krame in meinem Gedächtnis, auf der Suche nach einem Spruch, der irgendwie heilen kann. Es muss doch einer dabei gewesen sein. Es war einer dabei, ich weiß es! Ich komme nur nicht drauf! Meine Gedanken sind vernebelt vom Schmerz und wirr, ich kann mich nicht konzentrieren. Dann lege ich die Hand die zu dem heilen Arm gehört auf Jans Brust, schließe die Augen und spreche ein paar airische Silben aus, die mir in den Kopf kommen. Ich wiederhole sie ein paar Mal, bis Jan nach Luft schnappt und die Augen öffnet. Ich sehe mich um. Max ist nirgends zu sehen, Feigling. „Jan?“, frage ich vorsichtig, während Tränen über meine Wangen laufen. „Ja.“, sagt er schwach. Erleichtert suche ich weiter nach dem Heilspruch und werde fündig. „Halt still.“, sage ich und lege meine Hand um Jans Gesicht. Ich sage den Spruch einige Male auf, bis ich spüre, wie sich Jans Haut verändert. Der Großteil seiner Wunden schließt sich, seine Nase richtet sich jedoch nicht. Jan bewegt den Kiefer und mit einem Knacken sitzt er wieder richtig. Er fasst sich an die Nase und richtet auch diese wieder gerade, jedoch ohne Knacken. „Hast du schlimme Schmerzen?“, frage ich. Er zuckt die Schultern. „Ich brauche Blut.“, stößt er hervor. Ich halte ihm nach kurzem Zögern meinen Arm hin. „Hals.“, sagt er nur. Ich fasse mir an den Hals und beuge mich dann über ihn. Mein Hals berührt fast seinen Mund und ich schließe fest die Augen. Jan atmet tief ein. „Trink schon.“, sage ich leise. Ich habe zwar Angst, dass er nicht aufhören kann, aber der Versuch ist es mir Wert. Jan fasst mich an den Schultern, öffnet den Mund und beißt in meinen Hals. Ich stoße den Atem aus und kralle die Finger in den Rasen. Ich spüre, wie das Blut meinen Körper verlässt und wie der stechende Schmerz abnimmt. Bis Jan sich schließlich von mir löst, die Finger auf die Bisswunden legt und diese sich so schließen. Bei seiner Berührung verschwindet auch der Schmerz der von meinem Arm ausgeht und ich kann ihn wieder ordentlich bewegen. Erschöpft gibt mein anderer Arm nach, sodass ich auf Jan falle. Ich rutsche auf den Boden neben ihn und spüre, wie er mich ansieht. „Danke.“, sagt er leise. „Schaffst du es in mein Zimmer?“, frage ich. Jan nickt, legt seine Hand um meine Hüfte und setzt mich dann auf meinen Schreibtischstuhl. „Leg dich hin.“, sage ich. „Ich bin voll mit Blut.“, sagt er. „Leg dich hin!“ Jan legt sich auf mein Bett und ich rolle neben ihn. Dann gehe ich ins Bad, nehme mir einen Waschlappen und eine Schüssel, die ich mit Wasser fülle und kehre zu ihm zurück. Vorsichtig tupfe ich über sein Gesicht, bis das meiste Blut weg ist und stelle dann die Schüssel auf Seite. Jans Schwellungen sind weg und er sieht fast wieder so aus, als wäre nichts passiert. „Mir geht’s gut.“, sagt er und lächelt schwach. Meine Augen füllen sich mit Tränen und mein Handy klingelt. Max. „Wo bist du?“, fragt er. „Ich kümmere mich um Jan, du bist ja abgehauen.“, werfe ich ihm vor. „Ja. Und wie geht's ihm?“ „Wieder gut. Und dir?“ „Ich werd's wohl überleben. Wir sehen uns. Es tut mir leid. Ich liebe dich.“ Ich schnaube nur und lege auf. „Wie hast du das gemacht?“, fragt Jan, als ich mich ihm wieder zu wende. „Was?“ „Dass meine Schmerzen aufgehört haben und die Wunden geheilt sind.“, erklärt er. Ich suche das Buch raus und gebe es ihm, während ich ihm alles erkläre, was wir herausgefunden haben. Ich erzähle ihm dasselbe wie Max vorher. „Eine Airi. Lynns Cousine war eine Airi.“, sagt er nur dazu. Ich blicke zu Boden. Es ist komisch hier so vor ihm zu sitzen, nach Allem. Besonders wegen Max. „Und das hast du alles mit Max rausgefunden?“, fragt Jan nach. „Er hatte die Idee und das Buch.“, sage ich. Jan nickt und sieht mich dann mit verletzten Augen an. „Und er hat gesagt er liebt dich.“, es ist keine Frage, aber ich nicke trotzdem. Ich kann ihn nicht weiter ansehen. Diese Augen, die wegen mir so verletzt schauen. „Ich weiß übrigens nicht alles von euch. Nur auf der Rückfahrt habe ich den Kuss gesehen, dann in der einen Nacht vor der Blutbank.. dass du an ihn gedacht hast, WIE du an ihn gedacht hast und das hat mir gereicht.“, sagt er und ich schlucke schwer. „Ich hätte dir sagen sollen, dass zum Gedanken manipulieren auch die Fähigkeit in Gedanken einzudringen dazu kommt. Dann hätte ich dir beibringen können, dich vor so etwas zu schützen.“, fährt er nach einer Pause fort. „Es tut mir alles so leid.“, sage ich nur. „Ich wollte das nicht. Dir nie weh tun. Das ist das Letzte, was ich will. Aber du hättest es eh bemerkt und das wäre wahrscheinlich schmerzhafter gewesen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.“, sage ich leise, ohne den Blick anzuheben. Jan sagt gar nichts und ich würde ihn am liebsten auf Lena ansprechen, aber ich bringe kein Wort zu diesem Thema über die Lippen. „Bist du wieder fit?“, frage ich schließlich. „Ja, denke.“ „Dann solltest du vielleicht wieder gehen.. Es ist so komisch.“, sage ich kleinlaut und traue mich immer noch nicht, in Jans Gesicht zu sehen. „Ja, hast recht. Danke für alles.“, sagt er und ist im nächsten Moment verschwunden.
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[XXXI] 18.o7.2o12
Ich lasse mich seufzend auf mein Bett fallen, mir ist egal, ob die Decke blutig ist. Ich bin verwirrt und Jans Geruch, der sich in meiner Nase ausbreitet macht mich fertig. Der Jan der gerade vor mir gelegen hat, sich eben mit Max geschlagen hat, das war nicht der Jan, der mir heute in der Schule begegnet ist. Das passt einfach nicht. Ich ziehe mein Bett ab, schmeiße die Wäsche in den Korb im Bad und dusche mich. Wieder in meinem Zimmer rauche ich eine Zigarette, versprühe großzügig Deo und schmeiße mir einen Kaugummi ein. Dann gehe ich zu meinem Vater ins Wohnzimmer und schaue mit ihm fern. Als ich das Grummeln in meinem Magen nicht mehr aushalten kann, gehe ich in die Küche und esse einen Apfel. Zu mehr kann ich mich nicht durchringen. Ich gehe in den Keller und krame in den Schränken, bis ich einen alten Aschenbecher finde, den ich in mein Zimmer schmuggle. Dann suche ich meine Schulsachen raus, zünde mir eine Zigarette an und mache Hausaufgaben. Als ich damit fertig bin, hole ich das Buch raus und setze mich planlos davor. Mit einer neuen Zigarette im Mund grüble ich darüber, wie ich es wieder dazu bringen könnte, sich mir zu öffnen. Nach einer Weile gebe ich auf. Irgendwann wird sich da schon was tun, auch ohne, dass ich mit dem Rauchen aufhöre. Ich beziehe mein Bett mit dunkelblauer Satinbettwäsche
und lege mich mit meinem Laptop drauf. Ich habe Hoffnung, dass ich mit Hanna schreiben kann. Ich sehe, dass sie on ist, beschließe aber, sie anzurufen. Es ist schon besser, als ihr nur zu schreiben. Ich wähle sie im Telefonbuch aus, aber sie drückt mich sofort weg. Ich seufze und probiere es erneut. Diesmal lässt sie länger klingeln, drückt mich dann erneut weg. Einen letzten Versuch starte ich noch und ich habe endlich Erfolg. „Verdammt, du nervst.“, meldet sie sich. „Ich will nur die Sache mit dir klären, aber du ignorierst mich ja.“ „Richtig.“, gibt sie nur knapp zurück. „Hör mal! Du bist sauer, weil ich dir etwas nicht erzählt habe, womit ich selber nicht klar gekommen bin?“ „Du hast mir nicht nur etwas verschwiegen, sondern mich auch angelogen. Ich habe gutes Recht sauer zu sein.“ „Nachdem ich dich nach der Feier dieses Schmiertyps Chris bei mir hab schlafen lassen?“ „Das war schon fast deine Pflicht, als Freundin, oder etwa nicht?“ „Ist es dann nicht auch deine Pflicht als meine Freundin, mir zuzuhören, zu verzeihen und mir auch mal meine Freiräume zu lassen?“ „Wer sagt denn, dass ich noch deine Freundin bin?“, gibt Hanna schnippisch zurück. Ich lache auf. „Ach komm, jetzt übertreibst du aber! Versetz dich mal bitte in meine Lage! Meinst du das war alles so einfach für mich? Ich war total überfordert und wollte mich erstmal mit mir selber auseinandersetzen, bevor ich es jemandem erzähle. Kannst du das nicht verstehen?“ „Komm jetzt nicht mit so was! Dann stell dir doch mal vor, wie ich mich gefühlt habe und sag mir, ob...“, beginnt Hanna aufgebracht, aber ich unterbreche sie. „Ich kann mir denken, wie du dich fühlst, aber glaub mir, ich wäre zwar sauer auf dich gewesen, aber ich hätte dich nie ignoriert! Ich habe immer jeden Streit mit dir geklärt, auch wenn du nicht wolltest, ich hab dich immer wieder angesprochen und dafür gesorgt, dass wir uns vertragen. Muss ich das wirklich jedes Mal tun? Kannst du dir nicht mal einen Ruck geben und meine Entschuldigung annehmen, ohne dass ich rumbetteln muss?“ Hanna schweigt und ich höre sie am Telefon atmen. Ich habe mich ziemlich aufgeregt und meine Hände zittern ein wenig. Mühsam klemme ich das Telefon zwischen Schulter und Ohr und zünde mir eine Zigarette an. Während ich mein Fenster öffne werde ich ein bisschen ungeduldig. „Äußerst du dich heute noch dazu?“, frage ich. „Erzählst du mir, wie das mit Max kam?“, fragt sie und ich muss lächeln. Ich erzähle es ihr während ich die Zigarette rauche und erzähle ihr auch von dem Vorfall von vorhin. Ich merke, dass sie nicht weiß, was sie sagen soll. Ich bin kurz davor, ihr von den Wandlern und den Airen zu erzählen, aber immer wenn ich den Mund aufmachen und anfangen will, hält mich etwas zurück. Als wir auflegen ist es schon spät und ich fühle mich besser, bin froh, dass wir die Sache endlich geklärt haben. Normalerweise würde ich jetzt etwas zu Abend essen, stattdessen gönne ich mir ein Lungenbrötchen und rufe währenddessen Max an. Mir ist egal, dass ich das nicht soll, ich muss mit ihm reden. Er meldet sich mit einem seufzen. „Leg nicht auf!“, sage ich schnell. „Hab ich nicht vor. Ich bin gerade auf dem Weg zu dir, du Nervensäge.“, sagt er und ich lächle. „Solltest du nicht lieber zu Lynn?“, frage ich. „Wart's ab.“, gibt Max nur zurück und legt auf. Ich drücke die Zigarette in den Aschenbecher und nehme mir einen Kaugummi. Im nächsten Moment steht Max vor mir und erschrocken mache ich einen Schritt zurück. Ich sehe ihn an. Zwar sind seine Wunden geschlossen und er ist nicht mehr blutverschmiert, aber er hat, im Gegensatz zu Jan, Narben. Jan hat ja auch mein Blut getrunken. „Denk nicht dran, das heilt auch so. Dauert nur länger. Du glaubst es vielleicht nicht, aber ich bin nicht so egoistisch wie Jan und trinke von dir.“, sagt er schnaubend. Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Welches Geheimnis über mich weißt du, das sonst keiner kennt?“, frage ich. Max lacht und will eine Hand an meine Wange legen aber misstrauisch mache ich einen weiteren Schritt zurück. „Sag schon.“, sage ich ungeduldig. „Okay. Gar keins. Ich kann deine Gedanken sehen, schon die ganze Zeit.“ „Verarsch mich.“ „Tu ich nicht, das ist mein ernst. Ich muss es nicht mal wollen, sie fliegen mir einfach so zu.“ „Wow toll. Wie ihr alle mein Vertrauen missbraucht. Jan hat das ja auch gemacht.“, sage ich sauer und verschränke die Arme vor der Brust. „Lass mich das erklären. Ich weiß nicht, warum das so ist. Das ist nicht normal, dass einem Wandler so etwas passiert. Ich wollte es dir nicht sagen, weil ich eigentlich herausfinden wollte, was es zu bedeuten hat.“, sagt Max ruhig. „Du bist ja witzig. Und dann lässt du mich lieber im Unwissenden. Danke.“, sage ich genervt. Max grinst mich an. „Naja, es hatte für mich ja auch einige Vorteile, zu sehen, was du so über wen denkst. Besonders über mich.“ „Du Arsch! Und Jan ist egoistisch?! Hättest du mir davon mal früher erzählt, hätte ich vielleicht im Buch etwas gefunden.“ „In dem Buch, das du nicht lesen kannst? Verstehe.“ „Moment mal. Wieso ist es von Jan überhaupt so egoistisch von mir zu trinken?“, frage ich. Max seufzt. „Weil wir uns schwer unter Kontrolle haben, in so einem Zustand.“ „Und weiter? Dessen war ich mir wohl bewusst.“ „Naja er hat dich dafür gebissen. Und ein Biss ist quasi Teil des Giftes, was dich in einen Wandler verwandeln kann. Das heißt bei Kontakt mit den falschen Sachen, kann die Sache für dich übel ausgehen. Ein bisschen von unserem Blut und ein paar Kräuter und einer Verwandlung steht theoretisch nichts mehr im Wege.“, erklärt Max Achselzuckend. Ich schüttle den Kopf. „Na und? Jan war halbtot, was hätte er tun sollen?“, frage ich motzig. „Du vergisst, dass wir so nicht sterben können. Er hätte viel Blut verloren, die Wunden sich geschlossen. Die Narben heilen und das Blut regeneriert sich. Die Schmerzen sind erträglich und schwinden immer mehr. Aber du musst ja wissen, wie viel dir dieser Trottel Wert ist.“ „Wie redest du überhaupt von ihm? Ihr wart mal Freunde. Und nur weil er verletzt ist und sich scheiße verhält, ist er bei dir unten durch?“, frage ich. „Du bist zu gutgläubig Süße. Mit ihm stimmt was nicht, das spüre ich. Lynn verhält sich ähnlich. Deswegen bin ich eigentlich hier.“ „Na wenn du meinst. Was ist denn mit ihr?“, frage ich, während sich in meinem Magen ein ungutes Gefühl breit macht. Und das ist nicht mein Hunger. Ich habe ein bisschen Angst vor dem, was kommt. „Ich hab Schluss gemacht.“, sagt Max trocken und das ungute Gefühl verstärkt sich. „Scheiße. Das hättest du nicht tun sollen.“, sage ich automatisch. Ich weiß nicht mal, warum ich das gesagt habe, es ist einfach passiert. „Wie meinst du das? Erst meckerst du ständig deswegen rum und jetzt das.“ „Ich hab ein ungutes Gefühl bei der Sache. Frag nicht weiter, ich weiß selbst nicht mehr.“, sage ich und fühle mich auf einmal total schlecht. Ich gehe auf Max zu und er schließt mich in seine Arme. Ich atme seinen beruhigenden Duft ein und schließe die Augen, während er sanft über meinen Rücken streicht. Entschlossen verdränge ich das schlechte Gefühl und versuche nur daran zu denken, dass Max jetzt endlich mir gehört. Ich weiß endlich, dass er nicht nach Hause fährt und ein anderes Mädchen in den Armen hält, sie küsst. Es ist gut, dass er mit ihr Schluss gemacht hat, zudem ist sie vernünftig. Es passiert schon nichts, meine Sorgen sind völlig unberechtigt. Um Max mitzuteilen, dass mit mir alles in Ordnung ist, löse ich mich von ihm und gebe ihm dann einen Kuss, den er in die Länge zieht. Seine Hände rutschen auf meine Hüfte und ich lege meine Hände auf seine Arme. Er schiebt mich zu meinem Bett und drückt mich sanft runter. Ich gebe unter seinen Bewegungen nach und dann liegen wir auf meiner Bettdecke. Ich löse meinen Mund von Max', setze mich auf seine Hüfte und beuge mich zu ihm runter. Ich habe seine Küsse und Berührungen vermisst. Sein Hände fahren seitlich meinen Oberkörper entlang, während ich seine Zunge an meinen Lippen spüre. Ich öffne sie und als ich mit meinen Händen unter Max's T-Shirt gleiten will, stößt er mich unsanft von sich, lässt mich auf meinem Bett liegen und setzt sich auf meinen Schreibtischstuhl. Ich sehe ihn fragend an, aber er deutet nur zur Tür. Ich tue so, als hätte ich die ganze Zeit auf meinem Bett gelegen und mit Max geredet, als es an der Tür klopft. „Ja?“, frage ich. Mein Papa öffnet die Tür und sieht Max verwundert an. Ich setze mich langsam auf und mache meine Haare zusammen. „Oh. Ähm hallo.“, spricht mein Vater Max an. „Das ist Max. Der auch mit zelten war.“, sage ich schnell. Zu schnell. Erst nachdem ich die Worte ausgesprochen habe, fällt mir ein, dass ich meinem Vater von Max erzählt habe. Scheiße. Innerlich ohrfeige ich mich. Mein Vater beäugt erst Max und dann mich misstrauisch. „Wann ist der denn hergekommen?“, er tut so, als wäre Max gar nicht anwesend. „Da hast du geschlafen.“, flunkere ich und schicke Stoßgebete zum Himmel. Ich bin so verdammt blöd! „Ah ja. Wie auch immer, willst du nichts essen?“ Ich blicke schnell zu Max, er weiß eh, was ich gerade denke und antworte dann meinem Vater. „Max hat vorhin was mitgebracht. Ich bin satt.“ Mein Vater nickt nur und verlässt dann mein Zimmer.“ Ich kaue auf meiner Unterlippe, während Max auf mich zu kommt und sich dann neben mich auf mein Bett setzt. Ich traue mich nicht, ihm in die Augen zu sehen. Schnell stehe ich auf und stecke mir eine Zigarette an, zum Glück versucht Max nicht, sie mir weg zu nehmen. „Du hast es deinem Vater erzählt?“, fragt er fassungslos und sieht mich an. Ich weiche seinem Blick weiter aus. „Verdammt, ich war verwirrt und fertig und musste mit jemandem reden. Und da mein Vater meine Mutter rausgeschmissen hat und Hanna nicht in meinem Schrank wohnt, habe ich es meinem Vater erzählt.“ „Und du hälst es nicht für nötig, mir das zu sagen?“ „Nein, ich habe daran gar nicht mehr gedacht. Ich will gar nicht wissen, was mein Vater jetzt von mir denken muss. Mein Bruder weiß es übrigens auch.“, fällt mir ein und ich sinke auf meinen Schreibtischstuhl. „Ja natürlich. Hast du es auch noch bei Facebook gepostet?“, fragt Max spöttisch. „Jetzt reg dich mal ab, ich hab mir das ja schließlich nicht ausgesucht. Es warst immer noch du, der mich geküsst hat, okay? Und naja, ich bin wohl zu menschlich, um besser mit so etwas umzugehen.“, erwidere ich. „Bin ich etwa unmenschlich?“, gibt Max zurück. „Nein, das meinte ich nicht. Vergiss es einfach.“ „Gut.“ „Ich versteh sowieso nicht, was dich daran so stört. Es ist schließlich MEIN Vater, der jetzt komische Sachen über MICH denkt.“ „Komische Sachen?“, fragt Max und kling leicht belustigt. „Ja keine Ahnung, dass ich schnell die Typen wechsle, mit jedem rummache, ne Schlampe bin.“, sage ich. „Na dann, können wir ihm ja auch Grund dazu geben.“, sagt Max lächelnd, hockt im nächsten Moment neben mir, drückt meine Zigarette, die noch nicht mal halb aufgeraucht ist, im Aschenbecher aus und küsst mich. „Hey.“, sage ich. „Ich war noch nicht fertig.“ „Mir doch egal.“, lächelt er und küsst mich erneut. „Also so schlimm kann das ja gar nicht schmecken.“, lächle ich. Max schiebt seine Hände unter meine Oberschenkel, hebt mich hoch und dann stizt er auf meinem Bett, ich auf seinem Schoß. So, dass ich ihn anschauen kann. Ich küsse ihn und er legt seine Hände in meinen Rücken. Dann bricht er den Kuss ab. „Du solltest was essen.“, sagt er. „Kein Hunger.“, gebe ich zurück. „Lügnerin. Man kann sich nicht nur von Nikotin ernähren, also iss was.“ „Aber mein Vater denkt, ich hätte schon gegessen, dann kann ich mir ja schlecht was machen.“ „Das ist mir ziemlich egal. Du isst jetzt was.“ Ich lege meine Hände an seine Wangen und sehe ihn flehend an. „Aber ich will nicht.“, jammere ich, lege meine Lippen auf seine und verschränke die Hände hinter seinem Nacken. Ich lehne mich nach vorne, sodass mein Gewicht ihn dazu bringt, sich nach hinten fallen zu lassen. Meine Hände fahren unter sein Shirt und seinen Oberkörper rauf. „Lass das und geh was essen. Ich weiß, dass du nicht satt bist.“, sagt er leise. Ich muss lächeln. „Weil ich einfach nie genug von dir bekommen kann.“, hauche ich. „Achso.“, gibt er zurück während ich ihm sein Oberteil ausziehe. Ich küsse ihn, aber er bricht ab und richtet sich auf. „Los geh und iss was.“, sagt er grob und ich sehe ihn ungläubig an. Meine Hände streichen an seinen Armen auf und ab und Max packt mich an den Schultern. „Ich will nichts essen, verdammt!“, sage ich genervt. „Okay.“, erwidert er, schiebt mich von seinen Beinen und verschwindet aus meinem Zimmer. Max hat Recht, ich habe Hunger und mein Bauch knurrt unerträglich, aber ich denke nicht dran, daran etwas zu ändern. Vom Essen nimmt man nicht ab und dank Jan, hat sich der Gedanke abnehmen zu wollen, in meinem Kopf eingenistet. Also zünde ich mir eine Zigarette an.
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[XXXII] 19.o7.2o12
Es ist Donnerstag und ich laufe in der Pause mit Hanna über den Schulhof, als Luka auf mich zukommt. Er umarmt mich zur Begrüßung und sagt dann kurz Hanna hallo. „Du musst unbedingt morgen zum Bandcontest kommen, Liz! Wir spielen auch und wir brauchen volle Unterstützung, kannst du?“, fragt er. Luka ist Gitarrist in einer Band, zusammen mit Lena, sie ist Sängerin. Und an unserer Schule findet immer eine Art Eurovision statt, mit Schulbands. Es gibt einen Auftritt und eine Studioaufnahme zu gewinnen. „Ja, ich glaube ich kann kommen. Wann geht’s denn los?“, frage ich. „Um sieben und ab halb ist Einlass. Wir sehen uns dann!“, damit ist Luka auch schon wieder weg. „Kommst du auch?“, wende ich mich an Hanna. Sie schüttelt den Kopf. „Kann nicht. Frag doch Max oder so.“ „Bist du verrückt? Erstens denkt Lena, er sei mein schwuler Onkel und zweitens wird Jan auch da sein. Nein, ich guck einfach, wer da ist.“ „Okay.“
Also stehe ich Freitag um halb sieben vor der Aula unserer Schule und halte nach Leuten Ausschau, die ich kenne. Lena, Luka und der Rest der Band stehen am Hintereingang und ich gehe zu ihnen, um Luka Glück zu wünschen. Ich bereue die Entscheidung sofort, denn kaum habe ich mich von Luka gelöst, taucht Jan hinter Lena auf und sie quiekt wie ein kleines Kind. Mir dreht sich der Magen um und ich versuche Blickkontakt mit Jan zu vermeiden. Da kommt es mir Recht, dass ich ein paar Leute aus meiner Parallel-Klasse treffe und mich zu ihnen stellen kann. Ein Lehrer unserer Schule, der Englisch und Musik unterrichtet, eröffnet den Abend mit einem total super Auftritt. Nicht. Und dann treten die ersten Bands auf und als dann Lenas Band auftritt bin ich total gefesselt. So wenig ich sie auch mag, sie hat eine klasse Stimme und der Song, den sie selber geschrieben haben, ist einfach hammer. Außerdem fasziniert mich Luka immer wieder, wie er Gitarre spielt und dabei total abgeht. Er schafft es sogar, den Schmerz zu verdrängen, den ich empfinde, wenn ich sehe, was für Blicke Lena Jan zuwirft, als sie das Cover „Are you gonna be my girl?“, umgedichtet auf „Are you gonna be my boy?“ singt. Der Abend geht irgendwie rum. Und natürlich taucht Max vor mir auf, als ich gerade auf dem Weg von den Toiletten zur Aula bin und eine rauche. „Ich seh schon, du bist immer noch nicht zur Vernunft gekommen.“, sagt er kühl und ich seufze. „Max, wenn du nur gekommen bist um mir eine Predigt zu halten, dann kannst du direkt wieder abziehen. Du bewegst dich hier gerade als Hannes, meinen schwulen Onkel, der weit weit weg wohnt. Also geh lieber.“, sage ich genervt und gehe an ihm vorbei. Sofort habe ich ein schlechtes Gewissen, aber versuche es mir nicht anmerken zu lassen. Obwohl ich eh weiß, dass er es sehen kann. „Na gut.“, höre ich Max nur noch sagen und dann ist er weg. Glaube ich zumindest. Der restliche Abend ist einfach unbeschreiblich. Zuerst wird der Publikumspreis verliehen. Es wird gemessen, für welche Band am lautesten applaudiert, geschrien und getrampelt wird. Ich stehe vorne bei Lukas Band und schreie mir zusammen mit ihnen und einigen Anderen die Seele aus dem Leib; mit Erfolg. Der Publikumspreis ist ihnen sicher und ich falle Luka um den Hals, während ich sehe, wie Jan und Lena herzallerliebst übereinander herfallen. Wie kann er so etwas nur tun? Irgendwie ist er nicht er selbst. Später am Abend verkündet die Jury dann, welche Band welchen Platz belegt hat und wieder gewinnt Luka. Wir jubeln und mein Hals schmerzt noch mehr als ohnehin schon, aber es ist mir egal. Wir feiern noch ein bisschen und dann gehe ich zusammen mit Luka auf den Parkplatz. „Also wir können dich gerne mitnehmen.“, sagt er und ich will schon nicken, als ich Max' Auto entdecke. „Danke, mich nimmt schon jemand mit.“, sage ich mit heiserer Stimme und umarme Luka. „Nochmal herzlichen Glückwunsch.“, lächle ich. „Danke, aber was wären wir ohne unsere Fans?“, sagt er abgehoben und lacht. Ich stimme in sein Lachen ein und umarme ihn dann nochmal. „Wir sehen uns dann.“, verabschiede ich mich und steige zu Max ins Auto. Er sitzt nur da und startet den Motor, ohne mich anzusehen. „Du bist so kindisch.“, fange ich an. „Und du bist heiser.“, gibt Max zurück. „Danke, ich weiß. Jetzt mal ernsthaft Max. Hör auf mit dem Scheiß!“ „Wieso? Weils dir weh tut?“, fährt er mich an und tritt aufs Gas. Ich will den Mund aufmachen, um ihn anzuzicken und halte im nächsten Moment inne. Ja, es tut mir weh, was er macht. Ich will das nicht. Ich schlucke schwer und sehe auf meine Hände, die angespannt in meinem Schoß liegen. Max hat meine Gedanken mitbekommen. „Aha, na dann.“ „Und jetzt?“, frage ich kleinlaut und krame eine Zigarette aus meiner Tasche. „In meinem Auto wird nicht geraucht.“, sagt Max und die Zigarette wird von irgendetwas aus meiner Hand gerissen. Ach ja, Max kann ja Sachen kontrollieren und so. „Pf.“, mache ich, lehne mich zurück und verschränke die Arme vor der Brust. Den Rest der Fahrt verbringen wir schweigend und ich versuche, an unwichtige Sachen zu denken. Max hält vor meinem Haus und ich steige wortlos aus. Leise schließe ich die Haustür auf, aber mein Vater ist noch wach. Er steht im Flur, an die Wand gelehnt und sieht mich streng an. Ich lächle ihn an und will in mein Zimmer gehen. „Bleib mal hier, Fräulein.“, sagt er und seufzend drehe ich mich um. „Was ist?“ „Denk nicht, ich wäre blöd. Ich weiß schließlich, was da mit Max gelaufen ist. Und wenn dich so ein Arsch dazu bringt Jan abzuschießen, dann frage ich mich, was bei dir nicht stimmt. Du weißt, dass ich eigentlich nicht so bin, aber ich will nicht, dass du ihn triffst.“ Ich denke zuerst, mein Vater spaßt, aber sein Gesichtsausdruck ist ernst und er hat nicht vor, zu lachen. In meinem Hals bildet sich ein Kloß und ich kann kaum schlucken. „Das kann nicht dein Ernst sein.“, bringe ich hervor. „Ist es.“ „Spinnst du? Du spinnst! Max ist kein Arsch, er hat mich zu nichts gebracht, ich habe alles selber entschieden, ich bin kein kleines Kind mehr, ich weiß, was ich tue okay? So was kannst du mir nicht antun!“, schreie ich und stürme in mein Zimmer. Ich schließe meine Zimmertür ab, zünde mir eine Zigarette an und werfe mich auf mein Bett. Mein Vater hat sie nicht mehr alle! Er kann mir nicht vorschreiben, wen ich liebe. Ich öffne mein Fenster, in der Hoffnung, dass Max rein kommt. Dann ziehe ich mich um und lege mich in mein Bett. Verletzt wegen Jan und Lena, wegen Max und wegen meines Vaters. Ich schlafe schließlich ein, ohne dass Max in mein Zimmer kommt und nur sein Geruch an meinem Bettzeug am nächsten Morgen verrät mir, dass er die Nacht bei mir war. Das restliche Wochenende lässt er sich nicht blicken und ich gehe meinem Vater aus dem Weg. Hanna ist feiern, aber ich habe keine Lust, mitzukommen. Ich rauche Tag für Tag mehr und esse immer weniger, bis ich kaum noch Hunger verspüre, das geht einige Wochen so. Ich besuche Jonah oft und mir wird gesagt, dass er bald nach Hause darf, sobald er stabil ist. Er sieht mich immer sorgenvoller an, sieht, dass ich abgenommen habe. Als er mich darauf anspricht, ob ich krank wäre oder so, sitze ich Abends in meinem Bett und versuche mich an einen Zauberspruch zu erinnern. Er funktioniert nur für normale Sterbliche und verändert mein Äußeres. Zum Glück erinnere ich mich an ihn, konzentriere mich darauf, wie ich ausgesehen habe und von den Anderen wahrgenommen werden soll und spreche die Silben aus, die in meinem Kopf erscheinen. Ich will nicht, dass sich jemand Sorgen macht, der es nicht soll. Ich gestehe es mir nicht ein, aber eigentlich tue ich das für Jan und für den gilt der Spruch ja nicht. Ich betrachte mich im Spiegel, meine Wangenknochen stehen hervor und mein Schlüsselbein ist noch besser zu sehen, als früher. Meine Arme sind dünner und etwas wie einen Bauch habe ich nicht mehr. Aber ich schrecke mich nicht ab, ich finds schön. Bin zufrieden mit mir und finde mein „altes Ich“ irgendwie dick.
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[XXXIII] 11.o8.2o12
In der folgenden Nacht werde ich von jemandem geweckt. Es ist Max, der an meinem Bett sitzt und mich aufweckt. Er sieht mich besorgt an und ich versuche, ihm nicht in die Augen zu sehen. Seine Finger streichen über mein knochiges Gesicht, meinen Hals hinunter, über mein Schlüsselbein, meine Schulter entlang und schließlich über meinen Arm. Dann verschränkt er seine Finger mit meinen und sieht mir wieder in die Augen. Ich versuche seinem Blick stand zu halten und schlucke schwer. „Was tust du dir nur an?“, flüstert er. Ich bekomme Gänsehaut und schaue nach unten. Spüre, dass es ihm wehtut, auch wenn er es verdrängen will. Ich will ihm etwas sagen, aber ich bekomme keinen Ton raus. Max fährt mit dem Daumen seiner freien Hand über meine trockenen Lippen und sehnsüchtig blicke ich auf seine. Ich vermisse seine Nähe und seine Berührungen. Ich nehme seine Hand von meinen Lippen, beuge mich vor und gebe ihm einen Kuss. Als ich wieder zurückweiche, legt Max seine Hand in meinen Nacken und zieht mich wieder zu sich. Er legt seine Lippen wieder auf meine und eine Träne löst sich aus meinem Auge. Ich löse mich von ihm und vergrabe mein Gesicht in der Beuge zwischen seinem Hals und seiner Schulter. Max legt seine Arme um mich und ich beginne zu schluchzen. Und wie wir so da sitzen, habe ich nach und nach das Gefühl, die Welt schrumpft. Sie schrumpft auf Max und mich zusammen und alles andere wird schwarz. Ich nehme ihn so deutlich wahr, als wäre er ein Teil von mir, als wären wir Eins. Ich spüre seinen Herzschlag bis ich ihn nicht mehr von meinem unterscheiden kann. Alles, was mich runterzieht, fällt von mir ab und es bleibt pures Glück. Ich atme tief durch, als ich plötzlich etwas höre. Max. Aber er redet nicht, sein Mund ist geschlossen. Mir stockt der Atem, als ich realisiere, was ich höre. Seine Gedanken. Ein Lächeln huscht über meine Lippen. 'Ich hör dich.', denke ich. Max' wilder Gedankengang stoppt und er löst sich leicht von mir, um mich ungläubig anzusehen. Ich lächle ihn an und lege meine Hände an seine Wangen. „Was..?“, fragt er sprachlos und ich zucke die Schultern. Ich lache auf und gebe Max dann einen kurzen Kuss. Als sich unsere Lippen berühren, prickelt meine ganze Haut und ich bin überglücklich. Max lächelt schwach. „Mach das nochmal.“, haucht er und ich beuge mich vor, lege meine Lippen erneut auf seine. Er öffnet seinen Mund und ohne zu zögern tue ich es ihm nach. Ich lege eine Hand an seine Brust und er greift um meine Hüfte. Ich schließe die Augen und lehne mich nach vorne, bis ich auf ihm liege. Und dann fallen wir, ohne uns voneinander zu lösen. Wir fallen und fallen, in pures Nichts. Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit, wie ein ewiger Augenblick voll Glück. Und dann ist es plötzlich vorbei und wir landen auf meinem Bett, wieder in der Wirklichkeit. Schwer atmend löse ich mich von Max und stütze mich mit den Händen auf meinem Bett ab. Ich sehe von seinen Lippen in seine Augen, lächle kurz und rutsche dann von ihm runter. Ich konzentriere mich auf ihn, sehe ihm in die Augen und muss wieder lächeln, als ich seine Gedanken höre. „Wie du willst.“, sage ich leise und küsse Max, der zuerst verwundert zurückweicht, bevor er eine Hand auf meine Wange legt und mich gierig küsst. Ich lege mich wieder auf ihn und fahre mit meinen Händen unter sein Shirt, seinen Oberkörper entlang. Ich ziehe es ihm aus, spüre sein Verlangen in seinem Kuss und fahre mit den Lippen seinen Hals entlang. Max schiebt seine Hände unter mein Top und ich spüre, dass er nicht weiß, ob er es mir ausziehen soll. Schließlich habe ich nichts drunter. Ich lächle, küsse ihn kurz und deute dann an, mein Oberteil auszuziehen. Ohne Zögern führt Max meine Bewegung fort und streift mein Top von meinem Körper. Seine Finger streichen über meinen Rücken und dann über den Rest meines Oberkörpers, wobei er mir ein leises Aufstöhnen entlockt. Ich gebe ihm einen kurzen Kuss und verteile etliche weitere auf seinem Oberkörper. Er streicht mit einem Finger mein Kinn entlang und ich lege meine Lippen wieder auf seine. Seine Hände fahren meinen Körper seitlich entlang und bleiben kurz auf meinem Po liegen, von wo aus sie sich dann an dem Bund meiner Hose zu schaffen machen. Plötzlich tauchen Lynn, Jan und Lena in meinem Kopf auf, gefolgt von den Worten meines Vaters. Max spürt, dass etwas nicht stimmt und schnell konzentriere ich mich wieder auf ihn, aber teile ihm gedanklich mit, dass ich nicht weiter gehen möchte. Irgendwas in mir sträubt sich. Ich löse mich von Max und rutsche von ihm, während er hörbar ausatmet. „Tut mir leid.“, bringe ich hervor, rücke nah an ihn und lehne meinen Kopf gegen ihn. Er legt seinen Arm um mich und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. „Willst du dir nicht was drüber ziehen? Dir wird sonst kalt.“, flüstert er. Ich decke uns zu und schüttle den Kopf, bevor ich mich wieder an ihn kuschle. „Nein, halt mich einfach warm, ok?“ Ich schließe die Augen und bin fast augenblicklich eingeschlafen.
Als ich aufwache bin ich mehr als erleichtert, denn Max liegt immer noch neben mir. Ich blicke zu ihm auf, er ist schon wach. „Morgen.“, flüstere ich lächelnd und gebe ihm einen Kuss. Max zieht ihn in die Länge, als auf einmal meine Zimmertür aufgeht. Erschrocken lösen wir uns voneinander und blicken zur Tür. Im Rahmen steht mein Vater, der beginnt, vor Wut zu kochen. Max springt auf und ich wickle die Decke fester um meinen nackten Oberkörper. „Ich fasse es nicht. Nein.. Elisa Miller!“, fährt mein Vater mich an. Ich traue mich nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. Die Situation sieht so falsch aus, dabei ist überhaupt nichts passiert. „Hören Sie, lassen Sie mich das erklären.“, beginnt Max freundlich und beschwichtigend. „Du hältst die Klappe, Freundchen! Hier gibt es nichts zu erklären, ich bin schließlich nicht blöd. Mal ganz davon abgesehen, dass ich genau so etwas vermeiden wollte! Aber man kann seinen Kindern ja sagen, was man will, sie machen eh das Gegenteil!“ Ich bin wie betäubt und unfähig, zu reden. Gerne würde ich Max unterstützen, aber mein Vater glaubt mir eh nicht. Ich habe Angst, dass Max die Beherrschung verliert und ich schlucke schwer. „Würden Sie mir zuhören, könnte ich Ihnen alles erklären. Sie regen sich umsonst auf, glauben Sie mir!“, versucht Max es weiter. „Spar dir dein Gerede!“, erwidert mein Vater aufgebracht. „Und verschwinde aus meinem Haus und besonders aus dem Umfeld meiner Tochter! Falls du es nicht weiß, sie ist erst 15 und sie hat einen Jungen verdient, der gut für sie ist! Und nach allem, was ich bis jetzt gesehen habe, weiß ich, dass DU das nicht bist! Also verzieh dich jetzt!“ „Papa!“, brülle ich schließlich, verwundert, ein Wort raus zu bringen. Mein Vater sieht mich an. „Du hast doch keine Ahnung! Du weißt nichts über Max, absolut gar nichts! Und es ist verdammt nochmal nichts passiert, okay? Und selbst wenn es anders wäre, ich bin alt genug um selber entscheiden zu können, wer gut für mich ist und wer nicht und was ich mit wem tue! Ich dachte, du würdest mir vertrauen und mir glauben!“ „Ich weiß doch, was ich gesehen habe Fräulein! Und ich weiß sehr wohl etwas über diesen ach so tollen Kerl hier. Für ihn hast du Jan sitzen lassen, Jan!“ „Ich weiß, was ich getan habe, Papa!“, beginne ich. Ich schnappe mir Max' Shirt, ziehe es mir über und zwinge mich dazu, aufzustehen. Ich stelle mich neben Max und er streicht sanft und aufmunternd mit den Fingern über meinen Rücken. „Und was dachtest du bitte? Hast du dir Janek etwa schon als perfekten Schwiegersohn vorgestellt? Ich bin vielleicht alt genug um selber entscheiden zu können, aber ich hab mein ganzes Leben noch vor mir und irgendwann wäre mit ihm wahrscheinlich eh Schluss gewesen! Hast du jetzt Komplexe wegen Mama und willst mich unbedingt unter die Haube kriegen oder was?!“, schreie ich unter Tränen. Das mit meiner Mutter ging vielleicht etwas zu weit und ich bereue schon, damit angefangen zu haben. „Das hat nichts mit deiner Mutter zu tun, lass sie daraus!“ Max greift nach meiner Hand und verschränkt seine Finger mit meinen. Abfällig mustert mein Vater uns. „Ich seh schon, du willst gar nicht vernünftig sein. Dann bitte, ich habs versucht. Bleib doch bei diesem Arsch, aber denk nicht, dass ich mir das hier mit angucke!“ Mir klappt die Kinnlade runter. „Du schmeißt mich raus?!“ „Du hast es erfasst.“ „Sehr gut, Papa. Mach ruhig weiter so! Erst Mama, jetzt ich. Vielleicht sollte Jonah direkt im Krankenhaus bleiben und dich gar nicht erst beanspruchen?“, zicke ich. „Das muss ich mir nicht anhören! Du weißt was ich gesagt habe und das war mein letztes Wort, also entscheide dich, das kannst du doch so gut!“, damit knallt mein Vater die Tür hinter sich zu. Meine Knie werden weich und ich sinke vor Max auf den Boden, wo ich mich schluchzend zusammenrolle, wie ein kleines Kind. Max hockt sich neben mich und setzt mich ein wenig auf. Ich schlinge meine Arme um ihn und vergrabe mein Gesicht an seiner Schulter. „Hey, ist gut Süße. Beruhige dich.“, spricht er mir zu und wiegt mich sanft hin und her. Ich heule eine gefühlte Ewigkeit, ehe ich wieder fähig bin, zu sprechen. „Scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße!“, ich stehe auf und gehe unruhig auf und ab, bis ich mir eine Zigarette nehme und sie mir anzünde. Max setzt sich in der Zwischenzeit auf mein Bett und beobachtet mich. Kaum bin ich mit der Zigarette fertig, nehme ich mir die nächste. So geht das einige Male, bis ich das Gefühl habe, wieder ordentlich denken zu können. Ich setze mich auf meinen Schreibtischstuhl und sehe Max verzweifelt an. „Tut mir leid Liz.. Ich hab ihn nicht kommen hören.. Ich hab total vergessen, dass er da ist und wir nicht ungestört sein konnten. Wenn ich dran gedacht hätte, wäre ich kurz abgehauen, aber..“ „Hör auf.“, unterbreche ich ihn. „Hör auf dir die Schuld zu geben. Es ist jetzt nunmal so gelaufen und wir können auch nichts mehr dran ändern, ich muss jetzt nur gucken, wo ich hin kann.“ „Du gehst nirgends hin! Du bleibst gefälligst hier bei deinem Vater.“ „Und was ist mit dir? Mit uns? Nein!“ „Wir können uns doch sehn. Und wenn ich nur Nachts heimlich komme. Aber ich lass nicht zu, dass du wegen mir ausziehst“ „Kommt nicht in Frage! Ist ja echt süß von dir und so, aber wenn mein Vater uns nochmal zusammen sieht, weiß ich nicht, ob er dir dann noch so gut gesonnen ist wie eben. Und ich will auf keinen Fall, dass dir oder ihm was passiert. Also muss ich wohl weg hier, denn ich geb dich nicht auf, nur weil mein Vater irgendwelche Komplexe hat!“ Max seufzt. „Und was stellst du dir vor, was du jetzt machen willst?“, fragt er. Ich sehe ihn bittend an und lächle. „Liz! Nein.“ „Oh bitte! Du bist der Einzige, zu dem ich kann.“ „Und was ist mit Lynn?“ „Die wohnt noch bei dir?!“ „Naja, so teilzeit. Sie kommt und geht wie sie will.“ „Bitte bitte bitte!“, ich rolle auf Max zu, lege meine Beine an ihm vorbei aufs Bett und greife nach seinen Händen. „Wenn Lynn kaum da ist, hat das doch nur Vorteile für uns. Fast so, als würden wir richtig zusammen wohnen. Ungestört.“, sage ich leise und gebe ihm einen Kuss. Ganz langsam löse ich meine Lippen von seinen. „Mh. Wie könnte ich da nein sagen?“, fragt er und legt seine Hände an meine Hüfte. Ich winkle meine Beine an und Max zieht mich nach vorne, sodass ich über ihm knie. Ich setze mich auf seinen Schoß und lege meine Arme über seine Schultern. „Eben hast du noch geheult wie ein kleines Mädchen und jetzt kommst du mir auf die Tour? Ich weiß ja nicht, was ich davon halten soll.“, sagt er lächelnd. „Na und? Hat doch funktioniert.“, zwinker ich und gebe ihm einen langen Kuss. Die Tür geht auf, aber wir ignorieren es beide gekonnt. „Ich liebe dich.“, haucht Max und verpasst mir am ganzen Körper Gänsehaut. Ich spüre die ungeduldigen Blicke meines Vaters auf uns ruhen. „Ich liebe dich auch.“, gebe ich leise zurück und küsse Max erneut. Mein Vater räuspert sich und ich muss ein Lachen unterdrücken. Ich drehe meinen Kopf in seine Richtung. „Was?“, frage ich. „Bleibst du hier?“, fragt er. „Seh ich so aus?“, gebe ich zurück, lächle Max an und gebe ihm einen kurzen Kuss. „Wohl eher nicht. Wann bist du weg?“ „Keine Sorge, bald.“ „Okay.“, damit ist mein Vater wieder aus der Tür. „Dann pack ich wohl mal besser.“ „Mh.“, macht Max nur und drückt seinen Mund auf meinen. Ich weiche langsam zurück, um aufzustehen, aber Max folgt mir und lässt nicht zu, dass unsere Münder sich trennen. Ich beuge mich immer weiter zurück, bis ich in der Waagerechten liege und Max aufsteht. Ich schlinge meine Beine um seine Hüfte und greife um seinen Nacken, während er mich an meiner Hüfte festhält. Er legt seine Arme in meinen Rücken, damit ich mich nicht von ihm lösen kann. Ich drehe meinen Kopf weg. „Packen!“, sage ich. „Okay.“ Max nimmt plötzlich die Arme weg und ich schreie auf, weil ich wieder in die Waagerechte rutsche und mich gerade noch so an seinem Nacken halten kann. Dann legt er wieder seine Hände an meine Hüfte und lacht mich an. „Klammeräffchen. Ich denke du wolltest packen.“, grinst er. „Blödmann.“, gebe ich zurück und lass meine Beine von seiner Hüfte rutschen, bis ich richtig vor ihm stehe. „Aber du weißt, dass du mir helfen musst?“, sage ich, mein Gesicht direkt vor seinem. „Achso.“, lächelt er, gibt mir einen ganz kurzen Kuss und zieht mich an sich. „Was ist denn mit dir los?“, frage ich. „Ich genieße nur die Ruhe vor dem Umzugsstress.“, sagt er lächelnd. „Spinner. So, jetzt hilf mir.“, ich drücke ihn weg und krame eine Reisetasche raus. Wir suchen die wichtigsten Sachen zusammen und während ich mich im Bad fertig mache, geht Max sein Auto holen. Ich stelle meine Tasche an die Haustür und muss nicht lange auf Max warten. Er bringt meine Sachen ins Auto, während mein Vater zu mir kommt. „Okay. Also dann, machs gut.“, sagt er trocken. „Jo.“, gebe ich nur zurück und verlasse das Haus. Ich steige zu Max ins Auto und er sieht mich fragend an. „Fahr, mir geht’s gut.“, sage ich und sinke in den Sitz. Max seufzt und startet den Motor. Ich sehe aus dem Fenster und Tränen kullern über meine Wangen. „Max?“, frage ich nach einer Weile. „Ja?“ „Können wir bitte ins Krankenhaus fahren?“ „Nicht dein Ernst.“ „Doch, du kommst schön mit, ich will das nicht alleine machen. Und was soll Jon denken, wenn du dich nicht blicken lässt?“ „Meinetwegen.“, gibt er schließlich nach. „Danke.“, lächle ich und gebe ihm einen Kuss.
Ich klopfe an Jonahs Zimmertür und verschränke meine Finger mit Max'. Ich sehe schnell in sein Gesicht, er sieht angespannt aus, aber als er meinen Blick bemerkt, schaltet er auf unantastbar um. „Ja?“, fragt mein Bruder von drinnen und langsam öffne ich die Tür. Er sitzt am Fenster und steht lächelnd auf, als er mich sieht. Ich lasse Max los und umarme Jon. „Erklärung.“, flüstert er und ich weiß, dass er Max meint. Ich löse mich von ihm und greife wieder nach Max' Hand. „Ich hab dir doch von Max erzählt.“, beginne ich und bei Erwähnung seines Namens verkrampfen sich Jons Gesichtszüge. „Ach, der von der Raststätte, wegen dem du Streit mit Jan hattest und ihr ne Pause eingelegt habt.“, sagt er trocken und ich atme tief durch. „So kann mans auch sagen. Nur vielleicht solltest du deine Meinung über ihn ändern.“ „Wieso? Weil ihr soooo verliebt seid?“, erwidert Jon spöttisch. Ich will grade etwas sagen, da ergreift Max das Wort. „Weil sie zu mir zieht.“ Mein Bruder reißt erschrocken die Augen auf und sieht ungläubig von Max zu mir und wieder zurück. „Zu DIR? Wieso?“, fragt er. „Papa hat mich rausgeschmissen. Fast wie Mama, aber das kann er dir selber erzählen.“ „Ich weiß, was mit Mama ist, er hats mir schon gesagt. Aber erzähl keinen Mist, er würde dich nicht rausschmeißen.“ „Doch. Er hat mir Max verboten. Aber er hat letzte Nacht bei mir geschlafen. Heute Morgen kam Papa rein, hat sich seinen Teil dazu gedacht und gesagt, entweder Max oder er.“ Ich beschließe, die Tatsache, dass wir beide halb nackt waren, nicht zu erwähnen. „Und der Teil, den er sich gedacht hat..“, beginnt Jon. „Ist völliger Blödsinn! Und selbst wenn es kein Blödsinn wäre, wäre es immer noch meine Sache, oder nicht? Ich seh jedenfalls nicht ein, mich von Max fernzuhalten. Also ziehe ich aus und zu Max. Meine Sachen sind schon in seinem Auto und ich wollte dir nur bescheid sagen.“ „Liz.. Du bist 15, du kannst doch nicht einfach ausziehen. Und dann noch zu ihm.“ „Darf ich mal kurz? Euer Vater hat mich nicht zu Wort kommen lassen, aber vielleicht bist du ja vernünftiger. Erstmal geht es mir auf die Nerven, dass jeder immer mit Janek ankommt und wie toll er doch ist und wie viel besser als ich. Ihr wisst doch alle das Neuste nicht, er ist nämlich der Arsch, wie er sich vor Liz' Augen mit irgendwem aus ihrer Klasse vergnügt. Mal abgesehen davon, dass er total verweichlicht ist. Außerdem wird die ganze Zeit vergessen, dass ich auch eine Freundin hatte, mit der ich Schluss gemacht habe, für Liz. Welchen Grund hätte ich da bitte zu, wenn ich sie nicht lieben würde? Nur weil ich nicht rumlaufe wie ein Honigkuchenpferd, wenn ich eine Freundin hab, bin ich direkt der schlechte Einfluss. Meine Fresse.“ Max redet sich in Fahrt, ohne dabei übermäßig laut zu werden und drückt meine Hand. Ich muss lächeln, denn ich kann meinem Bruder ansehen, dass er nicht weiß, was er davon halten soll. Ich blicke zu Max hoch, stelle mich vor ihn und tippe ihm auf die Brust. Er sieht zu mir und lächelnd küsse ich ihn, wobei ich merke, wie er ruhiger wird. Jon beäugt uns skeptisch, das spüre ich. Ich löse mich von Max, lächle ihn nochmal an und stelle mich vor ihn. Er legt seine Arme um meinen Bauch und zieht mich leicht an sich. Erwartungsvoll sehe ich meinen Bruder an, der uns immer noch mustert. „Was? Wollt ihr jetzt meinen Segen haben?“, fragt er. Ich strecke ihm die Zunge raus. „Du hast ja eh deinen eigenen Kopf, also ist es egal, was ich sage. So lange du mich noch besuchen kommst, mach doch was du willst.“, zwinkert er. Max lässt mich los, sodass ich zu Jon gehen kann. Ich falle ihm um den Hals. „Aber pass auf, ich weiß doch, wie unsere Spezies in dem Alter tickt.“, sagt er leise. Ich lache auf. „Max ist so alt wie du.“, sage ich. „Ja, eben.“, Jon versucht sich von mir zu lösen, aber ich halte ihn fest. „Du Klammeräffchen.“, lächelt er mich an, als ich ihn loslasse. Max hinter mir lacht leise auf und Jon sieht ihn über meine Schulter hinweg fragend an. „Hab ich ihr auch schon gesagt.“, sagt er leise und Jon lächelt schwach. Ich drehe mich zu Max um und sehe ihn fragend an, schicke ihm gedanklich das Wort 'Fahren?' und er nickt. „Wir sind dann mal wieder los.“, wende ich mich wieder an Jonah. Er nickt. „Okay, machs gut, Schwesterchen.“, sagt er und ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. „Machs besser.“, sage ich und nehme Max' Hand. „Pass gut auf sie auf, okay?“, wendet Jon sich an ihn. „Versprochen.“ Wir verlassen das Zimmer und warten auf den Aufzug. „Siehst du, so schlimm war es gar nicht. Und du warst echt gut da drin, wie du deine Rede gehalten hast.“, ziehe ich Max auf. Er sieht mich genervt an. „Es ging mir halt auf den Sack.“, sagt er. „Wehe, du hältst mir das jetzt ewig vor.“, warnt er mich und ich muss grinsen. Ich stelle mich vor ihn, nehme auch seine andere Hand und küssen ihn. Hinter mir geht der Aufzug auf und Max schiebt mich hinein. Zu meinem Vergnügen ist er leer. Max lehnt sich an die Wand und ich stelle mich vor ihn, die Hände an seiner Hüfte. Er verschränkt seine Hände an meinem Steißbein und zieht mich an sich. Ich gebe ihm einen kurzen Kuss und lege dann meinen Kopf an seine Schulter. „Wenn wir bei dir sind, haben wir endlich mal unsere Ruhe.“, sage ich leise und richte mich wieder auf. Max lächelt mich an und küsst mich. Der Aufzug geht auf und ich brauche mich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer rein kommt. Schnell löse ich meine Lippen von Max'. 'Das ist Mick. Ich hatte schon ein paar unschöne Aufeinandertreffen mit ihm und seit einiger Zeit sehe ich einen Schleier um ihn. Aber er ist nichts Übernatürliches. Das spür ich.', teile ich Max gedanklich mit. Ich drehe mich in seinen Armen um und tue überrascht, als ich Mick erblicke. Ich lächle ihn an. „Oh, hi.“, sage ich und muss leise kichern, als Max' Atem über meinen Nacken kitzelt, gefolgt von vielen kaum spürbaren Küssen. „Hi.“, gibt Mick zurück und mustert uns. „Soll ich wieder raus und euch allein lassen?“, fragt er spöttisch. Schnell teile ich Max mit, was bei Micks und meiner ersten Begegnung passiert ist. „Nee du, zu dritt ist viel geiler bleib doch hier.“, sagt Max und ich versuche ein Lachen zu unterdrücken. Bei Micks Gesichtsausdruck kann auch Max es sich nicht mehr verkneifen. Man sieht Mick richtig an, dass er nicht weiß, wie er reagieren soll. Max hört unerwartet auf zu lachen. „Man hast dus nötig, ernsthaft. Wag es nicht, meine Freundin auch nur im Geringsten anzufassen, haben wir uns da verstanden, du kleiner Perversling?“, Max klingt ernst und würde er so mit mir reden, würde ich wahrscheinlich heulen, vor Angst. Ich traue mich gar nicht, ihm ins Gesicht zu blicken und lege meine Hände beschwichtigend über seine. Mick ist sichtlich geschockt und ich bin erleichtert, als wir im Erdgeschoss ankommen und ich Max aus dem Aufzug ziehen kann. Er weigert sich, die Hände von meinem Bauch zu nehmen und lehnt sich gegen mich, sodass ich nicht richtig gehen kann, sondern durch die Empfangshalle stolpere. „Max! Lass mich los, man!“, lache ich und ziehe genervte Blicke von den Anwesenden Leuten auf mich. „Hör mal auf so zu schreien. Es gibt Leute, die das stört.“, sagt Max ruhig und lacht leise. Ich schlage auf seine Hände, während ich weiter versuche, mich fort zu bewegen. Als wir beim Empfang vorbei kommen, erblicke ich Frau Kramm, die uns lächelnd beobachtet. „Tschau Frau Kramm!“, rufe ich lachend, während ich aus der Tür stolpere. Draußen angekommen bleibe ich stehen und winde mich so lange in Max' Armen, bis ich mich umgedreht habe und meine Hände auf seine Schultern legen kann. Ich ziehe mich hoch und küsse ihn. „Du hast dich ja ganz schön gut geschlagen, richtig heldenhaft, du Honigkuchenpferd.“, lächle ich. „Hör auf zu reden, benutz deinen Mund lieber um mich zu küssen.“, sagt er grinsend. „So nicht mein Freund. Und jetzt lass mich gefälligst los!“, lache ich und Max lässt mich los. Ich halte ihm meine Hand hin, er nimmt sie und wir gehen zurück zu seinem Auto.
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[XXXIV] 25.o8.2o12

Mit meiner Tasche in der Hand öffnet Max die Haustür und wir treten ein. Wir gehen eine Treppe an der rechten Seite des Flures hoch, erreichen die erste Etage, von der aus wir eine weitere Treppe nehmen, die unters Dach führt. „Das Schlafzimmer.“, sagt Max, stellt meine Tasche neben das Doppelbett und ich sehe mich in dem geräumigen Zimmer um. „Schlag keine Wurzeln, komm mit.“, sagt Max und will an mir vorbei runter gehen, aber ich halte ihn am Arm. „Max? Was hast du Lynn erzählt?“ „Wann?“ „Als du Schluss gemacht hast.“ „Die Wahrheit.“ „Und ihre Reaktion?“, frage ich mit einem mulmigen Gefühl im Magen nach. „Sie hat auf gleichgültig gemacht und naja nicht wirklich was dazu gesagt.“ „Ich hab da irgendwie ein ganz schlechtes Gefühl.“, gebe ich zu. Max legt seine Hand auf meine Schulter. „Hey, mach dir keine Sorgen, okay?“, spricht er mir zu und ich nicke. Zusammen gehen wir wieder ins Erdgeschoss. „Hast du Hunger?“, fragt Max, während er vor mir in die Küche geht. Ich sehe an mir herunter und schüttle den Kopf. „Nicht auf sowas.“, sage ich, stecke mir eine Zigarette in den Mund und gehe durch den Wintergarten raus auf die Terrasse, wo ich eine Zigarette nach der anderen rauche. Ich will mir gerade die fünfte Zigarette anzünden, als Max raus kommt. „Die bringen dich noch um.“, sagt er, zieht mir die Zigarette aus dem Mund und zertritt sie auf dem Boden. Ich zucke mit den Schultern und gehe rein. „Irgendwann sterb ich eh.“, sage ich und gehe ins Wohnzimmer. Max folgt mir und lässt sich aufs Sofa fallen. Ich tue es ihm nach und lehne mich gegen ihn. „Ja früher oder später bin ich tot. Nicht so wie du.“, sage ich leise. Max setzt sich in den Schneidersitz und ich lege meinen Kopf auf seine Beine. „Wir können auch sterben.“, sagt er. „Ich habe nichts anderes vermutet. Wie?“, frage ich. Max streicht mit den Fingern über mein Gesicht. „Die Airen waren Physiker.“, beginnt er. „Echt? Und wieso bin ich dann so schlecht in Physik?“, frage ich lächelnd, aber Max bleibt ernst. „Sie haben uns geschaffen, nach dem Vorbild eines Elektromotors.“, redet Max weiter und ich pruste los. „Bitte was?!“, frage ich. „Sei ruhig und hör weiter zu. Du weißt ja, ein Elektromotor wird durch einen sich drehenden Rotor angetrieben. Dieser Rotor dreht sich aufgrund dessen, dass er zwei Pole besitzt. Um den Rotor herum befindet sich der Stator, der ebenfall gepolt ist. Und durch die Anziehungskraft der Pole, macht der Rotor eine halbe Drehung. Und damit sich der Rotor immer wieder dreht, kommt der Kommutator zum Einsatz, der die Pole vertauscht. Bei uns ist es ähnlich. Die Pole sind Leben und Tod. Wir werden geboren und vom Tod angezogen, kommen dem Tod immer näher. Sterbliche besitzen keinen Kommutator. Wir schon. Sobald wir am Tod angekommen sind, vertauschen wir Tod und Leben, sodass wir uns wieder bei unserer Geburt befinden. Von da aus werden wir wieder zum Tod gezogen. Und das immer und immer wieder. Kannst du mir folgen?“ Das Lächeln ist von meinen Lippen gewichen und ich nicke nur. „Gut. Mit der Zeit haben sich die Wandler eine Eigenschaft angeeignet. Wir haben die Fähigkeit entwickelt, die Anziehungskraft auszuschalten und auf dem Weg zum Tod unseren Standort gezielt zu verändern. Wir können altern oder wieder jünger werden. Nochmal zum Elektromotor. Der Magnetismus, der benötigt wird entsteht ja durch fließenden Strom. Und es gibt eine Stelle, an der kein Strom fließt, diese Stelle wird Todpunkt genannt. Und diese Stelle besitzen wir auch, wir haben alle einen Todpunkt. Klar soweit?“ Ich nicke erneut. „Und wo ist der Todpunkt?“, frage ich. „Jeder hat einen anderen Todpunkt, das hängt davon ab, wie..“, Max hält mitten im Satz inne. 'Lynn.', schickt er mir in Gedanken und ich halte die Luft an. Die Haustür wird aufgeschlossen und ich richte mich auf. Max legt seine Arme um mich und bedeutet mir, mich an ihn zu lehnen. Ich tue es und spüre, wie sich seine Muskeln anspannen. Lynn kommt um die Ecke und als sie uns erblickt huschen tausende Emotionen über ihr Gesicht, so schnell, dass ich sie nichtmal richtig definieren kann. Vielleicht war sie erst verwundert, dann wütend, dann verletzt und zum Schluss cool und unberührt. „Du bist ja hier. Und Liz auch.“, sagt sie trocken und ich schlucke. „Ja, sie wohnt jetzt hier. Im Gegensatz zu dir.“, gibt Max zurück und ich lege meine Hände über seine. „Ach, das ging aber jetzt schnell. Wusste gar nicht, dass du mittlerweile so schnell weich wirst.“ „Es ging nicht anders. Und ich glaube, jetzt wo sie hier wohnt, ist es für uns alle am besten, wenn du nicht mehr her kommst.“ Lynns Augen weiten sich. „Das ist mein Ernst. Also gib mir alle Schlüssel, die du für dieses Haus besitzt.“, fährt Max fort. Lynn zögert, greift dann in ihre Tasche und wirft ein Schlüsselbund neben Max aufs Sofa. „Du weißt, dass ich keinen Schlüssel brauche, um rein zu kommen, wenn ich will.“, sagt Lynn schnippisch. Max schnaubt nur. „Natürlich. Aber gibs doch zu, es wäre weit unter deinem Niveau, wenn du das tun würdest. Wo wäre denn da dein Stolz? Du kennst genug Leute, zu denen du kannst. Im Flur steht eine Tasche mit deinen Sachen, nimm sie und dann geh.“ Lynn dreht sich um und ich höre, wie sie eine Tasche aufhebt und das Haus verlässt. „Woher weißt du, dass sie nichts hat mitgehen lassen?“, frage ich mit brüchiger Stimme. „Dafür ist sie sich zu stolz, so etwas macht sie nicht, dass würde ihre Ehre in Frage stellen.“, gibt Max nur zurück. „Glaub mir, ich kenn sie gut genug.“, Max klingt erschöpft, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen. Ich löse mich von ihm und drehe mich um. Er wischt sich schnell über die Wange und auch wenn er es nicht zugibt, ich weiß, dass er eine Träne weggewischt hat. „Hey Liz, weißt du was?“, fragt er und lächelt mich an. „Was?“ „Wir haben das ganze Haus für uns alleine.“ „Ein ganzes Haus.. Ungestört..“, seufze ich und beuge mich nach vorne. Kurz bevor unsere Münder sich berühren, halte ich inne und schließe die Augen. Max streicht mit den Fingerspitzen über meine Wangen ehe er die Lücke zwischen unseren Lippen schließt. Ich rutsche nach vorne, bis ich auf seinen
Beinen sitze. Max greift um meine Oberschenkel und drückt mich im nächsten Moment gegen die Wand neben der Treppe. Ich lege meine Hände in seinen Nacken und öffne meine Lippen. Max tut es mir nach und ich presse meine Beine um seine Hüfte, als er sie loslässt. Er schiebt seine Hände an meiner Hüfte unter mein Top und streicht seitlich an meinem Oberkörper auf und ab. Er löst seinen Mund von meinem und verteilt Küsse über meinen Wangenknochen. Von da aus fahren seine Lippen meine Wange hinunter, bis sie zu meinem Hals gelangen. Dann übersät er meinen Hals mit Küssen, während ich schwer atmend meinen Kopf nach oben strecke, um meinen Hals zu entblößen. Max' Lippen streichen über mein Schlüsselbein und verteilen dann an meinem Dekolletee weitere Küsse. Er lässt von meinem Oberkörper ab und greift wieder um meine Beine. Dann spüre ich nicht mehr die harte Wand in meinem Rücken, sondern die weiche Matratze des Bettes unterm Dach. Max streift mein Oberteil von meinem Körper und ich tue dasselbe bei ihm. Dann drücke ich ihn von mir weg und schubse ihn auf die Matratze, um mich dann über ihn zu knien und seinen Oberkörper zu küssen. Ich lege mich auf ihn und drücke meinen Mund verlangend auf seinen. Er legt seine Arme in meinen Rücken und presst mich mindestens genau so verlangend gegen sich. Irgendwann liegt da, wo vorher noch Stoff war, nur noch Haut auf Haut und Max kommt mir so nah wie noch nie jemand zuvor.
Am nächsten Morgen werde ich von Max geweckt. Ich liege dicht an ihn gekuschelt und erschrecke kurz, als ich bemerke, dass wir beide komplett nackt sind, bis mir einfällt, was gestern Abend passiert ist. „Hey, du musst aufstehen, du hast Schule.“, flüstert Max. Ich gebe grummelnde Geräusche von mir und gebe ihm einen kurzen Kuss. „Komm, die letzte Woche, dann hast du Ferien.“, flüstert er weiter. Ich lege meinen Kopf an seine Schulter und schließe die Augen. „Ich will nicht aufstehen. Können wir nicht noch ein bisschen so liegen bleiben?“, murmle ich. „Nein, du musst aufstehen.“, sagt Max und steht auf. „Neeeein.“, sage ich müde und strecke meine Hand nach ihm aus, ehe ich zurück auf die Matratze falle. Max wickelt seine Decke um seine Hüfte. „Ich geh Duschen. Überm Geländer hängen zwei Handtücher für dich, unten ist auch ein Bad, wenn du auch Duschen willst.“, sagt er, küsst mich auf die Stirn und geht dann runter. Grummelnd zwinge ich mich aus dem Bett und schlinge das größere Handtuch um meinen Körper. Eigentlich will ich ganz runter ins Bad gehen, aber als ich im ersten Stock an der Badezimmertür vorbeikomme und das Wasser rauschen höre, entscheide ich mich um. Ich öffne die Tür, beäuge Max unter der Dusche kurz, lasse dann das Handtuch von meinem Körper gleiten und öffne die Duschkabine. Das Wasser ist angenehm warm und Max schließt mich in seine Arme. Ich blicke zu ihm hoch und er legt seine Lippen kurz auf meine. Wirklich nur kurz. „Ey, mehr nicht?“, sage ich empört. „Los, geh dich anziehen.“, sagt er bestimmt. „Pf. Das nehme ich als Beleidigung.“, erwidere ich. Ich verlasse die Duschkabine, wickle das Handtuch wieder um meinen Körper und gehe dann hoch an meine Tasche. Ich suche ein paar Klamotten raus und ziehe mich um. Dann gehe ich runter und raus auf die Terrasse, wo Max gerade den Tisch deckt. Er trägt nur eine Boxershorts und ich lege von hinten meine Arme um ihn. Er macht sich los und dreht sich zu mir um. „Ich glaube, ich kann mich durchaus daran gewöhnen.“, sage ich während ich Max mustere und er seine Hände auf meine Hüfte legt. Er zieht mich an sich und ich küsse ihn, die Hände zu Fäusten geballt auf seine Brust gelegt. Ich beende den Kuss und sehe ihm in die Augen. „Es war wunderschön.“, hauche ich und muss lächeln. Max lächelt zurück. „Ich liebe dich.“, flüstert er, gibt mir einen Kuss auf die Stirn und schiebt mich von sich weg. „Ich kümmer mich mal weiter ums Frühstück.“, sagt er und geht rein. Ich setze mich an den Tisch, stecke mir eine Zigarette aus der Packung in meiner Tasche in den Mund und zünde sie an. Ich erinnere mich an den gestrigen Abend, an Max' Küsse, seine Berührungen. Als ich bei meiner dritten Zigarette bin kommt Max mit dem Frühstück raus. „Ich lass dich nicht mit leerem Magen aus dem Haus, und wenn ich dich füttern muss.“, droht er. „Und vom nichts essen nimmst du eher zu.“ Ich nage ein bisschen an einer Scheibe Brot, aber unter Max' Blicken, zwinge ich mich dazu, sie ganz zu essen. „Wie komm ich von hier eigentlich zur Schule?“, frage ich. „Ich fahr dich.“ „Ah okay, ich lebe jetzt also bei meinem schwulen Onkel Hannes.“, lächle ich. „Tja der ist jetzt wohl oder übel Geschichte.“ Ich nicke, gehe rein und packe schnell meine Schulsachen zusammen. Ich gehe ins Bad, mache mich fertig und bringe meine Sachen runter in den Flur. „Los?“, fragt Max. Ich schüttle den Kopf, gehe auf ihn zu und gebe ihm einen langen Kuss. „Jetzt.“, lächle ich, nehme meine Sachen und verlasse mit ihm das Haus.
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[XXXV] o1.11.2o12
 Er hält auf dem Parkplatz und ganz zufällig direkt neben Lena und ihrem klasse Freundeskreis. „Huch, wir stehen ja ausgerechnet bei deinen Lieblingsfreundinnen.“, sagt er sarkastisch und grinst mich an. Ich lache und beuge mich zu ihm. Max drückt seinen Mund auf meinen und ich spüre die ganzen verwunderten Blicke in meinem Nacken. Er legt seine Hand an meine Wange und seine Lippen fahren meinen Hals entlang. Ich hebe sein Kinn an, damit er aufhört und gebe ihm einen kurzen Kuss. „Man muss es ja nicht gleich übertreiben.“, lächle ich ihn an, aber küsse ihn noch ein letztes Mal. „Wie lang hast du heute?“ „Halb zwei.“ „Okay, bis dann.“, sagt er und ich steige aus, direkt vor Lena. Ich lächle sie und ihre Gruppe an und muss lachen, weil sie alle mit geöffneten Mündern dastehen. „Na Mädels? Alles klar?“, begrüße ich sie und gehe lachend weiter. Lena kommt mir hinterher. „Ähm hey Liz?“, ruft sie, nachdem sie mir bis auf den Schulhof hinterher gelaufen ist. Ich drehe mich um. „Ja bitte?“ „Hast du nicht gesagt, der Typ sei schwul und dein Onkel?“ „Tja, stimmt wohl nicht. Er ist weder schwul noch mein Onkel. Ich würde sagen er ist absolut hetero und du kannst ihn als meinen Freund bezeichnen. Oder meinen Verlobten, meinen Mann, den Vater meines Kindes, dass in 9 Monaten das Licht der Welt erblicken wird.“, sage ich grinsend. „Was?“, fragt das Dummchen total verwirrt. „Okay nochmal für dumme: Nicht schwul und nicht mehr zu haben, verstanden?“, sage ich und gehe weiter über den Schulhof, wo ich Hanna erblicke. „Hanna, ich muss dir so viel erzählen!“, begrüße ich sie und umarme sie. „Wouh, okay. Ich hab eben gesehen, dass wir jetzt ne Freistunde haben, lass uns irgendwo hin gehen, wo die nicht sind.“, sagt sie und deutet Richtung Lena und Co, die gerade aufgebracht diskutieren. Ich nicke. „Gerne.“, ich greife nach ihrer Hand und wir gehen in den Wald, der ans Schulgelände grenzt. Wir gehen ein gutes Stück hinein und setzen uns ans Flussufer. „Also schieß mal los.“ Ich erzähle Hanna von allem was vorgestern passiert ist, dass mein Vater mich rausgeschmissen hat, was im Krankenhaus passiert ist und dass ich jetzt bei Max wohne. „Darfst du das überhaupt?“, fragt sie lächelnd. Ich zucke die Schultern. „Scheiß doch drauf.“, lache ich. „Aber ich bin ja noch nicht fertig.“, sage ich. „Okay, also weiter.“ Dann erzähle ich davon was bei Max passiert, zuerst dass er Lynn rausgeschmissen hat und dass wir danach voll ausgenutzt haben, endlich mal komplett ungestört zu sein. Hanna klappt die Kinnlade runter. „Nein! Ihr habt doch nicht..“, beginnt sie lachend. Ich nicke eifrig. „Doch Hanna!“ Sie fällt mir um den Hals. „Uuuuuh, wie krass ist das denn? Und, wie wars?“, fragt sie. Ich muss lächeln, ziehe die Beine an und blicke auf die Wasseroberfläche des Flusses. „Wunderschön.“, sage ich nur und Hanna sieht mich lächelnd an. „Und heute Morgen hat er mich geweckt und mir Frühstück gemacht und mich dann her gefahren.“, ich drehe mein Gesicht in Hannas Richtung. „Aber ich will noch nicht Patentante werden, okay?“, sagt sie und ich nicke. „Wär mir auch schon fast egal, wenn ich schwanger werden würde, ich bin so glücklich bei ihm, dass mir alles egal ist.“, antworte ich. „Hey, mir ist das aber nicht egal! Vernunft mein Schatz.“, erwidert Hanna und tut so als würde sie mich ermahnen. Sie blickt auf die Uhr. „Wir sollten langsam zurück, wir haben noch 10 Minuten.“, sagt sie und steht auf. „Geh schonmal vor, ich komme gleich nach.“ „Wie du willst.“, gibt Hanna zurück und geht weg. Ich rauche zwei Zigaretten, den Blick aufs Wasser gerichtet. Dann gehe ich zurück zu Hannah und sehne mich nach Schulschluss.
Als es dann endlich so weit ist, gehe ich mit Hanna auf den Parkplatz, gefolgt von Lena und so, die nur darauf warten, mich und Max angaffen zu können. „Hey.“, begrüßt er Hanna lächelnd, ehe er mir die Hände an die Hüfte legt und mich küsst. „Hi.“, sage ich leise, nachdem ich mich von ihm gelöst habe. „Ich geh dann mal.“, sagt Hanna und ich umarme sie. „Bis morgen.“, verabschiedet sie sich. „Bis morgen.“ Ich drehe mich wieder zu Max, stelle mich vor ihn und vergrabe die Hände hinten in seinen Hosentaschen. Er legt seine Hände um meine Arme und küsst mich erneut. Ich löse mich von ihm, nehme seine Hand und wir gehen zu seinem Auto. „Wir werden beobachtet..“, sagt Max und deutet in Lenas Richtung. Ich lächle. „Ja, die sind etwas geschockt.“
Zuhause angekommen lasse ich die Tasche im Flur fallen. Ich lege meine Hände auf Max' Brust und küsse ihn. „Liz...Tasche... Wegräumen..“, sagt er zwischen ein paar Küssen und ich sehe flehend zu ihm hoch. „Los, räum sie weg.“ Beleidigt drehe ich mich weg, nehme die Tasche und trage sie hoch ins Schlafzimmer. Ich sehe aus dem Fenster und seufze, der Himmel ist verhangen. Ich hätte gerne Wetter, das etwas mehr nach Sommer aussieht. Auf dem Weg nach unten klingelt mein Handy. Mein Vater. „Hallo.“, melde ich mich. Ich lege mich zu Max aufs Sofa. 'Wer?', fragt er. 'Papa.' „Hey ähm Liz.. Ich wollte nur hören, ob alles geklappt hat.“ „Ja, alles super.“, sage ich knapp. Max streicht über meinen Arm und ich bekomme Gänsehaut. „Okay, das ist gut. Und sonst, alles klar bei dir?“ „Ja mir geht’s prima, könnte nicht besser sein. Max lass das, das kitzelt!“, lache ich und versuche seine Hände von meinem Bauch zu schieben. „Das wars auch eigentlich schon. Ach ähm, Jonah kommt morgen aus dem Krankenhaus.“ „Cool, dann kann er uns ja mal besuchen.“, sage ich und weiß, dass das nicht die Antwort ist, die mein Vater sich erhofft hatte. „Ja.. Ja bestimmt. Naja, bis irgendwann dann.“, sagt er nur noch und legt auf. Ich lege mein Handy auf den Couchtisch und lege mich auf Max. „Worüber ich noch mit dir reden wollte.“, beginne ich. „Mhm?“ „Weißt du, was das war, was letztens passiert ist? Wo du mich einfach nur umarmt hast? Und wo ich zum ersten mal deine Gedanken hören konnte?“ „Nein, keine Ahnung. Könnte mir vorstellen, dazu steht was in deinem schlauen Buch.“ „Ja, stimmt.“, sage ich, stehe auf und gehe hoch. Es liegt ganz oben in meiner Tasche, obwohl ich es nach ganz unten gepackt hatte. Aber ich frage mich gar nicht warum, ich weiß, dass es das von alleine gemacht hat, denn es ist kein Notizbuch mehr, sondern hat sich mir wieder geöffnet. Freudig laufe ich die Treppe runter und halte es Max aufgeregt vor die Nase. Er zieht die Augenbrauen hoch. „Was?“, fragt er. „Siehst du das nicht?“ „Ich sehe ein Notizbuch.“ „Ernsthaft?“, frage ich und mein Lächeln weicht kurz. Dann kehrt es zurück. „Egal, ich kanns sehen, es ist wieder dick und alt und airisch.“, ich lasse mich neben Max auf die Couch fallen und schlage es auf. „Das war ein Scherz, ich kanns auch sehen. Lesen kann ich da aber nichts.“, sagt er. Ich gucke ihn fragend an. „Aber hier vorne steht doch etwas in unserer Schrift, die ganzen Informationen und so. Die airischen Zeichen kommen doch erst später.“ „Nein, ich seh da gar nichts, nur Kringel und komische Formen, keine Wörter.“, sagt Max und verspricht mir, dass es die Wahrheit ist. „Wie cool ist das denn?“, frage ich und blättere weiter. „Hey warte mal, hier steht was, was vorher noch nicht da war.“, sage ich und lese. „Was denn?“ „Max, das ist besser als Google! Ich muss mich nur auf das konzentrieren was ich wissen will, einen Spruch sagen und wenn es das kann, dann zeigt es mir das Buch.“, ich klappe das Buch zu und halte die Hände darüber. Die Energie fließt in meine Handflächen und ich schließe seufzend die Augen. Ich spüre wie diese Energie durch meinen ganzen Körper fließt und ich mich noch besser fühle als ohnehin schon, was ich nicht mal für möglich gehalten habe. Nachdem ich nochmal tief Luft geholt habe, konzentriere ich mich auf das, was zwischen Max und mir in der besagten Nacht passiert ist und sage die Silben auf. Unter meinen Händen schlägt sich das Buch von selber auf und glücklich lache ich Max an. „Was steht da?“, fragt er. Ich schaue wieder das Buch an und lese vor was dort steht.

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